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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 28.10.1998
Aktenzeichen: 2 StR 481/98
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 4
StPO § 338 Nr. 5
StPO § 247 Satz 1 und Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

2 StR 481/98

vom

28. Oktober 1998

in der Strafsache

gegen

wegen Vergewaltigung u.a.

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 28. Oktober 1998 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gießen vom 22. April 1998 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 14. Oktober 1998 ausgeführt:

"Der Revision kann aufgrund einer Verfahrensrüge der Erfolg nicht versagt bleiben, so daß es auf die übrigen (unbegründeten) Beanstandungen nicht ankommt. Der Beschwerdeführer macht mit Recht das Vorliegen des absoluten Revisionsgrundes des § 338 Nr. 5 StPO geltend.

Die Revision beanstandet, daß der Angeklagte - wie sich aus dem Protokoll der Hauptverhandung ergibt (Bd. II Bl. 108 d.A.) - bei der Verhandlung über die Entlassung der Zeugin K. nicht anwesend war. § 247 Satz 1 und Satz 2 StPO lassen die Entferung des Angeklagten nur während der Vernehmung zu. Die Verhandlung über die Entlassung gehört aber nicht mehr zur Vernehmung, sondern ist ein selbständiger Verfahrensabschnitt und wesentlicher Teil der Hauptverhandlung (BGHR StPO § 247 - Abwesenheit 15 m.w.N.). Der Angeklagte, dessen Entfernung aus dem Sitzungssaal während der Vernehmung eines Zeugen durch das Gericht angeordnet worden ist, muß daher zur Verhandlung über die Entlassung des Zeugen wieder zugelassen werden. Das ist hier nicht geschehen. Ein Ausnahmefall, in dem trotz vorschriftswidriger Abwesenheit des Angeklagten während eines Verfahrensteils § 338 Nr. 5 StPO nicht eingreift, liegt hier nicht vor. Es wird gesetzlich vermutet, daß das Urteil auf diesem Mangel beruht.

Zwar hat der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofes in seinem Urteil vom 8. April 1998 (3 StR 643/97) Bedenken an der bisherigen Rechtsprechung geäußert und - obiter dictum - in Frage gestellt, ob im Hinblick auf den Zeugen- und Opferschutz die Verhandlung über die Entlassung eines Zeugen als wesentlicher Teil der Hauptverhandlung anzusehen ist. Eine Änderung der gefestigten Rechtsprechung steht indes noch aus."

Der Senat bejaht den absoluten Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 StPO ebenfalls. Er hält an der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs fest, daß die Verhandlung und Entscheidung über die Vereidigung und Entlassung eines Zeugen nicht zur Vernehmung im Sinne des § 247 StPO gehören und einen wesentlichen Teil der Hauptverhandlung bilden (vgl. BGHR StPO § 338 Nr. 5 - Angeklagter 5, 11; BGH, Beschl. v. 30. September 1997 - 4 StR 359/97; v. 10. April 1997 - 4 StR 132/97; v. 22. Mai 1996 - 3 StR 142/96; v. 10. August 1995 - 5 StR 272/95; v. 16. Februar 1994 - 5 StR 60/94; v. 20. März 1991 - 2 StR 624/90; v. 2. November 1989 - 2 StR 506/89; v. 9. Juni 1989 - 2 StR 275/89).

Der Gedanke des Zeugen- und Opferschutzes steht dieser Rechtsprechung und ihrer Beachtung durch den Tatrichter nicht entgegen.



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