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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 06.09.2001
Aktenzeichen: 3 StR 256/01
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 44 | |
StPO § 349 Abs. 4 | |
StPO § 140 Abs. 1 | |
StPO § 218 Satz 1 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom
6. September 2001
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 6. September 2001 gemäß §§ 44, 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Tenor:
1. Der Angeklagte wird auf seinen Antrag gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der von Rechtsanwalt Prof. Dr. W. in seinem Schriftsatz vom 18. Mai 2001 vorgetragenen Verfahrensrügen in den vorigen Stand wiedereingesetzt.
Die Kosten der Wiedereinsetzung trägt der Angeklagte.
2. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 20. Februar 2001 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Seine Revision hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg.
Zu Recht beanstandet der Angeklagte, daß sein Wahlverteidiger, Rechtsanwalt U. , zu den Hauptverhandlungsterminen am 2., 7., 13. und 20. Februar 2001 nicht geladen wurde. Mit Schriftsatz vom 16. November 2000, eingegangen am 17. November 2000, zeigte Rechtsanwalt U. unter Vorlage einer Vollmacht dem Landgericht an, daß ihn der Angeklagte mit seiner Verteidigung beauftragt habe. Er wurde zur Hauptverhandlung auf den 10., 17. und 24. Januar 2001 geladen. Seinen Antrag vom 11. Dezember 2000, die anberaumten Termine wegen seiner Verhinderung am 10. und 17. Januar 2001 aufzuheben, lehnte der Vorsitzende am 2. Januar 2001 im Hinblick auf das besondere Beschleunigungsgebot in Haftsachen ab. Zu den mitgeteilten Hauptverhandlungsterminen erschien Rechtsanwalt U. nicht. Der Angeklagte wurde durch Rechtsanwalt G. verteidigt, welcher am 25. August 2000 gemäß § 140 Abs. 1 StPO zum Verteidiger bestellt worden war. Vor der Vernehmung des Angeklagten zur Sache beantragten sowohl der Pflichtverteidiger als auch der Angeklagte selbst die Aussetzung der Hauptverhandlung wegen Verhinderung des Wahlverteidigers. Mit Beschluß vom 10. Januar 2001 lehnte die Strafkammer die Vertagungsanträge - rechtsfehlerfrei - ab. Die Fortsetzungstermine vom 2., 7., 13. und 20. Februar 2001, die infolge des Nichterscheinens geladener Zeugen und durch die erforderliche, weil beantragte, Ladung und Vernehmung weiterer Zeugen notwendig wurden, bestimmte der Vorsitzende durch Verkündung in der Hauptverhandlung. Ladungen zu diesen weiteren Terminen erhielt Rechtsanwalt U. nicht mehr.
Darin liegt ein Verstoß gegen § 218 Satz 1 StPO. Hat der Angeklagte mehrere Verteidiger, muß - sofern es sich nicht um mehrere Anwälte einer Sozietät handelt - jeder von ihnen geladen werden, wenn die in § 218 Satz 1 StPO genannten Voraussetzungen vorliegen (BGHSt 36, 259, 260; BGH NStZ 1995, 298; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 45. Aufl. § 218 Rdn. 5). Rechtsanwalt U. hätte deshalb auch zu den Fortsetzungsterminen geladen werden müssen.
Ein Verzicht des Verteidigers auf Terminsladung ist zwar grundsätzlich möglich (BGHSt 36, 259, 261), auch stillschweigend und ohne Zustimmung des Angeklagten (Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 45. Aufl. § 218 Rdn. 9 m.w.Nachw.). Ein solcher Verzicht - oder auch eine Verwirkung des Rügerechts - kann aber nicht bereits deshalb angenommen werden, weil Rechtsanwalt U. dem Termin vom 24. Januar 2001 ohne Angabe von Gründen ferngeblieben ist. Der Angeklagte hat ebenfalls nicht - auch nicht konkludent - auf die Verteidigung durch Rechtsanwalt U. verzichtet, wie sein Aussetzungsantrag vom 10. Januar 2001 wegen Verhinderung seines gewählten Verteidigers eindeutig belegt. Auch sonst sind Umstände, die einen Verzicht des Angeklagten begründen könnten, nicht ersichtlich.
Die Revision legt im übrigen dar, daß Rechtsanwalt U. auch nicht auf andere Weise rechtzeitig von den weiteren Terminen zuverlässig Kenntnis erlangt hatte (vgl. BGH NStZ 1995, 298, 299). Aus den Akten ergibt sich nichts Gegenteiliges.
Der Verfahrensfehler führt zur Aufhebung des Urteils, weil sich nicht ausschließen läßt, daß die Hauptverhandlung in Anwesenheit von Rechtsanwalt U. zu einem für den Angeklagten günstigeren Ergebnis geführt hätte.
Ende der Entscheidung
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