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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 05.05.1999
Aktenzeichen: 2 StR 579/98
Rechtsgebiete: StGB, StPO, JGG


Vorschriften:

StGB § 255
StGB § 253
StGB § 250 Abs. 1 Nr. 1 b n.F.
StGB § 239a
StGB § 2 Abs. 3
StPO § 265
JGG § 32
JGG § 32 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2 StR 579/98

vom

5. Mai 1999

in der Strafsache

gegen

wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a.

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 5. Mai 1999, an der teilgenommen haben:

Vizepräsident des Bundesgerichtshofes Dr. Jähnke als Vorsitzender,

die Richter am Bundesgerichtshof Theune, Detter, Dr. Bode, Rothfuß als beisitzende Richter,

Oberstaatsanwäältin beim Bundesgerichtshof als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,

Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

1.

Die Revision des Angeklagten P. gegen das Urteil des Landgerichts Mainz vom 25. Mai 1998 wird mit der Maßgabe verworfen, daß der Schuldspruch, soweit er ihn betrifft, dahin geändert wird, daß er der schweren räuberischen Erpressung in zwölf Fällen, davon in elf Fällen in Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub, schuldig ist.

2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

I.

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung in zwölf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Seine Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechtes rügt, bleibt im Ergebnis ohne Erfolg. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und damit unzulässig. Die Sachrüge ist unbegründet und führt lediglich zu der aus dem Urteilstenor ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs. In den Fällen 1-5 und 7-12 ist tateinheitlich zur schweren räuberischen Erpressung auch erpresserischer Menschenraub gegeben. In den Fällen 3, 4, 6-10 sowie 12 liegt schwere räuberische Erpressung gemäß §§ 255, 253, 250 Abs. 1 Nr. 1 b StGB n.F. vor, während in den übrigen Fällen §§ 255, 253, 250 Abs. 1 Nr. 1 StGB a.F. verwirklicht ist.

II.

Der Angeklagte beging in den Jahren 1992 bis 1997 mit dem Mitangeklagten B. und teilweise anderen Tätern insgesamt zwölf Überfälle auf Bankinstitute. Die Überfälle wurden unter Verwendung von Schußwaffen als Drohmittel durchgeführt. In den Fällen 1, 2, 5 und 11 wurden scharfe Schußwaffen eingesetzt, in den anderen Fällen ging der Tatrichter zu Gunsten der Angeklagten davon aus, daß es sich um objektiv ungefährliche Waffen handelte. In allen Fällen (außer Fall 6) wurden auch Bankkunden mit den Waffen bedroht.

III.

Bei dieser Sachlage hat der Angeklagte in allen Fällen (außer Fall 6) nicht nur - wie vom Landgericht angenommen - eine schwere räuberische Erpressung begangen, sondern darüber hinaus tateinheitlich auch den Tatbestand des erpresserischen Menschenraubes gemäß § 239 a StGB verwirklicht (vgl. hierzu Senatsbeschluß vom 10. März 1999 - 2 StR 614/98 m.w.N.).

Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert. § 265 StPO steht dem nicht entgegen. Der Senat schließt aus, daß sich der geständige Angeklagte nach entsprechendem Hinweis anders - insbesondere erfolgreicher - hätte verteidigen können.

In den Fällen 3, 4, 6-10 und 12 der Urteilsgründe hat der Angeklagte "nur" den Tatbestand des § 250 Abs. 1 Nr. 1 b StGB n.F. erfüllt, da er nach den Feststellungen keine Waffe oder anderes gefährliches Werkzeug im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB n.F. verwendet hat. Da § 250 Abs. 1 Nr. 1 b StGB n.F. gegenüber § 250 Abs. 1 Nr. 2 StGB a.F. das mildere Recht ist, findet insoweit das neue Recht Anwendung (§ 2 Abs. 3 StGB). Der Senat schließt in allen hier gegebenen Fällen aus, daß der Tatrichter beim erpresserischen Menschenraub einen minder schweren Fall bejaht und deshalb weniger als fünf Jahre Freiheitsstrafe verhängt hätte. Auch im Falle 6, in dem kein erpresserischer Menschenraub vorliegt und die Mindeststrafe drei statt fünf Jahre beträgt, hat die verhängte Einzelstrafe von fünf Jahren rechtlich Bestand. Eine niedrigere Strafe würde sich im Hinblick auf die einschlägige Vorstrafe, den Bewährungsbruch, das Tatbild, die erzielte Beute, die in der Häufung der Straftaten zutage getretene kriminelle Energie des Angeklagten nach unten von ihrer Bestimmung lösen, gerechter Schuldausgleich zu sein.

Da die Einzelstrafen danach Bestand haben und die Gesamtstrafe keinen Rechtsfehler aufweist, hat sie der Senat ebenfalls bestätigt.

IV.

Im Hinblick auf das Revisionsvorbringen merkt der Senat an, daß die Entscheidung des Landgerichts, nach § 32 JGG Erwachsenenstrafrecht anzuwenden, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist.

Ob mehrere in verschiedenen Altersstufen begangene Taten einheitlich nach Jugendrecht abzuurteilen sind, richtet sich danach, wo deren Schwergewicht liegt. Dieses zu bestimmen, ist Sache des tatrichterlichen Ermessens (vgl. u.a. BGHR JGG § 32 Schwergewicht 3; BGH NStZ 1986, 219; BGH GA 1964, 135) und daher der Nachprüfung des Revisionsgerichts grundsätzlich entzogen (vgl. u.a. BGHR JGG § 32 Schwergewicht 1; BGH NStZ 1986, 447).

Die Jugendkammer hat rechtsfehlerfrei das Schwergewicht bei den im Alter von 23 und 24 Jahren begangenen (acht) Taten gesehen. Bei der nach § 32 Satz 1 JGG vorzunehmenden Abwägung darf nicht allein auf die Zahl der Tathandlungen und auf ihren Unrechtsgehalt abgestellt werden. Es kommt vor allem auf die Ermittlung der Tatwurzeln und die Persönlichkeitsentwicklung des Angeklagten an (vgl. BGH NStZ 1986, 447).

Ist eine nach dem 21. Lebensjahr begangene Straftat nur die Folge und ein Ausfluß der früheren Taten, so kann daraus geschlossen werden, daß das Schwergewicht bei diesen liegt (vgl. BGH NStZ 1986, 219 m.w.N.).

Der Tatrichter hat letzteres deshalb verneint, weil der Angeklagte nach Begehung der ersten vier Taten wegen weiterer drei Taten zu einer Einheitsjugendstrafe von drei Jahren verurteilt worden war, einen Teil dieser Strafe verbüßt hatte und zwischen der vierten Tat (Tatzeit 8. April 1993) und der fünften Tat (26. August 1996) mehr als drei Jahre lagen. Nach Auffassung des Tatrichters verbietet die durch die Verurteilung und den Teilvollzug "eingetretene erhebliche zeitliche Zäsur, die weiteren Taten als in den im Heranwachsendenalter begangenen Taten wurzelnd anzusehen".

Diese von den Feststellungen getragenen Ausführungen lassen einen Rechtsfehler nicht erkennen.

Ende der Entscheidung

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