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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 09.01.2008
Aktenzeichen: 2 StR 502/07
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 2
StPO § 349 Abs. 4
StPO § 354 Abs. 1 b Satz 1
StPO § 354 Abs. 1 b Satz 2
StPO § 460
StPO § 462
StGB § 176 Abs. 3 a. F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

2 StR 502/07

vom 9. Januar 2008

in der Strafsache

gegen

wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 9. Januar 2008 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 23. Mai 2007 aufgehoben

a) in sechs der Fälle 2. - 12. der Urteilsgründe, die kein besonders schwerer Fall nach § 176 Abs. 3 StGB a. F. waren; insoweit wird der Angeklagte freigesprochen;

b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit der Maßgabe, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe gemäß §§ 460, 462 StPO zu treffen ist.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Der Angeklagte ist damit schuldig des sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwölf Fällen.

4. Soweit der Angeklagte freigesprochen worden ist, hat die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten zu tragen. Über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels ist zugleich mit der Entscheidung über die Gesamtstrafe zu befinden.

Gründe:

Der Angeklagte wurde wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in 18 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine auf die näher ausgeführte Sachrüge gestützte Revision hat hinsichtlich der Verurteilung in sechs Fällen Erfolg. Insoweit hat der Senat den Angeklagten freigesprochen (§ 354 Abs. 1 StPO). Mit dem Wegfall der hierfür ausgeworfenen Einzelstrafen entfällt zugleich die Gesamtstrafe. Im Übrigen bleibt die Revision erfolglos.

1. Die Strafkammer hat festgestellt, dass es in der Zeit von Anfang 1993 bis Juli 1993 während der Besuchswochenenden zu sexuellen Übergriffen des Angeklagten auf seine damals sechsjährige Tochter J. kam, und zwar in zwölf Fällen (Fälle 1 und 2 - 12 der Urteilsgründe) in der Wohnung seiner Lebensgefährtin H. und in sechs Fällen (Fälle 13 - 18 der Urteilsgründe) im Badezimmer der Wohnung der Mutter von Frau H.. In mindestens zwei der Fälle 2 - 12 der Urteilsgründe versuchte der Angeklagte vorsichtig mit seinem Penis in die Scheide seiner Tochter einzudringen, was ihm in einem dieser Fälle auch gelang.

Die Geschädigte hat in der Hauptverhandlung angegeben, sie sei ein Jahr lang fast jedes Wochenende beim Angeklagten gewesen und es sei jedes Mal oder fast jedes Mal passiert. Die Strafkammer ist mit dem psychiatrischen Sachverständigen Prof. Dr. B. davon ausgegangen, dass die Angaben der Nebenklägerin zur Dauer und zur Häufigkeit der sexuellen Übergriffe trotz deren subjektiv ehrlicher Erinnerung unsicher seien. Sie hat aufgrund von Zeugenaussagen festgestellt, dass die Geschädigte den Angeklagten bis August 1993 an zwei Wochenenden im Monat von Freitag bis Sonntag besucht hat und hat die Überzeugung gewonnen, dass die Übergriffe jedenfalls nach dem 6. Geburtstag am 15. Januar 1993 begonnen haben. Die Strafkammer hat sodann angesichts der Aussage der Geschädigten zugrunde gelegt, dass es zumindest in 50 % der Nächte von Freitag zu Sonnabend und von Sonnabend zu Sonntag und in mindestens 50 % der Fälle des gemeinsamen Badens zu Übergriffen gekommen sei.

2. Die Überzeugung der Strafkammer, es sei in zwölf Fällen zu nächtlichen Missbrauchshandlungen in der Wohnung der Frau H. gekommen, wird von den Feststellungen nicht getragen. Der in den Urteilsgründen wiedergegebenen Aussage der Geschädigten lässt sich nicht hinreichend sicher entnehmen, dass sie mit "jedes Mal" die beim Angeklagten verbrachten Nächte meinte; ebenso gut kann diese Aussage dahin verstanden werden, dass es an jedem Besuchswochenende beim Angeklagten zu einem sexuellen Übergriff in der Wohnung kam. Wenn sich die Angabe der Geschädigten auf die Anzahl der Wochenendbesuche bezog, ist es bei dem von der Strafkammer für notwendig erachteten Sicherheitsabschlag von 50 % aber nur zu insgesamt sechs Missbrauchsfällen in der Wohnung gekommen.

3. Angesichts der vom Landgericht festgestellten Unsicherheit der Zeugin hinsichtlich der Häufigkeit der Übergriffe schließt der Senat aus, dass hierzu im Falle der Zurückverweisung genauere Feststellungen getroffen werden könnten. Er hat deshalb den Angeklagten in sechs Fällen freigesprochen. Hiervon sind nicht betroffen die beiden Fälle, in denen es zu Eindringversuchen in die Scheide der Geschädigten kam; diese beiden Fälle sind in der Erinnerung der Zeugin hinreichend individualisiert und konkretisiert. Durch den Freispruch entfallen damit sechs Einzelstrafen von jeweils zwei Jahren, was zur Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafe führt. Die übrigen Einzelstrafen können bestehen bleiben.

4. Die Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafe erfolgt mit der Maßgabe, dass die nunmehr nur noch gebotene Entscheidung über die Gesamtstrafe durch Beschluss gemäß §§ 460, 462 StPO zu erfolgen hat, § 354 Abs. 1 b Sätze 1 und 2 StPO. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Verweisung auf das Beschlussverfahren auch dann möglich, wenn im Revisionsverfahren eine Einzelstrafe durch Freispruch entfällt (BGH Beschluss vom 10. Oktober 2006 - 1 StR 377/06, insoweit in NStZ 2007, 287 = StV 2007, 82 = StraFo 2007, 73 nicht abgedruckt).

Bei der Bildung der neuen Gesamtstrafe wird zu beachten sein, dass die noch nicht vollständig bezahlte Geldstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Greiz vom 17. März 2005 mit den hier ausgeurteilten Strafen gesamtstrafenfähig ist.

Ende der Entscheidung

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