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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 21.02.2001
Aktenzeichen: 3 StR 244/00
Rechtsgebiete: StGB
Vorschriften:
StGB § 220 a |
BGH, Beschl. vom 21. Februar 2001 - 3 StR 244/00 - BayObLG
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom
21. Februar 2001
in der Strafsache
gegen
wegen Völkermordes u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 21. Februar 2001 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
Tenor:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 15. Dezember 1999 dahin abgeändert, daß der Angeklagte des Mordes in sechs rechtlich zusammentreffenden Fällen in Tateinheit mit Beihilfe zum Völkermord sowie der unerlaubten Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine halbautomatische Selbstladekurzwaffe schuldig ist und deswegen zu lebenslanger Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt wird.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
Das Bayerische Oberste Landesgericht hat den Angeklagten wegen Völkermordes in Tateinheit mit Mord in sechs Fällen, sachlich zusammentreffend mit unerlaubter Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine halbautomatische Selbstladewaffe mit einer Länge von nicht mehr als 60 cm zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt.
Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er das Verfahren beanstandet und die Sachrüge erhebt. Das Rechtsmittel führt zu einer Abänderung des Schuldspruchs, im übrigen hat es keinen Erfolg.
1. Hinsichtlich der Beanstandungen des Verfahrens bedarf lediglich die Rüge einer Verletzung des § 169 Satz 1 GVG i.V.m. § 338 Nr. 6 StPO näherer Erörterung; auch im übrigen sind die Verfahrensrügen, wie bereits der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 4. Juni 2000 zutreffend dargelegt hat, unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Mit der Rüge des § 338 Nr. 6 StPO macht die Revision geltend, der Senatsvorsitzende habe dadurch gegen § 169 Satz 1 GVG verstoßen, daß er drei im Zuhörerraum anwesende Personen an den Richtertisch gerufen und diese gebeten hatte, die Pässe abzugeben und sich sodann aus dem Sitzungssaal zu entfernen, da sie als Zeugen in Betracht kämen. Grund für dieses Vorgehen war eine Äußerung der Zeugin L. , die zu diesem Zeitpunkt vernommen werden sollte. Diese hatte schon vor ihrer Vernehmung zur Person angegeben, sie fühle sich durch die Anwesenheit von drei Personen im Zuhörerraum in ihrem Aussageverhalten eingeschränkt, sie habe Angst. Die drei Zuhörer, bei denen es sich um einen Bruder, eine Schwester und den Ehemann einer Nichte des Angeklagten handelte, verließen nach der Aufforderung des Vorsitzenden den Sitzungssaal. Die Zeugin L. , eine frühere Nachbarin des Angeklagten, wurde in Abwesenheit dieser drei Personen vernommen. Sodann wurden sie wieder hereingerufen und als Zeugen belehrt. Der Bruder des Angeklagten sagte zur Sache aus, die Schwester berief sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht, auf die Vernehmung des dritten Verwandten wurde sodann im allseitigen Einverständnis verzichtet.
Die Auffassung der Revision, durch diese Verfahrensweise habe der Senatsvorsitzende ohne zureichenden Grund die Öffentlichkeit teilweise ausgeschlossen und damit den Grundsatz der Öffentlichkeit verletzt, trifft nicht zu. Dahinstehen kann, unter welchen Voraussetzungen eine Bitte oder Aufforderung des Vorsitzenden an einzelne oder mehrere Zuhörer, den Sitzungssaal vorübergehend zu verlassen, einen Verstoß gegen § 169 Satz 1 GVG beinhaltet (vgl. BGHR StPO § 338 Nr. 6 Zuhörer 1 und 2). Unter den gegebenen Umständen ist die Rüge unzulässig, jedenfalls aber unbegründet.
a) Zwar findet das Vorgehen des Vorsitzenden in den §§ 170 ff. GVG, die die Voraussetzungen und die Verfahrensweise eines Ausschlusses der Öffentlichkeit regeln, für sich genommen keine Stütze; diese Vorschriften zählen aber die Gründe für einen zulässigen Öffentlichkeitsausschluß nicht erschöpfend auf (BGHSt 3, 386, 388; BGH, Urt. vom 20. August 1982 - 2 StR 278/82, S. 13 f.).
Vorliegend folgt die Befugnis des Senatsvorsitzenden, die drei Zuhörer aufzufordern, bis zu ihrer Vernehmung den Verhandlungssaal zu verlassen, aus § 238 Abs. 1 StPO in Verbindung mit § 58 Abs. 1 StPO. Nach § 58 Abs. 1 StPO sind Zeugen einzeln und in Abwesenheit der später zu hörenden Zeugen zu vernehmen. Zweck dieser Vorschrift ist es sicherzustellen, daß Zeugen unbeeinflußt aussagen, nämlich ohne zu wissen, was der Angeklagte oder andere Zeugen bekundet haben. Hieraus hat der Bundesgerichtshof den Grundsatz abgeleitet, daß es mit Rücksicht auf die Bedeutung des § 58 Abs. 1 StPO zulässig ist, Personen zum Verlassen des Sitzungssaales aufzufordern, sobald mit der Möglichkeit zu rechnen ist, daß sie als Zeugen in Betracht kommen können, da das Gesetz der in der unbeeinflußten Aussage eines Zeugen liegenden höheren Gewähr für die Ermittlung der Wahrheit Vorrang vor der uneingeschränkten Durchführung des Grundsatzes der Öffentlichkeit eingeräumt hat (vgl. BGHSt 3, 386, 388; BGH NStZ 2001, 163). Zwar macht die Revision geltend, der Vorsitzende habe die Zeugen nur pro forma belehrt und befragt, um ihre Stellung als Zeugen zu begründen und so die Vorschriften über den Ausschluß der Öffentlichkeit zu umgehen; denn nach der Stellungnahme des Sitzungsvertreters des Generalbundesanwalts, der erklärt hatte, er sehe keine Möglichkeit zum Ausschluß der Öffentlichkeit, sei dem Gericht klar gewesen, daß auch ein nur teilweiser Öffentlichkeitsausschluß auf keine Vorschrift des GVG gestützt werden konnte. Mit diesen Einwendungen kann die Revision jedoch nicht gehört werden.
b) Die Frage, ob ein Zuhörer als Zeuge in Betracht kommt und ob er deswegen den Sitzungssaal bis zu seiner Vernehmung zu verlassen hat oder gegebenenfalls sofort vernommen werden kann, betrifft eine Entscheidung, die der Vorsitzende im Rahmen der ihm obliegenden Verhandlungsleitung zu treffen hat. Daß es sich um eine Maßnahme im Rahmen der Verhandlungsleitung des Vorsitzenden handelt, folgt auch aus § 243 Abs. 1 und 2 StPO. Nach § 238 Abs. 1 StPO steht dem Vorsitzenden bei der Frage, ob ein Zuhörer als Zeuge zu behandeln ist, ein Beurteilungsspielraum zu, der überschritten wird, wenn der Ausschluß eines Zuhörers auf sachwidrigen Erwägungen beruht (vgl. BGH NStZ 2001, 163). Daß der Ausschluß eines Zuhörers allein aus sachwidrigen Erwägungen erfolgt und deshalb unzulässig ist, muß gemäß § 238 Abs. 2 StPO von einem Beteiligten in der Verhandlung beanstandet und auf diese Weise eine Entscheidung des Gerichts herbeigeführt werden. Daß der Beschwerdeführer eine solche, für die Zulässigkeit der Verfahrensrüge erforderliche Beanstandung erhoben hat, trägt die Revision nicht vor.
Im übrigen liegen auch keine Anhaltspunkte für sachwidrige Erwägungen des Vorsitzenden vor. Die von der Zeugin L. als Grund für ihre Angst bezeichneten Zuhörer sollten vom Gericht als Zeugen dazu vernommen werden, ob sie auf irgendeine Weise auf die Zeugin Einfluß genommen haben. Eine solche mögliche Einflußnahme lag nicht fern, da es sich bei den Zuhörern um nahe Verwandte des Angeklagten handelt und auch sonst Einflußnahmen, z.B. in Form von Bedrohungen anderer Zeugen, vom Bayerischen Obersten Landesgericht festgestellt worden sind. Tatsächlich sind auch zwei der drei vorübergehend aus dem Verhandlungssaal gewiesenen Personen als Zeugen vernommen worden, wie bereits oben dargelegt worden ist.
2. Die Sachrüge führt zu einer Abänderung des Schuldspruchs, da das Bayerische Oberste Landesgericht eine eigene, für die täterschaftliche Begehung des § 220 a Abs. 1 StGB erforderliche Völkermordabsicht des Angeklagten nicht festgestellt hat. Im übrigen ist auch die Sachrüge unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
a) Das Bayerische Oberste Landesgericht ist insbesondere zutreffend davon ausgegangen, daß die serbische Führung zur Durchsetzung ihrer Kriegsziele, nämlich der Eroberung und Sicherung der von den Serben beanspruchten Gebiete von Bosnien-Herzegowina, ab April 1992 damit begonnen hatte, diese Gebiete mit kriegerischen Mitteln zu erobern und anschließend ethnisch zu säubern. Durch Hinrichtungen, Folter, Vergewaltigungen und Inhaftierungen wurde insbesondere die muslimische Bevölkerung terrorisiert, um diese auszurotten oder zu vertreiben, wobei in den einzelnen Regionen von den Militärs und örtlichen Polizeikräften nach einem immer wiederkehrenden Muster verfahren wurde. So auch ab dem 11. Juni 1992 im Bezirk K. und insbesondere auch in der Ortsgemeinschaft V. , in der der Angeklagte mit der serbischen Machtübernahme Leiter der örtlichen Polizeistation wurde. In K. wurden Gefangenenlager eingerichtet, in denen die Inhaftierten unter unmenschlichen Bedingungen hausen mußten, gequält und geschlagen wurden. Außerhalb der Lager wurden wahllos muslimische Männer erschossen, muslimische Dörfer und Siedlungen zerstört, u.a. wurden drei zur Ortsgemeinschaft V. gehörende Dörfer niedergebrannt, um ein weiteres Verbleiben und eine spätere Wiederkehr unmöglich zu machen; Moscheen wurden angezündet oder gesprengt und immer wieder die Wohnhäuser der muslimischen Bevölkerung durchsucht, Frauen vergewaltigt, die Bewohner geschlagen und ihres Eigentums beraubt. Aus den getroffenen Feststellungen, vor allem aus der Systematik, mit der den muslimischen Bewohnern in den serbisch beanspruchten Gebieten die Existenzgrundlage zerstört wurde, hat das Bayerische Oberste Landesgericht fehlerfrei seine Überzeugung abgeleitet, daß die politische und militärische Führung der Serben - gemeint sind ersichtlich, neben Karadzic und Mladic, die jeweiligen regionalen Repräsentanten und Führungspersonen der Serbischen Demokratischen Partei (SDS) und der großserbischen Bewegung - die Absicht hatte, in den jeweiligen Gebieten die Volksgruppe der Muslime als solche planmäßig ganz oder teilweise zu zerstören (vgl. UA S. 72 f., 109). Damit ist ein von den serbischen Führern mit Hilfe der bosnisch-serbischen Armee und anderer bewaffneter Kräfte begangener Völkermord gemäß § 220 a Abs. 1 Nr. 1 und 3 StGB sowohl hinsichtlich der objektiven als auch der subjektiven Voraussetzungen ausreichend belegt.
b) Demgegenüber hält die Annahme des Bayerischen Obersten Landesgerichts rechtlicher Prüfung nicht stand, auch der Angeklagte habe selbst, und zwar als Täter, einen Völkermord begangen, weil er am 25. Juni 1992 den Befehl zur Erschießung von sechs muslimischen Bewohnern in V. gegeben und bei der Tötung selbst mitgewirkt hatte; als tatbestandliche Handlungen hat das Bayerische Oberste Landesgericht ferner den Umstand angesehen, daß der Angeklagte als örtlicher Polizeichef maßgeblich an der Vertreibung muslimischer Frauen aus V. und D. am 25. Juni 1992 und am 14. August 1992 mitgewirkt hatte.
Bedenken in bezug auf die Erfüllung des objektiven Tatbestandes des § 220 a Abs. 1 Nr. 3 StGB bestehen insofern, als die bloße Vertreibung der Muslime aus ihren Häusern und ihrem Heimatort für sich genommen noch keine unter § 220 a Abs. 1 Nr. 3 StGB fallende Völkermordhandlung darstellt. Die Voraussetzung dieser Tatbestandsalternative - Auferlegung von Lebensbedingungen, die geeignet sind, die körperliche Zerstörung der Gruppe ganz oder teilweise herbeizuführen - werden vielmehr erst durch die Gesamtheit der gegen die muslimische Bevölkerung gerichteten Terror- und Vernichtungsmaßnahmen erreicht (vgl. BGHSt 45, 64, 81 f.). Derartige Gesamtumstände sind in dem Urteil jedoch, auch für den Bezirk K. und die Ortsgemeinschaft V. , in ausreichendem Maße fest- und dargestellt, so daß die mißverständliche Wendung in der rechtlichen Würdigung, der Angeklagte habe durch seine Mitwirkung an den Vertreibungen der Muslime diese unter Lebensbedingungen gestellt, die geeignet waren, deren körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen (UA S. 164), nicht die Besorgnis begründet, das Bayerische Oberste Landesgericht könnte von einem unzutreffenden objektiven Begriff des Völkermordes i.S.d. § 220 a Abs. 1 Nr. 3 StGB ausgegangen sein.
Es hat aber die rechtlichen Voraussetzungen der Völkermordabsicht als subjektiv gefaßtes Merkmal des Schuldtatbestandes für die Person des Angeklagten nicht eindeutig festgestellt. Wie der erkennende Senat bereits entschieden hat, erhalten die unter § 220 a Abs. 1 StGB fallenden objektiven Tathandlungen ihren besonderen Unrechtsgehalt als Völkermord erst durch die von § 220 a Abs. 1 StGB vorausgesetzte Absicht, eine von dieser Vorschrift geschützte Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören (BGHSt 45, 64, 86), wobei das erstrebte Ziel, die völlige oder wenigstens teilweise Zerstörung der Gruppe, nicht erreicht zu werden braucht. Dieses Ziel muß aber durch die entsprechende Täterabsicht im Subjektiven gleichsam als überschießende Innentendenz vorweg erfaßt werden (vgl. das Senatsurteil vom 21. Februar 2001 - 3 StR 372/00). Diese den Tatbestand des Völkermordes erst begründende Absicht setzt voraus, daß es dem Täter im Sinne eines zielgerichteten Wollens auf die Zerstörung der von § 220 a StGB geschützten Gruppe ankommt. Eine solche Absicht hat das Oberlandesgericht für den Angeklagten nicht festgestellt bzw. nicht dargelegt. Es hat lediglich einen für § 220 a StGB nicht ausreichenden direkten Vorsatz festgestellt, indem es dargelegt hat, der Angeklagte habe gewußt, daß die unter dem Kommando der beteiligten überörtlichen Militärverbände ausgeführte Aktion am 25. Juni 1992 sowohl der physischen Vernichtung eines Teils der bosnisch-muslimischen Bevölkerungsgruppe als auch der endgültigen Vertreibung der verbleibenden Muslime im Rahmen einer ethnischen Säuberung diente, und daß die unter seiner Befehlsgewalt daran mitwirkenden Angehörigen von Polizei und Territorialverteidigung maßgeblich hierzu beitrugen, und daß der Angeklagte beides, die ethnische Säuberung und die maßgebliche Mitwirkung seiner Leute daran, auch gewollt habe (UA S. 41). Zwar hat es auch festgestellt, daß es dem Angeklagten bei der von ihm geleiteten Erschießung klar war, daß diese Tötungshandlungen Teil der ethnischen Säuberung V. s waren und die Männer nur deshalb sterben mußten, weil sie Muslime waren (UA S. 41 f.) und er wußte, daß es sich um "ethnische Säuberungen" handelte mit dem Ziel, die dort lebende muslimische Bevölkerung zu zerstören (UA S. 47). Aber auch mit diesen Erwägungen ist lediglich ein direkter Vorsatz dargetan, bei dem es dem Täter nicht auf einen bestimmten Erfolg ankommen muß. Zwar ist das Bayerische Oberste Landesgericht ersichtlich davon ausgegangen, daß es den subjektiven Voraussetzungen des § 220 a Abs. 1 StGB damit genügt habe. Hierfür sprechen die Wendungen in der rechtlichen Würdigung, mit denen es die seiner Auffassung nach maßgeblichen Beweggründe des Angeklagten gekennzeichnet hat, nämlich eine durch ihr Volkstum und ihre Religion geprägte Personengruppe zu zerstören und einzelne ihrer Mitglieder zu töten, nur weil sie seiner politischen Vorstellung eines exklusiven serbischen Nationalstaates im Wege standen (UA S. 166). Indessen sind die übrigen Urteilsfeststellungen mit diesen Formulierungen und deren möglicher Deutung als Beleg für eine Völkermordabsicht des Angeklagten nicht ohne weiteres in Einklang zu bringen.
c) Die zu den Ereignissen vom 25. Juni 1992 und zum 14. August 1992 getroffenen Feststellungen und die übrigen Urteilsausführungen, einschließlich der Wertungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts zur subjektiven Seite der dem Angeklagten angelasteten Straftaten, tragen jedoch die rechtliche Wertung, daß der Angeklagte durch sein Mitwirken an den genannten Ereignissen Beihilfe zu dem von den serbischen Führern veranlaßten und mit Hilfe der Militärs und den örtlichen Polizeikräften ausgeführten Völkermord geleistet hat. Die erforderlichen objektiven und subjektiven Voraussetzungen hat das Bayerische Oberste Landesgericht zweifelsfrei festgestellt (vgl. UA S. 41 f., 162, 165 f.), da es für die Beihilfe zum Völkermord genügt, daß der oder die Haupttäter die tatbestandlich vorausgesetzte Absicht hatten und der Gehilfe dies weiß (vgl. Senatsurteil vom 21. Februar 2001 - 3 StR 372/00). Der Senat hat den Schuldspruch deshalb selbst geändert (§ 354 Abs. 1 StPO). § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da bereits der Haftbefehl vom 19. August 1998 von Beihilfe zum Völkermord in Tateinheit u.a. mit dem abgeurteilten Mord aus niedrigen Beweggründen in sechs Fällen ausgegangen war; ferner hat der Senat den Angeklagten und seinen Verteidiger mit Schreiben vom 9. Februar 2001 auf die mögliche Schuldspruchänderung unter gleichzeitiger Aufrechterhaltung des Strafausspruchs hingewiesen.
3. Die Verurteilung wegen tateinheitlich mit der Beteiligung am Völkermord begangenen Mordes in sechs Fällen, begegnet weder für sich genommen, noch im Zusammenhang mit dem zum Völkermord geänderten Schuldspruch rechtlichen Bedenken. Das Bayerische Oberste Landesgericht hat es aufgrund fehlerfreier Beweiswürdigung als erwiesen angesehen, daß der Angeklagte den Befehl zur Erschießung der sechs muslimischen Männer am 25. Juni 1992 erteilt und sich eigenhändig an der Tötung beteiligt hat. Zum Vorsatz des Angeklagten hat es in diesem Zusammenhang festgestellt, ihm sei klar gewesen, daß diese vorsätzliche Tötung Teil der ethnischen Säuberung V. s war und die Männer nur deshalb sterben mußten, weil sie Muslime waren (UA S. 41 f.). Diese Feststellungen belegen zwar, auch im Zusammenhang mit den weiteren Ausführungen, der Angeklagte habe gewollt, daß der Tod der sechs muslimischen Männer auch der Einschüchterung und Demoralisierung der übrigen nicht serbischen Bevölkerung diente und diese zur Ausreise veranlaßte, kein Handeln in Völkermordabsicht, sie tragen jedoch die tatrichterliche Wertung als niedrige Beweggründe i.S.d. § 211 StGB. Denn diese Einstellung des Angeklagten zu dem von ihm befohlenen Tod der sechs Muslime steht nach allgemein sittlicher Wertung auf tiefster Stufe und erscheint deshalb als besonders verachtenswert. Die Würdigung, der Angeklagte habe den Mord als Täter begangen, steht auch nicht im Widerspruch zu der Annahme, der Angeklagte habe durch diese Tötungshandlung lediglich Beihilfe zum Völkermord begangen. Die Verurteilung wegen täterschaftlich begangenen Völkermordes scheitert allein an der nicht festgestellten, die Täterschaft erst begründenden eigenen Völkermordabsicht und nicht etwa an einer fehlenden Tatherrschaft des Angeklagten, die für das Tötungsgeschehen als solches zweifelsfrei belegt ist.
4. Die Zuständigkeit der deutschen Gerichte für die Aburteilung dieser als eine Tat zu wertenden Morde an sechs Muslimen ergibt sich zwar nicht mehr ohne weiteres aus der sog. Annexkompetenz des § 6 Nr. 1 StGB für vorsätzliche Tötungen, die zugleich eine gemäß § 220 a Abs. 1 Nr. 1 StGB tatbestandliche Völkermordhandlung darstellen. Sie folgt jedoch zumindest aus § 6 Nr. 9 StGB. Wie der Senat in seinem Urteil vom 21. Februar 2001 - 3 StR 372/00 - ausgesprochen hat, sind deutsche Gerichte für die Verfolgung auch solcher Straftaten zuständig, die zwar nicht die Voraussetzungen eines Völkermordes erfüllen, aber als schwere Verstöße i.S.d. Art. 146, 147 der IV. Genfer Konvention zum Schutz der Zivilbevölkerung in Kriegszeiten vom 12. August 1949 zu werten sind. Daß die vorsätzliche Tötung der sechs Muslime am 25. Juni 1992 einen solchen schweren Verstoß gegen die IV. Genfer Konvention darstellt, bedarf keiner näheren Begründung.
5. Die Abänderung des Schuldspruchs führt nicht zur Aufhebung des Strafausspruchs. § 211 StGB sieht ebenso wie § 220 a Abs. 1 StGB lebenslange Freiheitsstrafe als absolute Strafe vor, eine Strafrahmenverschiebung gemäß § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB kommt in bezug auf § 211 StGB nicht in Betracht. Danach war auch nach Abänderung des Schuldspruchs durch den Senat auf eine lebenslange Freiheitsstrafe, und zwar nicht nur wegen Mordes in Tateinheit mit Beihilfe zum Völkermord zu erkennen, sondern auch als Gesamtstrafe, die sich aus der lebenslangen Freiheitsstrafe als Einsatzstrafe und der Einzelstrafe von einem Jahr wegen unerlaubter Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine halbautomatische Selbstladekurzwaffe nach dem Gesetz zwingend (§ 54 Abs. 1 Satz 1 StGB) ergibt. Da schon das Bayerische Oberste Landesgericht von der Feststellung der besonderen Schuldschwere (§ 57 b StGB) abgesehen hat, hat der Senat lediglich zur Klarstellung den Strafausspruch neu gefaßt.
Ende der Entscheidung
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