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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 29.09.1999
Aktenzeichen: 2 StR 349/99
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

2 StR 349/99

vom

29. September 1999

in der Strafsache

gegen

wegen versuchten Mordes u.a.

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 29. September 1999 einstimmig beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 31. März 1999 mit den Feststellungen aufgehoben,

a) soweit der Angeklagte wegen besonders schwerer Brandstiftung in Tateinheit mit versuchtem Mord verurteilt worden ist,

b) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schwerer Brandstiftung in Tateinheit mit versuchtem Mord sowie wegen Brandstiftung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren verurteilt.

Die Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung des Urteils, soweit der Angeklagte wegen besonders schwerer Brandstiftung in Tateinheit mit versuchtem Mord verurteilt worden ist - dies zieht die Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtfreiheitsstrafe nach sich -; im übrigen ist das Rechtsmittel i.S. von § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.

Die Verurteilung wegen versuchten Mordes - in Tateinheit mit besonders schwerer Brandstiftung - hat keinen Bestand, weil das Landgericht bedingten Tötungsvorsatz nicht rechtsfehlerfrei begründet hat.

Das Landgericht ist bei seiner Prüfung der subjektiven Tatseite zwar von dem zutreffenden rechtlichen Ansatz ausgegangen, es hat insbesondere auch erkannt, daß alle für das Tatgeschehen bedeutsamen Umstände zu erörtern sind (st. Rspr., zuletzt BGHR StGB § 15 Vorsatz, bedingter 10).

Es hat aber dennoch für die Beurteilung der subjektiven Tatseite wichtige Besonderheiten des Falles nicht erkennbar in seine Überlegungen einbezogen:

Der Angeklagte war Gruppenführer der Freiwilligen Feuerwehr. Er legte den Brand, weil er einen Einsatz der Feuerwehr herbeiführen und auf diese Weise die "Disziplin sowie die Fähigkeiten und Fertigkeiten der einzelnen Feuerwehrmänner" fördern wollte (UA S. 14).

Geht man davon aus, dann war zu prüfen, ob der Angeklagte sich nicht vorgestellt hat, Frau L., die einzige Bewohnerin des Anwesens, werde bei alsbald beginnenden Löscharbeiten gerettet.

Der Angeklagte hatte mit Hilfe eines Feuerzeugs die Außentür eines ehemaligen Stalles in Brand gesetzt. Der Brand wurde noch während der Entstehungsphase durch Regen gelöscht.

Auch wenn der Angeklagte als Gruppenführer der Feuerwehr Kenntnisse von möglichen schnellen Brandentwicklungen hatte, so rechtfertigt dies nicht ohne weiteres die Annahme, daß er mit einer derart schnellen Ausbreitung des Feuers gerechnet hat, wie sie der Sachverständige für möglich gehalten hat.

Daß der Angeklagte seinen Pkw absprachegemäß stets vor dem Grundstück von Frau L. parkte, kann dann ein Indiz für die Vorstellung des Angeklagten sein, der Brand werde rechtzeitig gelöscht, wenn der Pkw ansonsten beschädigt oder zerstört worden wäre.

Mit diesen Fragen hätte sich das Landgericht jedenfalls auseinandersetzen müssen.

Nach dem vom Landgericht festgestellten Tatmotiv läge bedingter Tötungsvorsatz ohnehin eher fern. Aus diesem Grunde kommt der bei der polizeilichen Vernehmung des Angeklagten - auf die sich das Landgericht insgesamt weitgehend gestützt hat - abgegebenen Erklärung, er habe sich erst am nächsten Morgen ernsthaft Gedanken darüber gemacht, daß Frau L. hätte verbrennen können, er hätte sich dann das Leben genommen, besondere Bedeutung zu.

Das Landgericht sieht in ihr kein "zwingendes" Indiz gegen eine "Billigung" des Erfolges. In erster Linie betrifft diese Einlassung des Angeklagten jedoch das "Wissenselement" des bedingten Vorsatzes. Träfe sie zu, dann wäre bedingter Tötungsvorsatz zwingend ausgeschlossen.

Ende der Entscheidung

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