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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 06.12.2000
Aktenzeichen: 2 StR 471/00
Rechtsgebiete: StGB, StPO


Vorschriften:

StGB § 55
StPO § 349 Abs. 2
StPO § 345 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

2 StR 471/00

vom

6. Dezember 2000

in der Strafsache

gegen

wegen Diebstahls u.a.

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 6. Dezember 2000 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 7. Juni 2000 im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls in vier Fällen, versuchten Diebstahls und Bedrohung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt, ihn im übrigen freigesprochen und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Seine hiergegen eingelegte Revision führt mit der Sachrüge zur Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe; im übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

1. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und daher unzulässig. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der allgemein erhobenen Sachrüge hat hinsichtlich des Schuldspruchs, der Einzelstrafen sowie der verhängten Maßregel keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

2. Jedoch kann der Gesamtstrafenausspruch nicht bestehen bleiben.

a) Nach den Feststellungen des Landgerichts ist der Angeklagte zwischen dem 28. April 1992 und dem 27. September 1995 insgesamt neunmal rechtskräftig verurteilt worden. Nachträgliche Gesamtstrafenbeschlüsse sind am 22. November 1995 (Strafen aus der 1. und der 2. Vorverurteilung) und am 9. Oktober 1998 (Strafen aus der 4., 5., 7., 8. und 9. Vorverurteilung) ergangen. Die Tatzeiten der in den Vorverurteilungen jeweils abgeurteilten Taten sind im angefochtenen Urteil nur hinsichtlich der 3. Vorverurteilung (zwei Taten vor dem 1., eine Tat zwischen dem 1. und dem 2., zwei Taten zwischen dem 2. und dem 3. Urteil) und der 4. Vorverurteilung (eine Tat zwischen dem 2. und dem 3., eine Tat zwischen dem 3. und dem 4. Urteil) angegeben. Die jetzt abgeurteilten Taten 1 und 2 liegen zeitlich zwischen der 2. und 3., die Tat 3 zwischen der 7. und 8., die Taten 9, 12 und 13 nach der 9. Vorverurteilung und dem ersten Gesamtstrafenbeschluß. Aus den Urteilsgründen ergibt sich nicht, ob und gegebenenfalls welche Vorverurteilungen bereits vollstreckt oder sonst erledigt sind; die Frage der nachträglichen Gesamtstrafenbildung ist nicht angesprochen.

Die zutreffende Anwendung von § 55 StGB kann auf dieser Grundlage nicht abschließend geprüft werden. Möglicherweise hätten hier, unter Auflösung früherer Gesamtstrafen und unter Beachtung der Zäsurwirkung von Vorverurteilungen, mehrere neue Gesamtstrafen gebildet werden müssen; war eine Einbeziehung einzelner Strafen wegen zwischenzeitlicher vollständiger Erledigung nicht mehr möglich, so war insoweit ein Härteausgleich zu gewähren. Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts kann der Senat nicht ausschließen, daß sich die - jedenfalls fehlerhafte - Beurteilung des Landgerichts zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat. Über die Bildung der Gesamtstrafe ist daher insgesamt neu zu entscheiden.

b) Einen Einfluß des Rechtsfehlers auf die Bemessung der Einzelstrafen kann der Senat ausschließen. Auch die rechtsfehlerfreie Anordnung der Maßregel ist von der Aufhebung nicht berührt.

3. Für den Antrag des Angeklagten vom 1. Oktober 2000, ihm für die Revisionsinstanz Rechtsanwalt S. aus Erfurt als Pflichtverteidiger beizuordnen, ist der Vorsitzende des Gerichts zuständig, dessen Urteil angefochten wird (BGHR StPO § 141 Bestellung 3; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 44. Aufl. § 141 Rdn. 6 m.w.N.). Eines Zuwartens mit der Entscheidung des Senats über die Revision bedurfte es hier nicht. Ein Nachschieben von Verfahrensrügen wäre wegen des Ablaufs der Revisionsbegründungsfrist des § 345 Abs. 1 Satz 1 StPO unzulässig; auf die Sachrüge hat der Senat das Urteil umfassend geprüft.

Ende der Entscheidung

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