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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 21.05.2004
Aktenzeichen: 2 StR 84/04
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 265
StPO § 154 Abs. 2
StGB § 27 Abs. 2
StGB n.F. § 267 Abs. 3
StGB n.F. § 263 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

2 StR 84/04

vom 21. Mai 2004

in der Strafsache

gegen

wegen Betruges u.a.

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 21. Mai 2004 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 13. November 2002

a) im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte im Fall 176 der Beihilfe zur Urkundenfälschung in Tateinheit mit versuchtem Betrug schuldig ist,

b) im Ausspruch über die Einzelstrafe im Fall 102 und die Gesamtstrafe mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in neun Fällen, Beihilfe zum Betrug in Tateinheit mit Urkundenfälschung in fünf Fällen und wegen Hehlerei unter Einbeziehung einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren aus dem Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 18. Februar 2000 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Dagegen wendet sich die Revision des Angeklagten mit der Sachrüge. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im übrigen ist es unbegründet gemäß § 349 Abs. 2 StPO.

1. Die Verurteilung wegen Beihilfe zum (vollendeten) Betrug in Tateinheit mit Urkundenfälschung im Fall 176 der Urteilsgründe (Fall 209 der Anklage) hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand, da die Annahme eines vollendeten Betruges von den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen nicht getragen wird.

Nach den Feststellungen begaben sich der Angeklagte B. und der gesondert verfolgte D. am 16. Oktober 1998 in den Media-Markt H., um dort zuvor vom Angeklagten M. bestimmte Waren im Wert von 2.310,75 DM zu erwerben. Der Angeklagte B. wählte die Waren aus und verließ dann den Media-Markt, um vor dem Geschäft zu warten. Zur Finanzierung des Kaufpreises schloß D. unter Vorlage eines vom Angeklagten M. gefälschten vorläufigen Personalausweises und einer gefälschten Verdienstbescheinigung einen Darlehensvertrag über 10.802,47 DM unter falschen Personalien ab. Zur Übergabe der Waren und zur Auszahlung der Darlehenssumme kam es jedoch nicht, weil sich der D. verdächtig benahm und festgenommen wurde. Damit fehlt es an dem für die Vollendung des Betruges erforderlichen Eintritt eines Vermögensschadens, so daß sich der Angeklagte nur wegen Beihilfe zur (vollendeten) Urkundenfälschung in Tateinheit mit versuchtem Betrug strafbar gemacht hat.

Der Schuldspruch war danach wie geschehen zu ändern. § 265 StPO steht dem nicht entgegen. Es ist auszuschließen, daß sich der Angeklagte gegen den geänderten Schuldspruch wirksamer hätte verteidigen können.

Von der insoweit erforderlichen Umstellung des Schuldspruchs bleibt der Strafausspruch unberührt. Der Senat kann ausschließen, daß das Landgericht trotz des veränderten Schuldgehalts eine geringe Einzelstrafe als sieben Monate verhängt hätte. Die Einzelstrafe wäre dem gemäß § 27 Abs. 2 StGB gemilderten Strafrahmen des § 267 Abs. 3 StGB n.F. zu entnehmen gewesen, der dem von der Strafkammer angewendeten, gemilderten Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB n.F. entspricht. Die Annahme eines besonders schweren Falls der Urkundenfälschung wegen des gewerbsmäßigen Handelns des Angeklagten ist rechtsfehlerfrei. Die fehlende Vollendung des tateinheitlich begangenen Betruges verändert den Schuldgehalt nicht wesentlich.

2. Aufzuheben war hingegen der Strafausspruch im Fall 102 der Urteilsgründe (Fall 117 der Anklageschrift).

Nach den Feststellungen mietete der Angeklagte am 9. Februar 1998 unter Vorlage einer durch den Angeklagten M. gefälschten Verdienstbescheinigung unter dem Namen Ma. in E. eine Wohnung in der Absicht an, den Mietzins nicht zu bezahlen. Das Landgericht hat dies als besonders schweren Fall des Betruges in Form gewerbsmäßigen Handelns gewertet (§ 263 Abs. 3 Nr. 1 StGB n.F.) und eine Einzelstrafe von neun Monaten festgesetzt, obwohl die Tatzeit vor dem Inkrafttreten des 6. Strafrechtsreformgesetzes am 1. April 1998 lag. Eine Prüfung, ob das neue Recht milder ist als das Tatzeitrecht, hat das Landgericht rechtsfehlerhaft nicht vorgenommen. Das neue Recht ist wegen der geringeren Mindeststrafe nicht generell milder (BGH wistra 2001, 303). Die Erörterung war nicht entbehrlich, weil die Annahme eines besonders schweren Falls bei Anwendung des zur Tatzeit geltenden Rechts sich hier nicht von selbst versteht. Die Gewerbsmäßigkeit des Handelns allein reichte unter der Geltung des alten Rechts hierzu regelmäßig nicht aus, vielmehr war eine Gesamtwürdigung von Tat und Täterpersönlichkeit vorzunehmen (BGHR StGB § 263 Abs. 3 Gesamtwürdigung 1 und 2; BGH, Beschl. vom 19. Juli 2001 - 3 StR 203/01, insoweit nicht abgedruckt in NStZ 2001, 650). Die Einzelstrafe muß daher erneut zugemessen werden.

3. Die Aufhebung der Einzelstrafe zieht die Aufhebung der an sich schon milden Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten nach sich. Im Rahmen der erneuten Gesamtstrafenbildung wird der Tatrichter auch die erhebliche Verfahrensverzögerung zwischen der Urteilsverkündung am 13. November 2002 und dem Eingang der Akten beim Bundesgerichtshof am 24. März 2004 zu bedenken haben. Ob insoweit bereits eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung vorliegt, welche hier vom Revisionsgericht von Amts wegen zu berücksichtigen wäre (ständige Rechtsprechung, vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 8 und 10), kann deshalb letztlich offenbleiben.

4. Dem Antrag des Generalbundesanwalts, das Verfahren in den Fällen 139, 159 und 177 der Urteilsgründe gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig einzustellen, war nicht zu entsprechen, weil es in diesen Fällen an einer wirksamen Anklageerhebung fehlt.

Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Aachen vom 15. Juli 2001 legte dem Angeklagten M. und nicht dem Angeklagten B. in den Fällen 167 und 210 (139 und 177 der Urteilsgründe) die betrügerische Anmietung der Wohnungen in L. und E. unter den Alias-Namen En. und W. zur Last. Eine entsprechende Nachtragsanklage gegen den Angeklagten B. wurde nicht erhoben.

Die unter Fall 159 der Urteilsgründe festgestellte Anmietung einer Wohnung in A. durch den Angeklagten B. als We. ist ebenfalls nicht angeklagt. Die Anklageschrift enthält zwar im Zusammenhang mit einer anderen Tat (Fall 187 der Anklage) den prozessualen Sachverhalt, sie wertet ihn jedoch im abstrakten Anklagesatz nicht als eigenständigen Betrugsvorwurf. Der Verfolgungswille der Staatsanwaltschaft erstreckt sich daher nicht auf diesen Vorwurf.

Ende der Entscheidung

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