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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 31.08.2006
Aktenzeichen: 3 StR 237/06
Rechtsgebiete: BGB, StPO


Vorschriften:

BGB § 823 Abs. 2
StPO § 344 Abs. 2 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

3 StR 237/06

vom 31. August 2006

in der Strafsache

gegen

wegen Diebstahls u. a.

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 31. August 2006 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 25. Januar 2006 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

Ergänzend bemerkt der Senat:

1. Soweit der Verteidiger Rechtsanwalt B. aus M. in seiner Revisionsbegründung und seiner Stellungnahme zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts unter verschiedenen Aspekten das Verfahren im Zusammenhang mit der Vernehmung der Hauptbelastungszeugin beanstandet, ist ein Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten nicht dargetan. Diese Rügen und die Schilderung der Befragung der Zeugin durch den Verteidiger des Angeklagten in den Urteilsgründen geben dem Senat aber Veranlassung, auf die Fürsorgepflicht des Gerichts, die der Angeklagte für sich in Anspruch nehmen will, gegenüber dem Opfer hinzuweisen. In dem Urteil heißt es dazu (UA S. 57, 58):

"Die Vernehmung der Zeugin durch die Kammer, die Staatsanwaltschaft, den Nebenklägervertreter und die Sachverständigen hat insgesamt unter 2 Stunden angedauert. Daran hat sich über mehrere Sitzungstage die intensive Befragung des Verteidigers angeschlossen. Dabei ist festzustellen, dass das Tatgeschehen von seinem eigentlichen Ablauf her einfach gelagert und wenig komplex ist. Insofern war die Beweiserhebung nicht schwierig. Im Hinblick auf die im Raume stehenden schweren Rechtsfolgen -Sicherungsverwahrung bzw. mittelbar der Widerruf der lebenslangen Freiheitsstrafe- hat die Kammer dem Verteidiger zugestanden, den Kreis der abzufragenden Themenkomplexe außerordentlich weit zu ziehen, zumal die Zeugin einzige unmittelbare Tatzeugin ist. Jedoch hat der Verteidiger im Rahmen seiner mehrstündigen Vernehmung zeitweilig auch diese Grenzen überschritten, etwa bei zahlreichen Fragen und anschließenden Nachfragen zu einem ihrer -durch Suizid verstorbenen Halbbrüder K. , der möglicherweise mit ihrer Halbschwester G. ein behindertes Kind gezeugt hat. Die vom Verteidiger auf die jeweiligen Rügen/Nachfragen des Vorsitzenden wortreich angekündigte spätere Erkenntnis eines Sachbezuges zu den eigentlichen Beweisfragen blieb dabei vielfach allerdings aus."

Dieses Verfahren des Landgerichts ist - wodurch der Angeklagte allerdings nicht beschwert ist - nicht unbedenklich. Das Gericht ist verpflichtet, bei seiner Entscheidung über den Umfang der Beweisaufnahme Opferschutzin-teressen in seine Erwägungen einzubeziehen (BGH NJW 2005, 1519). Das bedeutet auch, das Opfer vor einer rechtsstaatswidrigen Verteidigung des Angeklagten zu schützen (BGH NStZ 2005, 579, 580).

Auch sonst gibt die Verteidigung des Angeklagten dem Senat Anlass, erneut darauf hinzuweisen, dass die Strafjustiz auf Dauer an ihre Grenzen stößt, wenn die Verteidigung in Strafverfahren, wie der Senat zunehmend beobachtet, zwar formal korrekt und im Rahmen des Standesrechts geführt wird, sich aber dem traditionellen Ziel des Strafprozesses, der Wahrheitsfindung in einem prozessordnungsgemäßen Verfahren, nicht mehr verpflichtet fühlt und die durch die Strafprozessordnung gewährleisteten Verfahrensrechte in einer Weise nutzt, die mit der Wahrnehmung ihrer Aufgabe, den Angeklagten vor einem materiellen Fehlurteil oder (auch nur) einem prozessordnungswidrigen Verfahren zu schützen, nicht mehr zu erklären ist (vgl. BGH NStZ 2005, 341 m. w. N.; BVerfG NStZ 1997, 35; 2004, 259, 260; Hanack StV 1987, 500, 501).

2. Soweit sich der Verteidiger - offenbar ernsthaft gemeint - darüber beschwert, die Antragsschrift des Generalbundesanwalts greife unzulässigerweise in seinen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB (sic!) ein, indem sie bestimmte Verfahrensrügen als nicht formgerecht im Sinne von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO erhoben bewertet, woraus jeder Dritte den Schluss ziehen könne, er habe die Revision in einigen Teilen noch nicht einmal ausreichend begründet, geht der Senat davon aus, dass er eine Bescheidung nicht erwartet.

3. Die Ausführungen des Verteidigers in der Erwiderung auf die in jeder Hinsicht zutreffende Stellungnahme des Generalbundesanwalts lassen jeglichen Bezug zu einer sachlichen Auseinandersetzung vermissen. Insbesondere Äußerungen wie

- der Generalbundesanwalt habe sich "nur oberflächlich und nicht mit ausreichendem juristischen Tiefgang mit der differenzierten Revisionsbegründung auseinandergesetzt",

- die Antragsschrift bestehe in wesentlichen Teilen nur aus "wahllos zusammengefügten Textbausteinen",

- sie enthalte zu einer Verfahrensrüge "nur Plattitüden unter Ignorierung elementarer Verfassungsprinzipien" und

- sei "gelinde ausgedrückt einfach unglaublich"

sind grob ungehörig und inakzeptabel.

Ende der Entscheidung

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