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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 11.08.2004
Aktenzeichen: 2 StR 34/04
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 51 Abs. 4 Satz 2
StGB § 57 Abs. 2
StGB § 57 a Abs. 1 Nr. 1
Auch bei der Verurteilung zu lebenslanger Freiheitsstrafe muß das erkennende Gericht für eine im Ausland erlittene Freiheitsentziehung einen Anrechnungsmaßstab festsetzen.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

2 StR 34/04

vom 11. August 2004

in der Strafsache

gegen

wegen Mordes

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 11. August 2004 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

Tenor:

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 5. August 2003 wird mit der Maßgabe verworfen, daß die Urteilsformel wie folgt ergänzt wird:

Die von dem Angeklagten in Irland erlittene Freiheitsentziehung wird im Verhältnis 1 : 1 auf die Mindestverbüßungszeit der lebenslangen Freiheitsstrafe angerechnet.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes in zwei tateinheitlichen Fällen zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Das mit der Sachrüge begründete Rechtsmittel des Angeklagten ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, soweit es sich gegen den Schuldspruch und die lebenslange Freiheitsstrafe richtet.

Die aufgrund der Sachrüge gebotene Nachprüfung des angefochtenen Urteils führt aber zur Nachholung der Festsetzung des Anrechnungsmaßstabs für die in Irland im Auslieferungsverfahren erlittene Freiheitsentziehung. Die Festsetzung des Anrechnungsmaßstabs ist nicht deshalb entbehrlich, weil der Angeklagte zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Die Aussetzung der Vollstreckung des Restes einer lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung setzt u. a. voraus, daß 15 Jahre der Strafe verbüßt sind (§ 57 a Abs. 1 Nr. 1 StGB). Als verbüßt in diesem Sinne gilt jede Freiheitsentziehung, die der Verurteilte aus Anlaß der Tat erlitten hat (§ 57 a Abs. 2 StGB). Für zeitige Freiheitsstrafen ist ausdrücklich geregelt, daß Freiheitsentziehungen, die der Verurteilte wegen derselben Tat im Ausland erlitten hat, auf die Strafe anzurechnen sind und daß hierfür ein Anrechnungsmaßstab zu bestimmen ist (§ 51 Abs. 3, Abs. 4 Satz 2 StGB). Es sind keine Gründe dafür erkennbar, die es rechtfertigen könnten, im Ausland erlittene Freiheitsentziehungen, abweichend von der gesetzlichen Regelung für die zeitige Freiheitsstrafe, nicht auf die Mindestverbüßungszeit der lebenslangen Freiheitsstrafe anzurechnen. Aus § 57 a Abs. 2 StGB ergibt sich eine solche Beschränkung nicht. Vielmehr sind die Anrechnungsvorschriften für die zeitige Freiheitsstrafe entsprechend anzuwenden (vgl. so im Ergebnis schon BGH, Beschl. vom 6. März 1996 - 5 StR 78/96). Dies hat zur Folge, daß der Anrechnungsmaßstab - wie bei zeitigen Freiheitsstrafen - bereits von dem erkennenden Gericht bestimmt werden muß. Das ist auch bei der Anrechnung auf die Mindestverbüßungszeit der lebenslangen Freiheitsstrafe sachgerecht, weil sich etwa erschwerte Haftverhältnisse bei einer Freiheitsentziehung im Ausland in der Hauptverhandlung leichter und zeitnäher feststellen lassen, als im späteren Vollstreckungsverfahren.

Im Hinblick darauf, daß in einem der älteren Mitgliedsstaaten der Europäischen Union grundsätzlich Anhaltspunkte für eine andere Anrechnung als im Verhältnis 1 : 1 nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen sind, hat der Senat entsprechend § 354 Abs. 1 StPO diesen Anrechnungsmaßstab selbst bestimmt (vgl. BGHR StGB § 51 Abs. 4 Anrechnung 3; NStZ-RR 2003, 364).

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