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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 25.10.2006
Aktenzeichen: 2 StR 339/06
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 247 | |
StPO § 247 Satz 4 | |
StPO § 349 Abs. 4 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 25. Oktober 2006
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Totschlags u. a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 25. Oktober 2006 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Tenor:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 3. März 2006 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägern dadurch entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Sie hat mit der auf die Verletzung des § 247 Satz 4 StPO gestützten Verfahrensrüge Erfolg.
Am ersten Verhandlungstag, dem 16. Februar 2006, hat das Landgericht für die Dauer der Vernehmung der Geschädigten T. gemäß § 247 StPO die Entfernung des Angeklagten aus dem Sitzungssaal angeordnet. Die Vernehmung der Zeugin T. wurde an diesem Sitzungstag nicht abgeschlossen, sondern am 1. März 2006 - wiederum unter Entfernung des Angeklagten - fortgesetzt und beendet. Erst danach unterrichtete der Vorsitzende den wieder anwesenden Angeklagten über den Inhalt der von der Zeugin T. in beiden Vernehmungen gemachten Bekundungen. Zwischenzeitlich, am 20. und 22. Februar 2006, hatte das Landgericht die beiden anderen Geschädigten Y. und M. B. sowie mehrere andere Zeugen größtenteils in Anwesenheit des Angeklagten vernommen.
Dieses Verfahren verstößt gegen § 247 Satz 4 StPO. Der Vorsitzende hat den Angeklagten, sobald dieser wieder anwesend ist, vom wesentlichen Inhalt dessen zu unterrichten, was während seiner Abwesenheit ausgesagt oder sonst verhandelt worden ist. Die durch § 247 StPO ermöglichte Verhandlung ohne den Angeklagten und seine dadurch behinderte Verteidigung sind, soweit unvermeidbar, hinzunehmen mit der Maßgabe, dass eine Unterrichtung über das in seiner Abwesenheit Geschehene stattfindet, bevor weitere Verfahrenshandlungen erfolgen. Damit soll er weitgehend so gestellt werden, wie er ohne Zwangsentfernung gestanden hätte. Der Pflicht nach § 247 Satz 4 StPO war der Vorsitzende hier nicht deshalb enthoben, weil die Vernehmung der Zeugin nur unterbrochen war. Maßgebend für die Unterrichtung ist nicht der Abschluss der Zeugenvernehmung, sondern die Wiederzulassung des Angeklagten. Es muss sichergestellt sein, dass der Angeklagte vor weiterer Beweiserhebung in seiner Anwesenheit durch Unterrichtung so gestellt wird, dass sein Informationsstand im Wesentlichen dem der anderen Prozessbeteiligten entspricht. Denn ohne Kenntnis der bereits teilweise in die Hauptverhandlung eingeführten Aussage kann er sein Fragerecht gegenüber weiteren Zeugen oder seine Verteidigung zu sonstigen Verhandlungsgegenständen grundsätzlich nicht sachgerecht ausüben (BGHSt 38, 260).
Dementsprechend hätte erst weiterverhandelt werden dürfen, nachdem der jetzt wieder zugelassene Angeklagte am 16. Februar 2006 vom wesentlichen Inhalt der bisherigen Aussage der Geschädigten T. unterrichtet worden war.
Der Senat kann nicht ausschließen, dass der Angeklagte bei rechtzeitiger Unterrichtung durch sachgerechte Befragung der übrigen Zeugen entscheidungserhebliche Aufklärung zu seinen Gunsten hätte erreichen können. Dies muss - obwohl das Urteil sachlich-rechtlichen Bedenken nicht unterliegt - zu dessen Aufhebung führen.
Ende der Entscheidung
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