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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 29.05.2007
Aktenzeichen: 3 StR 179/07
Rechtsgebiete: StPO, StGB
Vorschriften:
StPO § 349 Abs. 4 | |
StGB § 24 Abs. 1 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 29. Mai 2007
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Totschlags u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 29. Mai 2007 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Tenor:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 12. Januar 2007 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die dem Nebenkläger dadurch entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und einen Entschädigungsanspruch des Geschädigten dem Grund nach für gerechtfertigt erklärt. Die hiergegen eingelegte Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg.
1. Nach den Feststellungen kam es zwischen dem Angeklagten und dem mit ihm zerstrittenen A. zu einer tätlichen Auseinandersetzung. Mit den Worten "Ich mache Dich alle" schlug und trat der Angeklagte auf das Tatopfer ein, das vornüber zu Boden fiel, wobei der Angeklagte mit seinem linken Arm dessen Hals umklammerte. Er kam auf dem Rücken des Geschädigten zum Liegen, hielt weiterhin seinen Arm fest um dessen Hals und würgte ihn. Dabei äußerte er "Es ist mir egal; ich bring Dich um". Mindestens 15 bis 20 Sekunden drückte der Angeklagte den Hals des Tatopfers so fest zu, dass dieses keine Luft mehr bekam und bewusstlos wurde. Die Gewalteinwirkung war konkret lebensbedrohlich, was dem Angeklagten klar war. Er rechnete auch damit, dass A. getötet werden könnte, nahm dies aber gleichwohl billigend in Kauf. Neben Blutergüssen und Abschürfungen erlitt der Geschädigte, der mindestens zehn Minuten bewusstlos war, Stauungsblutungen in beiden Augen sowie eine punktförmige Einblutung in der Unterlippenschleimhaut. Der Angeklagte, der sah, dass das Tatopfer mit geschlossenen Augen bewusstlos am Boden lag, stand auf, entfernte sich vom Tatort und erstattete bei der Polizei Anzeige.
Das Landgericht hat aus der objektiven erheblichen Gefährlichkeit der Tathandlung, den Äußerungen des Angeklagten und dem Umstand, dass er sich vom Tatort entfernte, ohne Hilfe für das bewusstlose Tatopfer herbeizuholen, auf einen bedingten Tötungsvorsatz geschlossen. Einen strafbefreienden Rücktritt vom Versuch des Totschlags gemäß § 24 Abs. 1 StGB hat es verneint und hierzu im Wesentlichen ausgeführt: Der Versuch sei beendet gewesen, weil der Angeklagte nach Beendigung des Würgevorgangs den Eintritt des Todes für möglich gehalten habe. Denn wegen der erkannten Bewusstlosigkeit des Geschädigten habe er mit der nicht fern liegenden Möglichkeit rechnen müssen, dass dazu kein weiteres Handeln mehr erforderlich sei. Beim Verlassen des Tatortes habe er nicht mehr glauben können, ohne weiteres Zutun werde der Erfolg nicht eintreten.
2. Die Begründung, mit der das Landgericht einen beendeten Versuch angenommen hat, hält rechtlicher Prüfung nicht Stand.
Ein Versuch ist beendet, wenn der Täter nach der letzten Ausführungshandlung die tatsächlichen Umstände, die einen Erfolgseintritt nahe legen, erkennt oder wenn er den Erfolgseintritt in Verkennung der tatsächlichen Ungeeignetheit der Handlung für möglich hält (BGHSt 33, 295, 299; Tröndle/Fischer, StGB 54. Aufl. § 24 Rdn. 14). Die im Urteil verwendete Formulierung, der Angeklagte habe damit "rechnen müssen", dass der Tod ohne weiteres Handeln eintreten könne, belegt eine solche Vorstellung nicht. Diese ist nur dann gegeben, wenn der Angeklagte die Möglichkeit des Todeseintritts tatsächlich erkannt oder sich überhaupt keine Vorstellungen über die Folgen seines Tuns gemacht hat (BGHSt 40, 304, 306; Tröndle/Fischer aaO). Angesichts der weiteren Feststellungen der Strafkammer, insbesondere der relativ kurzen Zeit des freiwillig beendeten Würgevorgangs, der affektiv aufgeladenen Tatsituation und der sofortigen Strafanzeige bei der Polizei liegt eine entsprechende Vorstellung des Angeklagten auch nicht auf der Hand.
Ende der Entscheidung
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