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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 13.10.1999
Aktenzeichen: 2 StR 384/99
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 2
StPO § 349 Abs. 4
StGB § 227 Abs. 2
StGB § 213 1. Alt.
StGB § 224
StGB § 227
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

2 StR 384/99

vom

13. Oktober 1999

in der Strafsache

gegen

wegen Körperverletzung mit Todesfolge

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 13. Oktober 1999 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:

Tenor:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 5. Februar 1999 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Dagegen wendet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten.

Das Rechtsmittel hat zum Strafausspruch Erfolg. Im übrigen erweist es sich als unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

Nach den Feststellungen hatte das Tatopfer C. K. vom Angeklagten, auf die bereits mehrfach angemahnte Rückzahlung eines ihm gewährten Darlehens angesprochen, dieses als belanglos abgetan, den Angeklagten beleidigt und schließlich ein Messer gezogen. Bevor C. K. das Messer gegen den Angeklagten einsetzen konnte, entwaffnete dieser ihn mit einem Karategriff und versetzte ihm einen ungezielten Stich in den Oberbauch, der zum Tode des C. K. führte.

Die Strafkammer hat das Tatgeschehen als Körperverletzung mit Todesfolge gewertet. Einen minder schweren Fall nach § 227 Abs. 2 StGB hat sie nicht angenommen.

Die Erwägungen, mit denen sie die Voraussetzungen des Provokationstatbestandes des § 213 1. Alt. StGB verneint hat, bei deren Vorliegen die Strafe zwingend nach § 227 Abs. 2 StGB zu mildern wäre (BGHSt 25, 222, 224), sind nicht rechtsfehlerfrei.

Die Ausführungen der Strafkammer, der Angeklagte sei nicht ohne eigene Schuld durch eine Mißhandlung oder schwere Beleidigung von dem Opfer zum Zorn gereizt worden, lassen nicht erkennen, ob die Strafkammer ausreichend bedacht hat, daß nach den Feststellungen das Tatopfer nicht nur die Zahlung seiner Schulden abgelehnt, sondern den Angeklagten auch beleidigt hat und es erst d a n n zu gegenseitigen Beschimpfungen kam. Ob unter diesen Umständen den im Rahmen der verbalen Auseinandersetzung auch vom Angeklagten ausgehenden Beschimpfungen und Beleidigungen das von der Strafkammer angenommene Gewicht zukommt oder sie nicht vielmehr als verständliche und angemessene Reaktionen des Angeklagten anzusehen sind, kann dahinstehen. Gar nicht gewürdigt hat die Strafkammer in diesem Zusammenhang, daß das Tatopfer ein Messer gezogen hat. Eine Auseinandersetzung mit diesem Umstand wäre hier aber schon deshalb geboten gewesen, weil die Strafkammer an anderer Stelle ausführt, daß das Tatopfer durch dieses Verhalten die Eskalation heraufbeschworen hat, obwohl C. K. "auf Grund des ähnlichen kulturellen Hintergrundes der beiden davon ausgehen mußte, daß der Angeklagte sich in seiner Ehre beleidigt fühlen würde".

Fehlerhaft ist jedenfalls die Begründung, mit der die Strafkammer die Voraussetzungen des § 213 1. Alt. StGB deshalb verneint hat, weil der Angeklagte nicht auf der Stelle zur Tat hingerissen worden sei. Daß die Situation objektiv in dem Moment bereinigt war, als der Angeklagte das Messer des Tatopfers in der Hand hatte und dem Angeklagten bewußt war, daß ihm dieses nicht mehr gefährlich werden konnte, schließt zwar eine Notwehrlage des Angeklagten aus. Entscheidend für den Anwendungsbereich des § 213 1. Alt. StGB ist aber, ob die durch das vorausgegangene Verhalten des Opfers verursachte Kränkung oder Reizung die Tat ausgelöst hat, ein motivationspsychologischer Zusammenhang zwischen der Mißhandlung oder Beleidigung durch das Opfer und der Körperverletzungshandlung des Täters besteht. Davon ist hier auszugehen. Nach dem von der Strafkammer als glaubhaft zugrundegelegten Geständnis des Angeklagten hat dieser sich dahin eingelassen, er habe - als er das Messer in der Hand gehalten habe - aus Wut und Gereiztheit über das vorangegangene Verhalten des Tatopfers plötzlich nur den Drang verspürt, dieses zu verletzen, und sofort zugestochen.

Aber auch die Ablehnung eines minder schweren Fall des § 227 Abs. 2 StGB aus sonstigen Gründen begegnet durchgreifenden Bedenken. Strafschärfend hat die Strafkammer berücksichtigt, daß der Angeklagte die Körperverletzung sowohl mittels eines gefährlichen Werkzeugs als auch einer das Leben gefährdenden Behandlung begangen und damit zwei Tatbestandsmerkmale des § 224 StGB verwirklicht hat. Dem mit der Qualifikation der lebensgefährdenden Behandlung erfaßten Unrechtsgehalt kam hier aber bei einer den Eintritt des Todeserfolgs voraussetzenden Bestrafung nach § 227 StGB keine eigenständige Bedeutung zu.

Ende der Entscheidung

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