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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 13.02.2002
Aktenzeichen: 3 BJs 1/01 - 4 (1) (1)
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 102
StPO § 304 Abs. 5
StPO § 98 Abs. 2 Satz 1
StGB § 86
StGB § 86 a
StGB § 130
StGB § 306
StGB § 306 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

3 BJs 1/01 - 4 (1) StB 1/02

vom

13. Februar 2002

in dem Ermittlungsverfahren

gegen

wegen Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung u.a.

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 13. Februar 2002 gemäß § 304 Abs. 5 StPO beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Beschuldigten K. gegen den Beschluß des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 19. September 2001 wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1. Der Generalbundesanwalt führt gegen den Beschwerdeführer und weitere Beschuldigte ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und weiterer Straftaten. Auf seinen Antrag hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs mit Beschluß vom 19. September 2001 die Durchsuchung der Wohnung des Beschwerdeführers in der P. str. 10 in B. , der dort sonst von ihm genutzten Räume und der ihm gehörenden Sachen gestattet. Die Durchsuchung ist am 5. Dezember 2001 durchgeführt worden. Am 9. Dezember 2001 hat der Beschuldigte Beschwerde gegen die Durchsuchungsanordnung eingelegt und unter anderem die Herausgabe der bei der Durchsuchung beschlagnahmten Gegenstände beantragt. Ein Teil der Gegenstände wurde dem Beschuldigten darauf wieder ausgehändigt. Bezüglich der übrigen hat der Generalbundesanwalt beim Ermittlungsrichter gemäß § 98 Abs. 2 Satz 1 StPO die Bestätigung der Beschlagnahme beantragt.

2. Die Beschwerde gegen den Durchsuchungsbeschluß ist zulässig (§ 304 Abs. 5 StPO). Dem steht nicht entgegen, daß die Durchsuchung aufgrund des Beschlagnahmebestätigungsantrags des Generalbundesanwalts und der Herausgabe der übrigen beschlagnahmten Gegenstände bereits abgeschlossen ist (vgl. BGH NJW 1995, 3397). Denn die Notwendigkeit eines effektiven Rechtsschutzes gegen den Eingriff in das Grundrecht des Beschuldigten aus Art. 13 Abs. 1 GG gebietet, daß auch nach Abschluß der Durchsuchung deren Rechtmäßigkeit mit dem grundsätzlich gegen diese Ermittlungsmaßnahme gesetzlich vorgesehenen Rechtsmittel zur Überprüfung gestellt werden kann (BVerfGE 96, 27; BGHR StPO § 304 Abs. 5 Durchsuchung 1; BGH NJW 2000, 84, 85). Die Entscheidungskompetenz des Senats beschränkt sich indessen auf die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Durchsuchungsanordnung. Über die Einwände des Beschuldigten gegen die Art und Weise des Vollzugs der Durchsuchung und gegen die von den Ermittlungsbehörden hierbei ohne richterliche Anordnung ausgesprochenen Beschlagnahmen hat dagegen der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs zu befinden (§ 98 Abs. 2 Satz 2, § 169 Abs. 1 Satz 2 StPO; BGHSt 45, 183; BGH NJW 2000, 84, 86). Auch zur Entscheidung über die Anträge auf Pflichtverteidigerbestellung und Entschädigung wegen Verdienstausfalls ist der Senat nicht berufen.

Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Der Durchsuchungsbeschluß gegen den Beschuldigten ist rechtmäßig ergangen. Die Anordnungsvoraussetzungen des § 102 StPO lagen vor.

Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs hat in noch vertretbarer Weise den Anfangsverdacht der Mitgliedschaft des Beschuldigten in einer terroristischen Vereinigung und damit auch seine Zuständigkeit für den Erlaß des Durchsuchungsbeschlusses bejaht (§ 142 a Abs. 1 Satz 1, § 120 Abs. 1 Nr. 6 GVG, § 169 Abs. 1 Satz 2 StPO). Aufgrund der seit Anfang des Jahres 2000 im Raum P. begangenen Straftaten mit rechtsradikalem Hintergrund, die insbesondere aufgrund von Bekennerschreiben oder -anrufen einer sich als "Nationale Bewegung" bezeichnenden Gruppierung zuzurechnen sind und zu denen neben Delikten nach §§ 86, 86 a, 130 StGB auch Brandstiftungen zählen (Brandlegung an zwei türkischen Imbißständen und an der Trauerhalle des jüdischen Friedhofs in P. ) bestehen hinreichende Anhaltspunkte dafür, daß sich unter dem genannten Namen eine Vereinigung gebildet hat, deren Zwecke oder Tätigkeit darauf gerichtet sind, auch gemeingefährliche Straftaten im Sinne der §§ 306, 306 a StGB zu begehen (§ 129 a Abs. 1 Nr. 2 StGB).

Es bestehen auch tatsächliche Hinweise darauf, daß der Beschuldigte dieser Gruppierung angehören könnte. Unter dem Signum der "Nationalen Bewegung" waren am 10. Januar und 29. März 2000 Drohbriefe an den Zeugen Bo. als leitendes Mitglied der "Kampagne gegen die Wehrpflicht" gerichtet worden. Es besteht aufgrund zeitlicher Zusammenhänge der dringende Verdacht, daß diese Briefe von dem Mitbeschuldigten Ilja S. stammen und im Zusammenhang mit einem Strafverfahren stehen, das gegen S. wegen eines früheren Drohanrufs bei dem Zeugen Bo. durchgeführt wurde. Auch bezüglich des nach den vorliegenden Erkenntnissen ebenfalls der rechtsradikalen Szene angehörenden Beschuldigten besteht der dringende Verdacht, daß er bereits an Aktionen gegen die "Kampagne gegen die Wehrpflicht" beteiligt war. Denn eine an diese Organisation gerichtete fingierte e-mail, durch die ein anderes Mitglied der "Kampagne" diffamiert werden sollte, wurde von dem e-mail-Anschluß "m. .net" abgesandt. "M. " ist indessen der Spitzname des Beschuldigten, wie sich aus einer Grußanzeige in der Szenezeitschrift "Bl. " ergibt, in der ein "M. " als Mitglied der Musikgruppe "U. " seine Ehefrau Sa. und seine Tochter V. grüßt. Diese Vornamen sind diejenigen der Ehefrau und der Tochter des Beschuldigten. Aus dieser Anzeige ergibt sich im übrigen eine Verbindung des Beschuldigten zu dem Mitbeschuldigten S. . Denn die Grüße richten sich auch an die Musikgruppe "Pr. ", deren Mitglied S. ist.

Auch bezüglich der übrigen Voraussetzungen des § 102 StPO bestehen keine Bedenken, insbesondere ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt.

Die Beschwerde des Beschuldigten ist daher kostenpflichtig (§ 473 Abs. 1 Satz 1 StPO) zu verwerfen.

Ende der Entscheidung

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