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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 08.08.2008
Aktenzeichen: 2 StR 337/08
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 64
StGB § 64 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

2 StR 337/08

vom 8. August 2008

in der Strafsache

gegen

wegen schweren Raubes

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 8. August 2008 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 8. April 2008 im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben, soweit von der Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt abgesehen worden ist.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubs unter Einbeziehung von Strafen aus einem früheren Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt und die in jenem Urteil verhängten weiteren Maßnahmen aufrechterhalten. Seine auf die Sachrüge gestützte Revision hat nur in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg.

1. Die Revision ist unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO, soweit sie sich gegen den Schuldspruch und den Strafausspruch richtet.

2. Begründet ist die Revision dagegen, soweit sie die Nichtanwendung von § 64 StGB rügt. Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Angeklagte betäubungsmittelabhängig ist, dass also ein Hang im Sinne von § 64 Satz 1 StGB vorliegt. Die abgeurteilte Tat beging er, um sich Betäubungsmittel zu verschaffen. Eine Unterbringung gemäß § 64 StGB hat das Landgericht gleichwohl mit der Begründung abgelehnt, nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. H. bestehe keine Gefahr weiterer erheblicher rechtswidriger Taten; die abgeurteilte Tat habe "Singulärcharakter" (UA S. 17).

Mit dieser Begründung durfte, wie die Revision und der Generalbundesanwalt übereinstimmend zutreffend dargelegt haben, die Anordnung der Maßregel nicht abgelehnt werden. Es ist schon rechtsfehlerhaft, dass sich das Landgericht zur Begründung der Prognose allein auf das Gutachten des Sachverständigen stützt, denn die Frage der Erheblichkeit zukünftiger Straftaten ist eine Rechtsfrage, die nicht der Beurteilungskompetenz eines Sachverständigen unterfällt.

Selbst wenn man die Formulierung des Urteils nur als missverständlichen Hinweis auf die vom Sachverständigen vorgetragene Tatsachengrundlage versteht, wird die Wertung von den Feststellungen nicht getragen. Der Angeklagte wurde u. a. im Jahr 2006 wegen räuberischen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe verurteilt; von dem entwendeten Geld hatte er Drogen gekauft. Auch weitere Vortaten standen im Zusammenhang mit der Rauschmittelabhängigkeit des Angeklagten. Der jetzigen Verurteilung lag ein Raub u. a. von Methadon und Crack zugrunde, den der Angeklagte kurz nach dem Ende eines erfolglosen Therapieaufenthalts beging; zur Tatzeit stand er unter Bewährung. Es drängt sich daher auf, dass die Gefahr besteht, der Angeklagte werde aufgrund seiner Abhängigkeit weitere Straftaten, insbesondere solche der Beschaffungskriminalität begehen, die deutlich über das Niveau von Bagatelltaten hinausgehen und daher als erheblich anzusehen sind. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Verweisung auf die Möglichkeit des § 35 BtMG zur Begründung des Absehens von der Maßregelanordnung nicht geeignet (vgl. Fischer StGB 55. Aufl. § 64 Rdn. 2 b mit Nachw. zur Rspr.).

Das Urteil war daher insoweit aufzuheben. Die Feststellungen können auch insoweit bestehen bleiben. Ergänzende Feststellungen sind möglich. Für die neue Verhandlung weist der Senat darauf hin, dass auch das vom Landgericht angenommene Kriterium für die Maßregelanordnung, eine Entziehungskur sei "nicht von vornherein aussichtslos" (UA S. 17), falsch ist. Das galt, wie der Bundesgerichtshof vielfach entschieden hat, bereits nach früherem Recht, ergibt sich nun aber auch offensichtlich aus dem Wortlaut des § 64 Satz 2 StGB i.d.F. des Gesetzes vom 16. Juli 2007 (vgl. Fischer aaO Rdn. 18 f.).



Ende der Entscheidung

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