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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 09.07.2003
Aktenzeichen: 3 StR 225/03
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 4
StPO § 349 Abs. 2
StGB § 56 Abs. 1
StGB § 56 Abs. 2 Satz 1
StGB § 56 Abs. 2 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

3 StR 225/03

vom

9. Juli 2003

in der Strafsache

gegen

wegen versuchter sexueller Nötigung u. a.

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 9. Juli 2003 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 31. Januar 2003 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit es das Landgericht abgelehnt hat, die Vollstreckung der gegen den Angeklagten verhängten Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter sexueller Nötigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, soweit es sich gegen den Schuldspruch und die Bemessung der gegen den Angeklagten verhängten Freiheitsstrafe wendet. Dagegen hat die Entscheidung des Landgerichts, die Vollstreckung dieser Strafe nicht zur Bewährung auszusetzen, keinen Bestand.

Das Landgericht hat die Strafaussetzung zur Bewährung versagt, weil es an besonderen Umständen in der Tat und der Persönlichkeit des Angeklagten fehle (§ 56 Abs. 2 Satz 1 StGB). Milderungsgründe von besonderem Gewicht seien nicht ersichtlich. Zwar seien zwischen der Tat und dem Urteil schon mehr als zwei Jahre verstrichen und liege die verhängte Freiheitsstrafe nur sechs Monate über der Grenze von einem Jahr, bis zu der eine Freiheitsstrafe gemäß § 56 Abs. 1 StGB allein bei günstiger Sozialprognose zur Bewährung auszusetzen sei. Jedoch habe bei der Gesamtwürdigung berücksichtigt werden müssen, daß der Angeklagte nicht davor zurückgeschreckt sei, seine teilweise noch jugendlichen Familienangehörigen zu Falschaussagen zu seinen Gunsten zu veranlassen. Mit diesen Erwägungen hat das Landgericht wesentliche Gesichtspunkte außer Betracht gelassen, die im Rahmen der gebotenen umfassenden Würdigung von Tat und Täterpersönlichkeit für das Vorliegen besonderer Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 Satz 2 StGB sprechen können. Seine Entscheidung hält rechtlicher Prüfung daher nicht stand.

Das Landgericht hat sich bereits nicht damit befaßt, ob dem Angeklagten eine positive Sozialprognose im Sinne des § 56 Abs. 1 StGB gestellt werden kann. Über diese Frage ist jedoch vorab zu befinden; denn die Erwartung, der Angeklagte werde sich künftig straffrei führen, ist auch bei der Beurteilung von Bedeutung, ob besondere Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 Satz 1 StGB vorliegen (BGH NStZ 1997, 434 m. w. N.). Darüber hinaus hat das Landgericht weitere Gesichtspunkte nicht erkennbar in seine Würdigung einbezogen, die bei der Prüfung der Persönlichkeit des Angeklagten nach § 56 Abs. 2 Satz 1 StGB nicht unberücksichtigt bleiben durften. Es hat weder erwogen, daß der Angeklagte nicht vorbestraft ist (vgl. BGH StV 1993, 521, 522; 1998, 260), noch, daß der erstmalige Strafvollzug für den Angeklagten wegen seines relativ vorgerückten Alters eine besondere Belastung darstellt (vgl. BGH StV 1998, 260). Der Senat vermag nicht auszuschließen, daß das Landgericht bei Berücksichtigung dieser Umstände zu einer abweichenden Würdigung gelangt wäre. Über die Bewährungsfrage ist daher nochmals zu befinden.



Ende der Entscheidung

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