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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 22.10.1998
Aktenzeichen: 3 StR 267/98
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 349 Abs. 4 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom
22. Oktober 1998
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 22. Oktober 1998 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 6. Februar 1998 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes in 150 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Seine Revision dringt mit der Sachrüge durch. Auf die außerdem erhobenen Verfahrensbeschwerden kommt es nicht an.
Zwar vermag der Senat die vom Generalbundesanwalt geltend gemachten Bedenken gegen die Beweiserwägungen nicht zu teilen, mit denen das Landgericht seine Überzeugung, daß die den Angeklagten belastenden Angaben der Zeugin H., des Tatopfers, glaubhaft sind, begründet hat. Jedoch muß das Urteil aus anderem sachlichrechtlichen Grund aufgehoben werden. Es genügt nämlich nicht den Anforderungen, die an die Feststellung der Anzahl der Einzeltaten bei Serienstraftaten zu stellen sind (vgl. dazu BGH StV 1998, 472; BGH NStZ 1994, 352 und 1994, 393). Anders als für die Zeit, für die bereits Strafverfolgungsverjährung eingetreten ist, hat das Landgericht für den Anklage- und Aburteilungszeitraum (1. Juli 1984 bis zum 7. <richtig: 6.> Juni 1987) nur zwei bis drei noch hinreichend konkretisierte Fälle festgestellt, in denen sich der Angeklagte an seiner am 7. Juni 1973 geborenen Stieftocher verging (UA S. 6, 1. Absatz). Im übrigen hat es ausgeführt, der Angeklagte habe mit seiner Stieftochter den Geschlechtsverkehr mindestens im Durchschnitt einmal in der Woche vollzogen. Allein darauf beruht die auch im Rahmen der rechtlichen Würdigung nicht näher begründete Annahme, der Angeklagte habe sich in insgesamt 150 Fällen des sexuellen Mißbrauchs eines Kindes schuldig gemacht. Eine ausreichende Grundlage für die angenommene Anzahl der Einzeltaten ergibt sich daraus nicht. Wie der Senat in seiner Entscheidung in StV 1998, 472 näher dargelegt hat, darf der Tatrichter bei nur wenigen konkretisierten Taten die Anzahl der weiteren (nicht konkretisierten) Fälle nicht ohne Angabe von Anhaltspunkten schätzen, die belegen, daß eine geringere Anzahl von Taten ausgeschlossen ist. Vielmehr muß er darlegen, aus welchen Gründen er die Überzeugung gerade von einer bestimmten Mindestzahl von Straftaten gewonnen hat. Nicht eine aufgrund unsicherer Schätzungen des Tatopfers hochgerechnete Gesamtzahl von Straftaten ist entscheidend, sondern daß der Richter davon überzeugt ist, daß der Angeklagte jede einzelne individuelle Straftat begangen hat. Eine solche tatrichterliche Überzeugung vermittelt das angefochtene Urteil nicht.
Ende der Entscheidung
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