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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 19.11.2003
Aktenzeichen: 2 StR 368/03
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 2
StPO § 349 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

2 StR 368/03

vom 19. November 2003

in der Strafsache

gegen

wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern u.a.

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 19. November 2003 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

Tenor:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Fulda vom 30. April 2003 im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern in sieben Fällen, davon in fünf Fällen in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von Schutzbefohlenen und wegen sexuellen Mißbrauchs von Schutzbefohlenen in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt.

Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Sein Rechtsmittel hat zum Strafausspruch Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

Der Generalbundesanwalt hat zur Begründung seines Teilaufhebungsantrages ausgeführt:

"Der Strafausspruch kann jedoch keinen Bestand haben, weil die Strafkammer bei der Bemessung der Einzelstrafen und der Gesamtfreiheitsstrafe die Verfahrensdauer, die zwischen der Einleitung des Ermittlungsverfahrens am 28. Januar 1999 (UA S. 20) und dem Urteil vom 30. April 2003 lag, nicht zu Gunsten des Beschwerdeführers berücksichtigt hat. Zwar hat sie mildernd die jeweils zurückliegenden Tatzeiträume bedacht (UA S. 59), damit aber nicht der außerordentlich langen Verfahrensdauer von vier Jahren und drei Monaten zu Gunsten des Beschwerdeführers Rechnung getragen. Ob eine Verfahrensdauer noch angemessen ist, muß nach den Umständen des Einzelfalles beurteilt werden. Dabei ist auf die gesamte Dauer vom Beginn bis zum Ende der Frist abzustellen und es sind Schwere und Art des Tatvorwurfs, Umfang und Schwierigkeit des Verfahrens, Art und Weise der Ermittlungen neben dem eigenen Verhalten des Beschuldigten sowie das Ausmaß der mit dem Andauern des Verfahrens verbundenen Belastungen für den Beschuldigten zu berücksichtigen (BGH wistra 2002, 428). Nach diesen Grundsätzen kann vorliegend die Verfahrensdauer nicht mehr als angemessen bewertet werden, zumal, wie die Revision zu Recht vorträgt, Anklagereife bereits am 21. Mai 2001 bestand, die Anklage aber erst am 27. Mai 2002 erhoben wurde.

Sollte der neu entscheidende Tatrichter zu dem Ergebnis gelangen, daß von einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK auszugehen ist, wird er zu beachten haben, daß nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Urteil Art und Ausmaß der Verzögerung festzustellen und in einem zweiten Schritt das Maß der Kompensation durch Vergleich der an sich verwirkten mit der tatsächlich verhängten Strafe ausdrücklich und konkret zu bestimmen ist (BVerfG NStZ 1997, 591; BGHR StGB § 46 Verfahrensverzögerung 7, 12; BGH NStZ 1999, 181)."

Dem schließt sich der Senat an.

Ende der Entscheidung

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