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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 03.05.2006
Aktenzeichen: 2 StR 89/06
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 2
StPO § 354 Abs. 1 a Satz 1
StGB § 177 Abs. 1 Ziffer 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2 StR 89/06

vom 3. Mai 2006

in der Strafsache

gegen

wegen Vergewaltigung u. a.

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 3. Mai 2006, an der teilgenommen haben:

Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Rissing-van Saan und die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Otten, die Richter am Bundesgerichtshof Rothfuß, Prof. Dr. Fischer, die Richterin am Bundesgerichtshof Roggenbuck,

Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof in der Verhandlung, Staatsanwalt bei der Verkündung als Vertreter der Bundesanwaltschaft,

Rechtsanwalt als Verteidiger,

Justizangestellte in der Verhandlung, Justizangestellte bei der Verkündung als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 14. September 2005 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Vorwurf der tateinheitlich begangenen Vergewaltigung entfällt.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch eines Kindes zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.

Sein Rechtsmittel hat mit der Sachrüge nur in geringem Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

Das Landgericht hat zum Tatgeschehen unter anderem folgende Feststellungen getroffen:

Der Angeklagte lebte längere Zeit mit seiner Lebensgefährtin und deren beiden Töchtern in der Wohnung seiner Lebensgefährtin zusammen. Die jüngere Tochter - die Geschädigte - ist am 30.7.1991 geboren. Der Angeklagte fühlte sich zu ihr hingezogen; er war über ihr Alter informiert.

An einem Tag im August 2004 kam der Angeklagte in die Wohnung, als seine Lebensgefährtin gemeinsam mit der älteren Tochter nicht anwesend waren und die Geschädigte in dem Bett ihrer Mutter lag und schlief. Der Angeklagte war von dieser Situation sehr erregt und begab sich in das Zimmer, in dem die Geschädigte schlief. Dort kleidete er sich aus und zog der Geschädigten die Unterhose aus. Er streichelte die Geschädigte zunächst, und nachdem sie sich nicht wehrte, führte er sein erigiertes Glied in ihre Scheide ein und führte mit ihr den ungeschützten Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguss aus. Dabei wandte der Angeklagte keine Gewalt an, und die Geschädigte leistete keine Gegenwehr, sondern ließ den Geschlechtsverkehr über sich ergehen.

Aus diesem Geschlechtsverkehr resultierte eine Schwangerschaft der Geschädigten, die erst in der 22. Schwangerschaftswoche entdeckt wurde. Die Geschädigte hatte sich im Januar 2005 wegen Unterleibsschmerzen einer ärztlichen Untersuchung durch die Schwester ihrer Mutter unterzogen, und diese hatte die Geschädigte in ein Krankenhaus verwiesen, wo die Schwangerschaft festgestellt wurde.

Das Landgericht hat die Tat des Angeklagten als schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes (§ 176 a Abs. 2 Nr. 1 StGB) gewürdigt und in Tateinheit stehend eine Vergewaltigung angenommen, da der Angeklagte mit der Geschädigten den Beischlaf unter Ausnutzung ihrer schutzlosen Lage im Sinne des § 177 Abs. 1 Ziffer 3 StGB vollzogen habe.

Diese Feststellungen tragen eine Verurteilung wegen Vergewaltigung (§ 177 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB) nicht.

Der Tatrichter hat einen der Tat des Angeklagten entgegenstehenden Willen des Tatopfers weder ausdrücklich festgestellt noch lässt sich dieser den Urteilsgründen in ihrer Gesamtheit hinreichend entnehmen. Die Verurteilung wegen Vergewaltigung hat danach keinen Bestand.

Der Senat schließt im Hinblick auf das glaubhafte Geständnis des Angeklagten aus, dass ein neuer Tatrichter Feststellungen treffen könnte, die zu einer Verurteilung auch wegen Vergewaltigung führen. Auch steht der Opferschutzgedanke hier eine Vernehmung der Geschädigten entgegen, worauf bereits der Tatrichter hingewiesen hat (UA S. 4).

Der Senat hat demgemäß den Schuldspruch selbst geändert.

Der Strafausspruch kann bestehen bleiben. Der Senat kann zwar letztlich nicht sicher ausschließen, dass der Tatrichter ohne Bejahung einer tateinheitlich begangenen Vergewaltigung eine niedrigere Strafe verhängt hätte, da er - wenn auch nur maßvoll (UA S. 7) - das Vorliegen auch einer Vergewaltigung strafschärfend berücksichtigt hat.

Der Senat hält jedoch insbesondere im Hinblick auf die dem Angeklagten vorzuwerfenden erheblichen Tatfolgen bei der Geschädigten die verhängte Freiheitsstrafe von fünf Jahren für angemessen im Sinne des § 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO.

Der geringfügige Erfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten auch nur teilweise von den Kosten seines Rechtmittels zu entlasten (§ 473 Abs. 4 StPO).

Ende der Entscheidung

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