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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 29.11.2006
Aktenzeichen: 2 StR 301/06
Rechtsgebiete: StPO, StGB
Vorschriften:
StPO § 231 Abs. 2 | |
StPO § 338 Nr. 5 | |
StGB § 27 | |
StGB § 28 | |
StGB § 257 | |
StGB § 261 |
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 29. November 2006
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zur Untreue
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung am 22. November 2006 in der Sitzung vom 29. November 2006, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Rissing-van Saan
und die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Otten,
der Richter am Bundesgerichtshof Rothfuß,
die Richterin am Bundesgerichtshof Roggenbuck,
der Richter am Bundesgerichtshof Dr. Appl,
Bundesanwalt , Staatsanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt , Rechtsanwalt in der Verhandlung als Verteidiger,
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 9. März 2006 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zur Untreue zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Seine Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat mit der Sachrüge Erfolg.
I.
Nach den Feststellungen des Landgerichts steht die Verurteilung des Angeklagten in Zusammenhang mit dem sogenannten "Kölner Müll-Skandal". Die A. G mbH schloss im August 1997 mit der I. GmbH einen Wartungsvertrag bezüglich der Restmüllverbrennungsanlage K. . Die I. GmbH war eine einhundertprozentige Tochter der T. GmbH.
T. versprach in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der T. GmbH der L. GmbH, deren Geschäftsführer M. war, im Januar 1998 die Beteiligung an diesem Wartungsvertrag. Zu einer solchen Beteiligung kam es in der Folgezeit jedoch nicht. Daraufhin vereinbarten T. und M. , dass zugunsten der L. GmbH knapp fünf Millionen DM als finanzieller Ausgleich gezahlt werden sollten - ohne dass die L. GmbH hierauf einen Anspruch hatte. Sie beauftragten Mitarbeiter der I. GmbH und der L. GmbH einen Weg zu finden, diesen Betrag "aus der I. GmbH auf scheinbar legalem Wege herauszuziehen". Die Mitarbeiter fingierten ein Scheingeschäft, zu dessen Durchführung schließlich ein Scheck in Höhe von 4,78 Millionen DM zu Lasten der I. GmbH ausgestellt wurde.
T. und M. vereinbarten mit dem Angeklagten, dass dieser für die Einlösung des Schecks sorgen solle und zwar in einer Weise, dass sich der Geldfluss letztendlich nicht mehr nachvollziehen lasse. Der Angeklagte veranlasste dies im Juli 1998 über von ihm instruierte weitere Personen, an die der Scheck entweder direkt vom Aussteller oder aber über den Angeklagten weitergeleitet wurde. An wen die Gelder letztendlich geflossen sind, konnte nicht festgestellt werden. Sie sind jedenfalls nicht an die I. GmbH oder die L. GmbH geflossen. Für die Hingabe der 4,78 Millionen DM hat die I. GmbH keine wirtschaftliche Gegenleistung erhalten. Der Angeklagte erhielt "für seine Tätigkeit eine - wie gerichtsbekannt ist - in Geldwäscherkreisen übliche Provision von mindestens 10 % des Scheckbetrages, das heißt von rund 500.000 DM" (UA S. 18).
II.
Die Sachrüge führt zur Aufhebung des Urteils.
1. Bereits die Feststellungen zur Untreue als Vortat begegnen rechtlichen Bedenken, da sie widersprüchlich sind. So heißt es einerseits, dass ein "Betrag von rund 5 Mio. DM aus der I. GmbH auf scheinbar legalem Wege" herausgezogen werden sollte und dieses Geld als "finanzieller Ausgleich" für die nicht eingehaltene Zusage des Zeugen T. an die L. GmbH fließen sollte (UA S. 11). An anderer Stelle heißt es aber dann: "Fest steht jedenfalls, dass das Geld weder an die I. GmbH noch an die A. oder die L. GmbH geflossen ist" (UA S. 18). Damit ist schon das tatsächliche Geschehen, das die Strafkammer als Vermögensnachteil wertet, nämlich Abfluss der Gelder zu Gunsten der L. GmbH, ohne dass ein Anspruch gegenüber der I. GmbH bestand, zweifelhaft.
2. Auch die Feststellungen zum Gehilfenvorsatz des Angeklagten und die ihnen zu Grunde liegende Beweiswürdigung sind nicht frei von Rechtsfehlern.
Angesichts der Widersprüchlichkeit der Feststellungen zur Vortat ist bereits unklar, auf welche Haupttat sich der Vorsatz des Angeklagten bezogen haben soll. Der Gehilfenvorsatz muss sich zwar nicht auf die Ausführung einer in allen Einzelheiten, wohl aber in ihren wesentlichen Merkmalen und Grundzügen konkretisierten Tat richten (vgl. BGHSt 42, 135, 137 ff.; BGH NJW 1982, 2453, 2454). Insoweit ist die Beweiswürdigung des Landgerichts zum Gehilfenvorsatz (UA S. 48 f.) rechtlich unzureichend. Die Strafkammer folgert, dass jemand, der unter verschleiernden Umständen einen Millionenbetrag so umleitet, dass er weder dem Aussteller noch dem im Scheck genannten Begünstigten zugute kommt, zwangsläufig mit einem entsprechenden Schaden des Scheckausstellers rechne. Das ist schon allein deshalb nicht zwingend, weil es sich um einen Überbringerscheck handelte, der naturgemäß nicht unbedingt dem in ihm genannten Begünstigten zugute kommen muss. Darüber hinaus meint sie, einen Gehilfenvorsatz hinsichtlich einer Untreue daraus herleiten zu können, dass der Angeklagte Autor eines Buches zur Wirtschaftskriminalität ist und die "Schlechtigkeit im Wirtschaftsleben" kenne. Solche Umstände sind aber nicht geeignet, einen entsprechenden Gehilfenvorsatz zu begründen. Die von der Strafkammer angeführten Umstände lassen vielmehr auch den Schluss auf eine Vielzahl völlig anderer - möglicherweise strafbarer - Geschehensabläufe zu. So konnte die verschleierte Einlösung des Schecks aus Sicht des Angeklagten ohne weiteres auch einer Steuerhinterziehung, einer Geldwäsche, einer Bestechung oder einer Vorteilsgewährung gedient haben.
III.
Auf die Verfahrensrüge der Verletzung des § 231 Abs. 2 i. V. m. § 338 Nr. 5 StPO - die Strafkammer hatte am letzten Hauptverhandlungstag das Verfahren ohne den nicht erschienenen Angeklagten fortgesetzt - und auf den diesbezüglich in der Revisionshauptverhandlung gestellten Hilfsbeweisantrag kommt es daher nicht mehr an. Jedoch merkt der Senat an, dass der bisherige Revisionsvortrag nicht ausreichend gewesen wäre, den Vorwurf der Eigenmächtigkeit auszuräumen.
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass - sollte die Strafkammer wieder zu einer Verurteilung wegen Beihilfe zur Untreue gelangen - die Frage der doppelten Strafrahmenmilderung nach den §§ 27 und 28 StGB eingehenderer Erörterung bedarf, als bisher geschehen. Sollte die Strafkammer sich hingegen nicht von einer Beihilfe zur Untreue überzeugen können, wird eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen Begünstigung (§ 257 StGB) oder Geldwäsche (§ 261 StGB) zu erwägen sein.
Ende der Entscheidung
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