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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 15.09.1999
Aktenzeichen: 2 StR 392/99
Rechtsgebiete: StPO, JGG


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 2 und 4
JGG § 17 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

2 StR 392/99

vom

15. September 1999

in der Strafsache

gegen

wegen Vergewaltigung

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 15. September 1999 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

Tenor:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 2. November 1998 im Rechtsfolgenausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich seine Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.

Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge in dem aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

Das angefochtene Urteil war im Rechtsfolgenausspruch mit den Feststellungen aufzuheben. Die Begründung der Jugendkammer dafür, daß wegen der "Schwere der Schuld gemäß § 17 Abs. 2 JGG die Verhängung von Jugendstrafe unabdingbar" sei, weist einen Rechtsfehler auf.

Nach Auffassung des Landgerichts ist die Tat einer charakterlichen Fehlhaltung des Angeklagten entsprungen, die Ausdruck in der Tat gefunden habe. Der Tatrichter führt dann weiter aus: "Das Verhalten des Angeklagten während der Hauptverhandlung läßt den Schluß zu, daß die Tat sich in das gesamte Persönlichkeitsbild des Angeklagten einfügt. Denn obwohl durch die im Rahmen der Hauptverhandlung erhobenen Beweise nur allzu deutlich wurde, daß die Geschädigte schwer an den psychischen Folgen des Geschehens vom 11.7.98 zu tragen hatte und immer noch zu tragen hat, war vom Angeklagten kein Wort der Entschuldigung oder auch nur des Bedauerns zu hören. All dies zeigt deutlich, daß der Angeklagte durch die Begehung der Tat eine ganz erhebliche Schuld auf sich geladen hat, die die Ahndung der Tat mit einer Jugendstrafe erforderlich macht."

Diese Überlegung des Tatrichters ist rechtsfehlerhaft, da von einem leugnenden Angeklagten keine Entschuldigung oder ein Bedauern erwartet werden kann; er würde sich damit in Widerspruch zu seinem Verteidigungsverhalten setzen.

Der Angeklagte hat hier in der Hauptverhandlung eine Vergewaltigung bestritten. Er hat sich dahin eingelassen, es hätten lediglich einverständliche sexuelle Handlungen ohne Geschlechtsverkehr stattgefunden.

Grundsätzlich kann zwar auch das Verhalten des Täters in seinem Prozeß gewürdigt werden, wenn es entsprechende Schlüsse auf den Unrechtsgehalt der Tat oder die Einstellung des Täters zu ihr zuläßt. Ein leugnender Angeklagter kann aber nicht Reue, Schuldeinsicht oder Mitgefühl mit dem Opfer zeigen. Selbst hartnäckiges Leugnen kann grundsätzlich nicht zum Nachteil eines Angeklagten berücksichtigt werden (vgl. auch BGH, Beschl. v. 24. November 1978 - 2 StR 616/78 m.w.N.). Fehlende Reue darf nur zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt werden, wenn sie auf eine rechtsfeindliche Gesinnung hinweist.

Mit einem zulässigen Verteidigungsverhalten kann aber eine rechtsfeindliche Gesinnung nicht begründet werden. Das im angefochtenen Urteil geschilderte Verhalten des Angeklagten in der Hauptverhandlung, das im wesentlichen im Nichtäußern einer Entschuldigung oder eines Bedauerns bestand, geht nicht über ein zulässiges Verteidigungsverhalten hinaus, selbst wenn er damit eine mitleidlose Gesinnung zum Ausdruck gebracht haben sollte (vgl. BGH, Beschl. v. 17. Juni 1992 - 1 StR 338/92).

Wenn auch die Erforderlichkeit von Jugendstrafe wegen Schwere der Schuld im vorliegenden Fall nahelag, kann der Senat doch nicht ausschließen, daß die Verhängung und die Höhe der Jugendstrafe auf dem aufgezeigten Rechtsfehler beruhen.

Ende der Entscheidung

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