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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 24.03.1999
Aktenzeichen: 2 StR 637/98
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 2 u. 4
StPO § 473 Abs. 4
StGB § 223 a
StGB § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

2 StR 637/98

vom

24. März 1999

in der Strafsache

gegen

wegen versuchter Vergewaltigung u.a.

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 24. März 1999 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten M. wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 26. März 1998 dahin geändert, daß an Stelle der Verurteilung des Angeklagten zur Zahlung eines auf 15.000 DM bezifferten Schmerzensgeldes nebst Zinsen und der zugehörigen Vollstreckbarkeitserklärung der Ausspruch tritt:

"Der von der Nebenklägerin B. gegen diesen Angeklagten erhobene Anspruch auf Schmerzensgeld ist dem Grunde nach gerechtfertigt."

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit versuchter Vergewaltigung und mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten sowie zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von 15.000 DM nebst Zinsen verurteilt.

Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt, hat nur zur Höhe des zuerkannten Schmerzensgeldes Erfolg; im übrigen ist sie im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.

1. Die vom Generalbundesanwalt beantragte Schuldspruchänderung war nicht vorzunehmen. Die Verurteilung des Angeklagten auch wegen tateinheitlich begangener sexueller Nötigung hatte nicht zu entfallen. Die sexualbezogene gewaltsame Manipulation an und in der Scheide des Opfers durch einen der drei anwesenden Täter, aufgrund deren die Zeugin "heute noch gelegentlich Schmerzen in dem inzwischen vernarbten Bereich verspürt" (UA S. 15) und in der der Tatrichter zu Recht auch eine von mehreren gemeinschaftlich begangene und damit gefährliche Körperverletzung (§ 223 a StGB) gesehen hat, ist keine typische Vorbereitungshandlung des Geschlechtsverkehrs, sondern weist einen eigenen Unrechtsgehalt auf. In dieser Handlung ist nach dem jetzt geltenden Recht eine vollendete Vergewaltigung (§ 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB) zu sehen. Deshalb ist das Tatzeitrecht - wovon der Tatrichter zutreffend ausgeht - milder.

2. Zur Festsetzung des Schmerzensgeldes führt das Landgericht lediglich aus, daß "in Anbetracht der Art und Intensität der Tatausführung, des Maßes der Gewaltanwendung sowie der körperlichen und seelischen Folgen für die Zeugin unter Berücksichtigung sowohl der Genugtuungs- als auch der Ausgleichsfunktion eines Schmerzensgeldanspruchs ein Betrag in Höhe von 15.000 DM als Entschädigung angemessen, aber auch ausreichend ist". Das genügt hier nicht. Maßgebend für die Höhe des Schmerzensgeldes sind nicht nur die Schwere der Tat und die durch sie verursachten Gesundheitsschäden des Verletzten, sondern regelmäßig auch die wirtschaftlichen Verhältnisse von Täter und Opfer (BGHR StGB § 403 Anspruch 3, 4; BGH StV 1996, 473). Daß sie berücksichtigt worden wären, ist dem Urteil - trotz der in der Begründung gebrauchten Formulierung "unter Berücksichtigung sowohl der Genugtuungs- als auch der Ausgleichsfunktion"- nicht zu entnehmen. In Anbetracht der festgestellten geringen Einkommensverhältnisse des Angeklagten und der Höhe des - an sich nicht unangemessenen - Schmerzensgeldes, liegt kein Fall vor, in dem sich eine ausdrückliche Erörterung erübrigt.

Der Ausspruch zum Schmerzensgeld braucht deshalb aber nicht gänzlich aufgehoben zu werden. Hat das Tatgericht dem Verletzten ein Schmerzensgeld zugesprochen und beanstandet das Revisionsgericht lediglich dessen Bemessung, so muß es zwar die Entscheidung zur Höhe aufheben, kann jedoch die Zuerkennung des Schmerzensgeldanspruchs dem Grunde nach aufrechterhalten (vgl. Senatsbeschluß vom 14. Oktober 1998 - 2 StR 436/98 - zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt).

3. Der Rechtsmittelerfolg des Beschwerdeführers ist so gering, daß es nicht geboten erscheint, ihn aus Billigkeitsgründen auch nur teilweise von der Kosten- und Auslagenlast freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).

Ende der Entscheidung

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