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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 10.06.2009
Aktenzeichen: 2 StR 76/09
Rechtsgebiete: StGB
Vorschriften:
StGB § 73c Abs. 1 |
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf Antrag des Generalbundesanwalts und
nach Anhörung des Beschwerdeführers
am 10. Juni 2009
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO
beschlossen:
Tenor:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 11. August 2008 im Ausspruch über den Verfall von Wertersatz mit den Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in acht Fällen und wegen weiterer Straftaten unter Einbeziehung früherer Urteile zu einer Jugendstrafe von sechs Jahren verurteilt und den Verfall von Wertersatz in Höhe eines Betrages von 37.500 EUR angeordnet. Die auf Verfahrensrügen und auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten ist zum Schuldspruch und zum Strafausspruch aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 26. Februar 2009 unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Hingegen kann sich der Senat dessen Antrag, die Anordnung des Wertersatzverfalls aufzuheben, nicht verschließen.
1.
Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte Rauschgiftgeschäfte mit einem Volumen von 37,5 Kilogramm Marihuana durchgeführt hat.
Für den Erwerb hat er regelmäßig unter 3 EUR pro Gramm gezahlt und einen darüber liegenden Verkaufspreis erlöst. Durch den Verkauf hat er insgesamt mehr als 112.500 EUR eingenommen. Da das Landgericht in den meisten Fällen weder den Einkaufspreis der Betäubungsmittel noch den Verkaufserlös konkret feststellen konnte, hat es den Gewinn des Angeklagten auf 1.000 EUR pro Kilogramm Marihuana geschätzt und diese Schätzung der Verfallsanordnung zu Grunde gelegt, weil es eine unbillige Härte für den Angeklagten wäre, den nicht um Einkaufskosten verringerten Erlös in voller Höhe zahlen zu müssen.
2.
Diese Begründung begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
a)
Zwar ist die Anwendung der Härtevorschrift des § 73 c StGB Sache des Tatrichters. Die Gewichtung der für das Vorliegen einer unbilligen Härte im Sinne des § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB maßgeblichen Umstände ist daher der inhaltlichen revisionsrechtlichen Überprüfung nicht zugänglich. Mit der Revision kann jedoch eine rechtsfehlerhafte Auslegung des Tatbestandsmerkmals "unbillige Härte" beanstandet werden. Eine solche ist etwa gegeben, wenn die Bejahung dieses Merkmals auf Umstände gestützt wird, die bei seiner Prüfung nicht zum Tragen kommen können (vgl. BGH wistra 2003, 424, 425 ; 2009, 23, 24).
b)
So liegt der Fall hier. Eine unbillige Härte i. S. von § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB kann nicht auf die vom Gesetzgeber mit der Einführung des Bruttoprinzips (vgl. BGHSt 47, 369 ) beabsichtigte Konsequenz gestützt werden, dass Aufwendungen für ein rechtswidriges Geschäft - hier der bezahlte Einkaufspreis - in den Verfallsbetrag fallen (vgl. BGH wistra 2003, 424, 425) . Andere Gründe für das Vorliegen einer unbilligen Härte hat das Landgericht nicht geprüft, auch nicht, ob die Voraussetzungen des § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alternative StGB vorliegen. Die Ausübung des dem Tatrichter durch § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alternative StGB eingeräumten Ermessens erfordert eine Gegenüberstellung des Wertes des aus den Straftaten Erlangten mit dem Wert des noch vorhandenen Vermögens. Zum Wert des noch vorhandenen Vermögens fehlen Feststellungen im Urteil. Der Senat kann nicht ausschließen, dass sich die rechtsfehlerhafte Annahme einer unbilligen Härte im Ergebnis zu Lasten des Angeklagten ausgewirkt hat, weil das Landgericht von weiteren Feststellungen zum Vorliegen eines Härtefalls abgesehen hat.
c)
Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass eine unbillige Härte i. S. des § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB nach ständiger Rechtsprechung nur dann in Betracht kommt, wenn die Anordnung des Verfalls schlechthin ungerecht wäre und das Übermaßverbot verletzen würde. Sie liegt nicht schon dann vor, wenn der Verfallsbetrag nicht beigetrieben werden kann oder der Betroffene vermögenslos geworden und unfähig ist, die Mittel für seinen Unterhalt aufzubringen (vgl. BGH Urteil vom 26. März 2009 - 3 StR 579/08).
Ende der Entscheidung
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