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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 15.01.2004
Aktenzeichen: 3 StR 382/03
Rechtsgebiete:
Vorschriften:
- |
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES Urteil
vom
15. Januar 2004
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 15. Januar 2004, an der teilgenommen haben:
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil das Landgerichts Aurich vom 6. Juni 2003 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision der Staatsanwaltschaft, die sich gegen die Annahme einer Tötung im Affekt wendet und eine Verurteilung des Angeklagten wegen Mordes erstrebt. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Urteils. I. Die Strafkammer hat zum engeren Tatgeschehen folgende Feststellungen getroffen:
Der Angeklagte hatte sich entschlossen, Geld aus der Kasse einer Spielothek zu entwenden. In der Absicht, die Spielhallenaufsicht B., der er sich unbemerkt von hinten genähert hatte, bewußtlos zu schlagen, um so unerkannt an das Geld zu gelangen, schlug er sein Opfer so kräftig mit einem Aschenbecher auf den Hinterkopf, daß der Aschenbecher zersplitterte. Gleichwohl wurde B. nicht bewußtlos. Sie erkannte den Angeklagten und beschimpfte ihn wegen des Schlages. Aufgrund dieser Äußerung geriet der Angeklagte - möglicherweise - in einen Affektzustand und würgte sein Opfer mit Tötungsvorsatz. Nachdem sich das Tatgeschehen aus dem Thekenbereich in einen Personalraum und von dort wieder in den Thekenbereich zurückverlagert hatte, erschlug er es schließlich mit einem Bügeleisen. Durch die massiven Schläge kam es zu fünf Riß-Quetschwunden und ausgedehnten Schädelbrüchen; der gesamte Schädel wurde praktisch in einzelne Teile zerlegt. In Anbetracht der für ihn unerwarteten neuen Situation versuchte der Angeklagte anschließend nicht mehr, die Kasse zu öffnen, und stellte sich wenig später der Polizei.
Das Landgericht hat das Mordmerkmal Habgier verneint, weil der Angeklagte die Tötung von B. nicht von vornherein geplant und er nach der Tötung keine Anstalten gemacht habe, die Kasse aufzubrechen. Er habe auch nicht heimtückisch gehandelt oder um eine andere Straftat zu ermöglichen, weil er sich bei der Tötung wegen eines nicht ausschließbaren Affektes der Beweggründe und Ziele seines Handelns nicht bewußt gewesen sei. Von dem versuchten schweren Raub sei er mit strafbefreiender Wirkung zurückgetreten.
II.
Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft greift durch. Das Landgericht hat zwar - ausgehend von den getroffenen Feststellungen und der auf ihnen gründenden Annahme des Vorliegens eines Affektes - mit im Ergebnis vertretbarer Begründung die Mordmerkmale Habgier, Heimtücke und Ermöglichung einer anderen Straftat ausgeschlossen. Die Voraussetzungen eines Verdeckungsmordes hat es indes nicht erörtert, obwohl dazu Anlaß bestand. Denn nach dem mitgeteilten Sachverhalt nahm der Angeklagte nach dem Zuschlagen mit dem Aschenbecher wahr, daß die verletzte B. ihn erkannt hatte. Der naheliegenden Möglichkeit, daß der Angeklagte sein Opfer nun tötete, um unerkannt fliehen zu können, stehen die Gründe, mit denen das Schwurgericht die anderen Mordmerkmale abgelehnt hat, nicht entgegen. Das gilt insbesondere für das Vorliegen eines nur zu einer eingeschränkten Steuerungsfähigkeit führenden Affekts (vgl. Senat, NJW 1999, 1039 f. = BGHR StGB § 211 Verdeckung 10; Schneider in MünchKomm § 211 Rdn. 187, jew. m. w. N.).
III.
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, daß das Schwurgericht die Annahme eines möglichen Affekts auf nicht tragfähig begründete tatsächliche Feststellungen gestützt hat:
Mit dem Sachverständigen ist es davon ausgegangen, daß eine Affekttat durch einen spezifischen Reiz ausgelöst wird; das sei hier die nach dem Zuschlagen mit dem Aschenbecher erfolgte nicht sicher auszuschließende Beschimpfung des Angeklagten durch das Tatopfer gewesen. Dieser zugunsten des Angeklagten angenommene Sachverhalt stellt aber eine bloße, durch Tatsachen nicht belegte Vermutung dar:
Der Angeklagte hat weder in der im Urteil wiedergegebenen polizeilichen und richterlichen Vernehmung noch in der Untersuchung durch den Sachverständigen eine dem Schlag mit dem Aschenbecher unmittelbar nachfolgende Beschimpfung erwähnt. In der Hauptverhandlung hat er einen Geschehensablauf geschildert, wonach er erst auf die Beschimpfung mit dem Wort "Idiot" und höhnischem Lachen des späteren Opfers hin mit dem Aschenbecher zugeschlagen habe. Diese Einlassung hält die Strafkammer indes für widerlegt. Da sich mithin weder aus den Feststellungen des Urteils noch aus der mitgeteilten Beweisaufnahme irgendein Anhaltspunkt dafür ergibt, daß das Opfer den Angeklagten nach dem Zuschlagen beschimpft haben könnte, ist der Schluß der Kammer:
"Zwar hat der Angeklagte einen entsprechenden Auslösereiz nach dem mißlungenen Schlag gegen den Hinterkopf seines Opfers nicht behauptet, doch ist hier zugunsten des Angeklagten nicht auszuschließen, dass B. , nachdem sie den Angeklagten wahrgenommen hatte, diesem gegenüber eine Äußerung getätigt hat, die einen solchen Auslösereiz gebildet hat" (UA S. 17) nicht begründet.
Ende der Entscheidung
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