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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 08.05.2008
Aktenzeichen: 3 StR 102/08
Rechtsgebiete: StGB
Vorschriften:
StGB § 249 Abs. 1 | |
StGB § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a | |
StGB § 250 Abs. 2 Nr. 1 |
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES Urteil
vom 8. Mai 2008
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen zu 1., 2. und 4.: schweren Raubes
zu 3.: Beihilfe zum schweren Raub
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 8. Mai 2008, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Becker, die Richter am Bundesgerichtshof Pfister, Dr. Kolz, Hubert, Dr. Schäfer als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof Dr. in der Verhandlung,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof bei der Verkündung als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten M., Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 3. September 2007 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagten B. , La. und L. jeweils des schweren Raubes, den Angeklagten M. der Beihilfe zum schweren Raub schuldig gesprochen. Den Angeklagten B. hat es deswegen zur Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten La. zur Freiheitsstrafe von fünf Jahren sowie den Angeklagten L. unter Einbeziehung einer Vorstrafe zur Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt. Gegen den Angeklagten M. hat es eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verhängt. Die hiergegen gerichtete, zu Ungunsten der Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft rügt die Verletzung sachlichen Rechts. Die Beschwerdeführerin beanstandet insbesondere, dass das Landgericht die Tat nicht als besonders schweren Raub gemäß § 249 Abs. 1, § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB gewürdigt hat. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat Erfolg.
1. Die Auffassung des Landgerichts, der unbekannte Mittäter der Angeklagten habe, als er mit dem mit einer Hand schräg vor seine Brust gehaltenen, etwa 60 cm langen Baseballschläger aus Metall dem Opfer allein gegenübertrat, in objektiver Hinsicht lediglich den Qualifikationstatbestand des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB, nicht aber den des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB verwirklicht, hält rechtlicher Prüfung nicht stand.
Zutreffend geht das Landgericht allerdings zunächst davon aus, dass es sich bei dem Baseballschläger um ein gefährliches Werkzeug im Sinne beider Qualifikationsvarianten handelte; denn ein Baseballschläger ist ein Gegenstand, der nach seiner objektiven Beschaffenheit geeignet ist, einem Opfer erhebliche Körperverletzungen zuzufügen, wenn er als Schlagwerkzeug eingesetzt wird (s. nur Sander in MünchKomm, StGB § 250 Rdn. 61).
Dieses gefährliche Werkzeug hat der Täter nicht nur bei sich geführt, sondern im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB verwendet.
Der Begriff des Verwendens umfasst jeden zweckgerichteten Gebrauch (vgl. Sander aaO § 250 Rdn. 58). Nach der Konzeption der Raubdelikte bezieht sich das Verwenden auf den Einsatz des Nötigungsmittels im Grundtatbestand, so dass es immer dann zu bejahen ist, wenn der Täter zur Wegnahme einer fremden beweglichen Sache eine Waffe oder ein gefährliches Werkzeug gerade als Mittel entweder der Gewalt gegen eine Person oder der Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben gebraucht (vgl. BGHSt 45, 92 m. w. N.; BGH, Beschl. vom 3. Februar 1999 - 1 ARs 1/99; Sander aaO § 250 Rdn. 58). Dabei setzt (vollendetes) Verwenden zur Drohung voraus, dass das Opfer das Nötigungsmittel als solches erkennt und die Androhung seines Einsatzes wahrnimmt. Drohung ist das Inaussichtstellen eines künftigen Übels, auf das der Drohende Einfluss hat oder zu haben vorgibt (vgl. BGHSt 16, 386) und dessen Verwirklichung er nach dem Inhalt seiner Äußerung für den Fall des Bedingungseintritts will. Die Äußerung der Drohung kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. § 240 Rdn. 31 m. w. N.). Kein Verwenden ist das bloße Mitsichführen und zwar grundsätzlich auch dann nicht, wenn es offen erfolgt (vgl. BGH NStZ-RR 1999, 15; 2004, 169; Fischer aaO § 250 Rdn. 18).
Danach hat der unbekannte Täter, indem er dem Opfer in der festgestellten Weise mit dem Baseballschläger entgegengetreten ist, den Tatbestand des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB objektiv verwirklicht. Durch das Halten des Baseballschlägers schräg vor den Oberkörper drohte der maskierte Täter konkludent damit, bei Widerstand und Nichtbefolgung seiner (künftigen) Forderungen mit diesem zuzuschlagen. Für die schlüssige Androhung der Verwendung des Baseballschlägers als Schlagwerkzeug genügte die Präsentation dieses insofern außerordentlich gefährlichen Gegenstandes in der festgestellten Art und Weise. Entgegen der Annahme des Landgerichts bedurfte es weiterer Handlungen, wie etwa Drohbewegungen oder drohender Äußerungen, nicht. Rechtlich unzutreffend ist in diesem Zusammenhang das Argument der Strafkammer, bei der Verwendung bereits objektiv sehr gefährlicher Gegenstände, wie Waffen, Messern oder auch Baseballschlägern, deren bloßer Anblick von einem verständigen Betrachter in der Situation eines Überfalls bereits als schlechthin bedrohlich wahrgenommen werde, müsse gerade deswegen eine über das sichtbare "Vor-den-Körper-Halten" hinausgehende Handlung des Täters hinzukommen, die auf seine Drohintention schließen lasse. Unabhängig davon, dass hier das Schlagwerkzeug nicht nur schlicht getragen wurde, ist gerade das Gegenteil der Fall: Von besonders gefährlichen Werkzeugen, insbesondere von Waffen, kann nämlich schon allein von ihrem verdeckten, aber von dem Bedrohungsopfer erkannten Tragen eine hinreichende Drohwirkung ausgehen (vgl. BGH NStZ-RR 1999, 7). Dies muss erst recht für ein offenes, für die zu bedrohende Person deutlich wahrnehmbares Vorzeigen solcher Werkzeuge gelten (vgl. BGH NStZ-RR 2004, 108).
Diese Drohung, die bei dem Tatopfer nach dessen Reaktion die entsprechende einschüchternde Wirkung hervorrief, hatte der Täter nahe liegend auch beabsichtigt. Schon die Mitnahme des Baseballschlägers und seine konkrete Präsentation gegenüber dem Opfer geben hierauf einen deutlichen Hinweis.
2. Soweit das Landgericht die Verurteilung der Angeklagten wegen besonders schweren Raubes bzw. Beihilfe hierzu ferner auch deswegen abgelehnt hat, weil allein deren Kenntnis vom Vorhandensein des Baseballschlägers noch nicht den Schluss zulasse, sie hätten auch dessen Einsatz gebilligt, vielmehr könne zu Gunsten der Angeklagten nicht ausgeschlossen werden, dass sie darauf vertrauten, allein ihr übermächtiges Auftreten werde die Hausbewohner gefügig machen, liegt dem eine rechtsfehlerhafte Beweiswürdigung zu Grunde.
Bereits die Anwendung des Zweifelssatzes ist verfehlt; denn er gebietet es nicht, zu Gunsten des Angeklagten zum objektiven wie zum subjektiven Tatbestand einen Sachverhalt zu unterstellen, für dessen Vorliegen nach den festgestellten Umständen nichts spricht (st. Rspr.; vgl. BGHSt 34, 29, 34; BGH NStZ 2005, 155; 2006, 652 m. w. N.). Im Übrigen kann er nur dann eingreifen, wenn der Tatrichter nach umfassender Würdigung aller maßgeblichen Umstände und Beweisanzeichen von einem den Angeklagten belastenden Sachverhalt keine ausreichend sichere Überzeugung zu gewinnen vermag. An einer derartigen Abwägung aller in diesem Zusammenhang maßgeblichen Gesichtspunkte fehlt es hier; denn die Beweiswürdigung des Landgerichts weist zu der Vorstellung der Angeklagten über eine mögliche Verwendung des Baseballschlägers Lücken auf und ist somit rechtsfehlerhaft. Insoweit wäre Folgendes zu erwägen gewesen:
Das Mitführen des Baseballschlägers machte nur dann Sinn, wenn mit ihm zumindest durch die Androhung eines Zuschlagens erwarteter oder tatsächlich geleisteter Widerstand anwesender Personen überwunden werden sollte. Ungeachtet des Fehlens einer entsprechenden ausdrücklichen Feststellung im Sachverhalt geht auch das Landgericht von diesem Zweck aus. Denn es führt im Rahmen der Beweiswürdigung aus, die vier Angeklagten hätten damit gerechnet, dass es die "mögliche Gegenwehr von anwesenden Hausbewohnern zu überwinden galt" und dass "die geplante Mitnahme eines Angriffswerkzeugs" aus Sicht der Täter "sinnvoll" war, da es sich bei dem Überfallenen um einen Jäger handelte, "in dessen Haus mit dem Vorhandensein von Jagdwaffen gerechnet werden musste". Hinzu kommt die nach den Vorbereitungen der Tat ersichtlich vorhandene Vorstellung aller Tatbeteiligten, dass sich die Tageseinnahmen in einem verschlossenen Tresor befanden und deshalb die zugehörige Zahlenkombination nur über die Bedrohung von anwesenden Personen erlangt werden konnte. Wegen der nach diesem Tatplan notwendigen Konfrontation mit Personen hatten sie sich maskiert und Fesselungsmaterial mitgeführt. Vor diesem Hintergrund lag der Schluss, dass der mitgeführte Baseballschläger nach der Vorstellung der Angeklagten der Bedrohung anwesender Personen dienen sollte, zumindest ausgesprochen nahe; denn ein sonstiger vernünftiger Grund für die Mitnahme des Baseballschlägers war nicht ersichtlich. Da sich das Landgericht damit nicht auseinandergesetzt hat, hält auch seine zusätzliche Erwägung zur subjektiven Tatseite revisionsgerichtlicher Prüfung nicht stand. Dies gilt auch hinsichtlich des Angeklagten M. . Dieser ist nach den Feststellungen zwar im Fluchtfahrzeug zurück geblieben. Er kannte aber alle Einzelheiten des gemeinsamen Tatplanes und wusste insbesondere von dem Mitführen der vorhandenen Tatmittel einschließlich des Baseballschlägers.
3. Die Sache bedarf daher der Verhandlung und Entscheidung durch einen neuen Tatrichter. Dieser wird unter Würdigung sämtlicher Beweise zunächst zu prüfen haben, ob tatsächlich ein den übrigen Tatbeteiligten völlig Unbekannter ukrainischer oder litauischer Herkunft oder doch der Angeklagte M. in das Haus eingedrungen ist. Auch insoweit gilt, dass die bestreitende Einlassung eines Angeklagten nicht unkritisch übernommen werden darf und dass der Tatrichter nicht von der dem Angeklagten günstigsten Fallgestaltung auch dann ausgehen muss, wenn hierfür keine Anhaltspunkte bestehen (s. o. 2.; vgl. auch Meyer-Goßner, StPO 50. Aufl. § 261 Rdn. 26).
Sollte der neue Tatrichter wiederum zu dem Beweisergebnis kommen, der Angeklagte M. sei nicht in das Haus eingedrungen, so wird er zur Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe dessen Tatbeteiligung nach den gesamten Umständen, die von der Vorstellung dieses Angeklagten umfasst waren, in wertender Betrachtung zu beurteilen haben. Wesentliche Anhaltspunkte für die rechtliche Einordnung können der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein, ob also die Durchführung und der Ausgang der Tat - zumindest nach der Vorstellung des Angeklagten M. - maßgeblich auch von seinem Willen abhängen sollten (st. Rspr.; vgl. BGHSt 28, 346, 348; 37, 289, 291 m. w. N.; BGH NStZ 2000, 482, 483; BGH, Urt. vom 11. Mai 2006 - 3 StR 23/06).
Ende der Entscheidung
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