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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 17.03.2004
Aktenzeichen: 2 StR 44/04
Rechtsgebiete: StPO, StGB
Vorschriften:
StPO § 349 Abs. 2 | |
StPO § 349 Abs. 4 | |
StGB § 177 Abs. 1 Nr. 1 | |
StGB § 177 Abs. 2 Nr. 1 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 17. März 2004
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 17. März 2004 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Tenor:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 9. Juli 2003 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat zum Strafausspruch Erfolg.
I.
Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils waren der Angeklagte und die Nebenklägerin Kommilitonen im Studienkolleg in D. . Am Tattag besuchte die Nebenklägerin den Angeklagten in F. . Sie hatte die Vorstellung, er werde ihr F. zeigen. Der Angeklagte überredete sie, seine Wohnung aufzusuchen, wo beide ein Essen zu sich nahmen. Anschließend legten sich beide aufs Bett, der Angeklagte küßte die Nebenklägerin und streichelte sie am Körper. Als er ansetzte, sie auszuziehen, wandte sie ein, das sei zu schnell für sie, und wollte aufstehen. Der Angeklagte stieß sie zurück aufs Bett und zog ihr Hose und Slip aus. Nachdem die Nebenklägerin sich auf den Bauch gedreht hatte, drang er mit dem Penis in ihre Scheide ein. Der Angeklagte dachte, die Nebenklägerin sei bereit, so mit ihm zu verkehren, sie hingegen hatte sich umgedreht, weil sie annahm, so passiere ihr nichts. Als die Nebenklägerin vor Schmerzen schrie und nach ihm schlug, ließ der Angeklagte von ihr ab. Beide zogen sich wieder an. Die Nebenklägerin sagte zu dem Angeklagten, sie komme nie wieder. Der Angeklagte wurde daraufhin wütend und entkleidete sie mit Gewalt. Die Nebenklägerin erklärte ihm, daß sie "das nicht ohne Kondom" machen würde, und bejahte ausdrücklich seine Frage, daß sie mit Kondom mit ihm verkehren würde, ein solches habe sie aber nicht dabei. Der Angeklagte drückte sie dennoch aufs Bett, hielt sie fest und drang mit dem Penis in ihre Scheide ein. Die Nebenklägerin schrie vor Schmerzen und weil sie den Geschlechtsverkehr nicht wollte. Der Angeklagte führte den Geschlechtsverkehr weiter aus. Erst als die Nebenklägerin plötzlich aus der Scheide stark blutete, ließ der Angeklagte von ihr ab. Die Nebenklägerin hatte durch den Geschlechtsverkehr einen vier Zentimeter langen Gewebeeinriß im hinteren Teil des Scheidengewölbes erlitten, der am selben Abend in der Universitätsklinik ihres Wohnortes M. operativ versorgt werden mußte.
Das Landgericht hat das gesamte Verhalten des Angeklagten als eine Vergewaltigung gewürdigt; zwischen den beiden Abschnitten der Tathandlung bestehe eine natürliche Handlungseinheit. Bei der Strafzumessung hat es einen minder schweren Fall verneint und zu Lasten des Angeklagten die erhebliche Brutalität seines Vorgehens und die besondere Tatintensität berücksichtigt.
II.
1. Der Senat kann in der Sache entscheiden, einer nochmaligen Zustellung des Urteils bedarf es nicht. Die vom Landgericht vorgenommene erneute Zustellung des wiederum unvollständigen Urteils war dennoch wirksam und hat die Revisionsbegründungsfrist in Lauf gesetzt. Zwar muß die Abschrift das zuzustellende Schriftstück wortgetreu und vollständig wiedergeben. Kleine Fehler schaden allerdings nicht, wenn der Zustellungsempfänger aus der Abschrift oder Ausfertigung den Inhalt der Urschrift genügend entnehmen kann (BGH NJW 1978, 60; siehe auch Beschluß vom 30. März 1994 - 3 StR 33/94). So liegt der Fall hier. Der im Gegensatz zum Original in der Urteilsausfertigung auf Seite 11 fehlende kurze Textteil enthält lediglich eine nähere Erläuterung der dort angegebenen Motivation der Nebenklägerin und ist dem Sinngehalt nach bereits in dem nicht ganz vollständig wiedergegebenen Satz enthalten.
2. Die Verfahrensrügen sind aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts angegebenen Gründen unzulässig oder unbegründet.
3. Auf die Sachrüge hält der Schuldspruch der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand. Zwar ist hinsichtlich des ersten Geschehensabschnittes ein Vorsatz des Angeklagten, den Geschlechtsverkehr mit der Nebenklägerin gegen deren Willen zu vollziehen, nicht hinreichend belegt. Die Feststellungen sind insoweit widersprüchlich. Während die Strafkammer UA S. 4 unten ausführt, der Angeklagte habe gedacht, die Nebenklägerin sei bereit, so mit ihm zu verkehren, heißt es UA S. 5 oben, er sei sich dessen bewußt gewesen, daß sie keinen Geschlechtsverkehr mit ihm gewollt habe. Im Rahmen der Beweiswürdigung (UA S. 7) setzt sich die Strafkammer nur mit dem Vorsatz des Angeklagten zum späteren Zeitpunkt auseinander, daß er nämlich gewußt habe, die Nebenklägerin wolle ohne Kondom keinen Geschlechtsverkehr. Die Feststellungen tragen aber die Verurteilung wegen einer im zweiten Geschehensabschnitt begangenen Vergewaltigung.
4. Der Rechtsfehler führt allerdings zur Aufhebung des Strafausspruchs. Die Ausführungen der Strafkammer lassen besorgen, daß sie dem Angeklagten im Rahmen der Strafzumessung einen zu großen Schuldumfang zur Last gelegt hat, indem sie beide Geschehensabschnitte als Tathandlung im Sinne des § 177 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 StGB gewürdigt hat. Die Strafkammer hat bei der Strafzumessung die erhebliche Brutalität des Vorgehens des Angeklagten strafschärfend gewertet und dabei offenbar auch den ersten Geschlechtsverkehr berücksichtigt, denn nur für diesen Geschehensabschnitt ist festgestellt, daß die Nebenklägerin rief "Das tut so weh" und den Angeklagten zu schlagen versuchte, was die Kammer ausdrücklich anführt (UA S. 12). Auch soweit die Kammer auf die besondere Tatintensität im Rahmen des gesamten Geschehensablaufs abstellt, ist den Ausführungen nicht eindeutig zu entnehmen, daß sich die strafschärfende Erwägung allein auf den zweiten Handlungsabschnitt bezieht.
Ende der Entscheidung
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