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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 11.09.2002
Aktenzeichen: 2 StR 333/02
Rechtsgebiete: StGB, StPO


Vorschriften:

StGB § 51
StGB § 67 Abs. 2
StGB § 67 Abs. 1
StPO § 349 Abs. 2
StPO § 349 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

2 StR 333/02

vom

11. September 2002

in der Strafsache

gegen

wegen schweren Raubes

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 11. September 2002 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 17. Mai 2002 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Vorwegvollzug eines Teils der Freiheitsstrafe vor der Unterbringung in der Entziehungsanstalt angeordnet ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

I. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes in zwei Fällen und wegen versuchten schweren Raubes zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt, das sichergestellte Messer eingezogen und die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt mit der Maßgabe angeordnet, daß "von der verhängten Freiheitsstrafe über die anzurechnende Untersuchungshaft hinaus zwölf Monate vor der Maßregel zu vollstrecken sind."

Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit der Sachrüge. Sein Rechtsmittel hat nur hinsichtlich der Anordnung des Vorwegvollzugs Erfolg; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

II. Die Bestimmung des Landgerichts, einen Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen (§ 67 Abs. 2 StGB), hat keinen Bestand.

Es kann dahinstehen, ob die insoweit knappen Gründe des Tatrichters ausreichen, den von der Rechtsprechung geforderten - einzelfallbezogenen - Begründungsanforderungen gerecht zu werden (vgl. hierzu u.a. BGH StV 2002, 481; BGHR StGB § 67 Abs. 2 Vorwegvollzug, teilweiser 4, 9, 11, 12 und Zweckerreichung, leichtere 10), wenn von dem Grundsatz des § 67 Abs. 1 StGB, nach dem die Maßregel vor der Strafe zu vollziehen ist, abgewichen wird.

Die Anordnung des Landgerichts, einen Teil der Strafe vorweg zu vollstrecken, ist schon aus anderem Grund rechtsfehlerhaft.

Der vom Tatrichter gewählte Tenor "von der verhängten Freiheitsstrafe sind über die anzurechnende Untersuchungshaft hinaus zwölf Monate vor der Maßregel zu vollstrecken" entspricht nicht der hierfür vom Landgericht gegebenen Begründung und belastet den Angeklagten.

Die Urteilsgründe in ihrer Gesamtheit, insbesondere die Ausführungen auf UA S. 20, wo für die Dauer der Unterbringung von zwei Jahren ausgegangen wird und deutlich gemacht wird, daß nach deren Ablauf nur noch ein Strafdrittel ausstehen soll, ergeben, daß der Tatrichter mit seiner Formulierung "über die anzurechnende Untersuchungshaft hinaus" nur die bis zum Urteilserlaß erlittene Untersuchungshaft von zwei Monaten gemeint hat. Nur dann läßt sich nämlich das vom Tatrichter gewünschte Ergebnis errechnen (vier Jahre neun Monate Freiheitsstrafe weniger zwei Monate Untersuchungshaft, zwölf Monate Vorwegvollzug und zwei Jahre Maßregelvollzug ergibt das Strafdrittel von einem Jahr und sieben Monaten). Der Tatrichter hätte danach einen Vorwegvollzug von 14 Monaten anordnen müssen. Durch die von ihm gewählte Formulierung, die nicht zum Ausdruck bringt, daß nur die bis zum Urteilserlaß verbüßte Untersuchungshaft von zwei Monaten gemeint ist, wird mit der Fortdauer der Untersuchungshaft die Zeit des Vorwegvollzugs jedoch immer länger, da die zwölf Monate erst der Untersuchungshaft folgen sollen. Hierdurch kann der Angeklagte über das vom Tatrichter Gewollte hinaus benachteiligt sein. Diese Regelung, wonach der Vorwegvollzug erst nach der Untersuchungshaft beginnt, entspricht auch nicht der Rechtsprechung, nach der die erlittene Untersuchungshaft gemäß § 51 StGB grundsätzlich auf den nach § 67 Abs. 2 StGB vorwegzuvollstreckenden Strafteil anzurechnen ist (vgl. BGH NJW 1991, 2431).

Die Anordnung des teilweisen Vorwegvollzugs kann deshalb keinen Bestand haben. Da der Senat nicht ausschließen kann, daß sich Feststellungen treffen lassen, welche die Vollstreckung eines Teils der Strafe vor dem Vollzug rechtfertigen könnten, verweist er insoweit die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurück.

Ende der Entscheidung

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