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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 07.03.2006
Aktenzeichen: 3 StR 37/06
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 246 a
StPO § 349 Abs. 2
StPO § 349 Abs. 4
StGB § 66 Abs. 1 Nr. 3
StGB § 66 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

3 StR 37/06

vom 7. März 2006

in der Strafsache

gegen

wegen Diebstahls u. a.

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 7. März 2006 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 31. August 2005 in den Aussprüchen über die Maßregel und die Einziehung mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "besonders schweren Diebstahls in sechs Fällen, wobei es in zwei Fällen bei einem Versuch blieb", zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt, seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet und "die sichergestellten Tatwerkzeuge" eingezogen. Mit seiner hiergegen eingelegten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge einen Teilerfolg.

1. Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 Abs. 2 StGB hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Urteilsgründe belegen nicht, dass der Angeklagte im Sinne des § 66 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 Nr. 3 StGB aufgrund eines Hanges zu erheblichen Straftaten für die Allgemeinheit gefährlich ist.

Bei der Sicherungsverwahrung handelt es sich um eine schwerwiegende Maßregel, die - bei dem hier vorliegenden Sachverhalt - dazu führen kann, dass der Angeklagte nach Verbüßung der Strafhaft gegebenenfalls bis zu zehn weitere Jahre Freiheitsentzug zu gewärtigen hat (vgl. § 67 d Abs. 3 Satz 1 StGB). Ihre Anordnung greift daher tiefgehend in das Freiheitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG) des Angeklagten ein. Sie bedarf deswegen sorgfältiger Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen der Maßregel und deren Darlegung in den Urteilsgründen in einer Weise, die es dem Revisionsgericht ermöglicht zu prüfen, ob der Maßregelausspruch rechtsfehlerfrei ist.

Dies lässt das angefochtene Urteil vermissen. Weder der vom Landgericht angenommene Hang des Angeklagten zur Begehung erheblicher Straftaten noch die Gefährlichkeitsprognose werden in dem Urteil näher begründet. Zwar mag die Serie von Einbruchsdiebstählen, die zu den Verurteilungen des Angeklagten am 2. Oktober 2002, am 7. Januar 2004 und in dem vorliegenden Verfahren führte, darauf hindeuten, dass bei dem Angeklagten die Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB vorliegen. Dies ist indessen nicht notwendig der Fall. Daher ist die umfassende Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Angeklagten sowie seiner Taten unter Berücksichtigung aller objektiven und subjektiven Umstände nicht entbehrlich, die sowohl für die Feststellung des Hanges wie für die Gefährlichkeitsprognose unerlässlich ist (vgl. BGH NStZ 2005, 265; NStZ-RR 2005, 39; BGHR StGB § 66 Abs. 1 Hang 8). Insbesondere zur Begründung dieser Prognose kann nicht darauf verzichtet werden, die Stellungnahme des gemäß § 246 a StPO notwendig zuzuziehenden Sachverständigen und die hieraus vom Gericht gezogenen Schlussfolgerungen mitzuteilen. Das Ergebnis der sachverständigen Begutachtung des Angeklagten wird hier in den Urteilsgründen, soweit sie sich mit der Anordnung der Sicherungsverwahrung befassen, jedoch mit keinem Wort erwähnt. Die mitgeteilten Ausführungen des Sachverständigen im Zusammenhang mit der Schuldfähigkeitsbeurteilung erbringen für die Maßregelanordnung keine tragfähigen Erkenntnisse.

All dies wiegt deswegen umso schwerer, weil ersichtlich auch das Landgericht im Falle des Angeklagten die Anordnung der Sicherungsverwahrung als im Grenzbereich des § 66 Abs. 2 StGB angesiedelt sieht. Denn da es trotz der von einer massiven kriminellen Prägung des Angeklagten zeugenden Einbruchsserie und seiner nicht eingehaltenen Versprechungen in dem mit dem Urteil vom 7. Januar 2004 abgeschlossenen Strafverfahren (vgl. UA S. 4) allein ein Geständnis des Angeklagten als hinreichenden Ausdruck einer Gesinnungsänderung erwogen hat (s. dazu BGH NStZ-RR 2005, 39), die ihm die Anordnung der Sicherungsverwahrung möglicherweise hätte ersparen können (UA S. 18), hat es weder den Hang noch die Gefährlichkeit des Angeklagten schon als in hohem Maße verfestigt angesehen.

Über den Maßregelausspruch ist daher neu zu entscheiden.

Das bisherige Verfahren gibt dem Senat erneut Anlass zu dem Hinweis, dass die Nichtanordnung der Sicherungsverwahrung nicht Gegenstand einer verfahrensbeendenden Absprache sein kann (BGH NStZ 2005, 526; NStZ-RR 2005, 39) oder gar von einem Geständnis des Angeklagten abhängig gemacht werden darf (vgl. § 136 a StPO).

2. Auch die Einziehungsanordnung hat keinen Bestand. Sie hat keinen vollstreckungsfähigen Inhalt, da die "sichergestellten Tatwerkzeuge" im Urteilstenor nicht näher spezifiziert werden (s. BGHSt 8, 205, 211 f; 9, 88, 89; BGH NJW 1994, 1421, 1423). Auch den Urteilsgründen lässt sich nicht entnehmen, welche Gegenstände im Einzelnen von der Einziehung erfasst werden sollen.

3. Das weitergehende Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

Ende der Entscheidung

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