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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 17.12.2002
Aktenzeichen: 3 StR 389/02
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 2
StPO § 349 Abs. 4
StGB § 31 Abs. 1 Nr. 2
StGB § 24
StGB § 30 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

3 StR 389/02

vom 17. Dezember 2002

in der Strafsache

gegen

wegen zu 1.: unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a.

zu 2.: Verabredung der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 17. Dezember 2002 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 1. März 2002

a) betreffend die Angeklagte Petra S. im Fall B. 4. der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe aufgehoben,

b) betreffend den Angeklagten Dietmar S. aufgehoben.

Ausgenommen von der Aufhebung sind die Feststellungen zum Fall B. 4. der Urteilsgründe, die aufrechterhalten bleiben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat die Angeklagte Petra S. wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen Versuchs der Beteiligung am Verbrechen der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und den Verfall von Wertersatz in Höhe von 1.250 Euro angeordnet. Den Angeklagten Dietmar S. hat es wegen Versuchs der Beteiligung am Verbrechen der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gesprochen und gegen ihn eine zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verhängt. Mit ihren auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revisionen wenden sich die Angeklagten gegen die Verurteilung wegen Versuchs der Beteiligung am Verbrechen der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Beide Rechtsmittel haben weitgehend Erfolg.

1. Nach den Feststellungen zum Fall B. 4. der Urteilsgründe erklärten sich die Angeklagten gegenüber der rechtskräftig abgeurteilten L. bereit, im Februar oder März 2001 gegen ein Honorar von 24.000 DM als Fluggepäck zwei Koffer mit jeweils fünf Kilogramm Heroin von der Türkei in die Bundesrepublik Deutschland zu bringen. Nachdem ein zunächst verabredeter Termin um den 10. Februar 2001 verschoben werden mußte, vereinbarten sie als Termin für den Hinflug in die Türkei den 17. Februar 2001; der Angeklagte Dietmar S. nahm für die betreffende Woche Urlaub. Am 15. Februar 2001 stornierten die Angeklagten den Flug nach einer Mitteilung von L. , dieser könne nicht stattfinden. Die Angeklagten gingen davon aus, daß ihre Zusage für einen Kurierflug weiterhin gelte und L. in den nächsten Tagen - spätestens innerhalb von vier Wochen - erneut auf sie zukommen werde, um einen neuen Termin für den Kurierflug zu vereinbaren. Anfang März 2001 entschlossen sie sich, den Kurierflug nicht durchzuführen, wovon sie L. unterrichteten.

Das Landgericht ist davon ausgegangen, die Angeklagten seien vom Versuch der Beteiligung am Verbrechen der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG, § 30 Abs. 2 StGB) nicht strafbefreiend gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 2 StGB freiwillig zurückgetreten. Der für den 17. Februar 2001 vorgesehene Kurierflug sei nämlich fehlgeschlagen, da er verbindlich verabredet gewesen sei und ein neuer Flug nur aufgrund einer neuen Kausalkette, nämlich einer neuen Verabredung nach einer zeitlichen Verzögerung sowie einer neuen zeitlichen Planung möglich gewesen wäre.

2. Die Begründung, mit der das Landgericht einen freiwilligen Rücktritt vom Versuch der Beteiligung am Verbrechen der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verneint hat, hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

Entgegen der Meinung des Landgerichts war mit der Stornierung des für den 17. Februar 2001 geplanten Fluges in die Türkei der Versuch der Beteiligung an der unerlaubten Einfuhr von Heroin (§ 30 Abs. 2 StGB) nicht fehlgeschlagen. Die zugesagte und die aufgegebene Tat sind identisch, weil der versprochene Kurierflug mit der Stornierung noch nicht gescheitert war (vgl. BGHR StGB § 31 Abs. 1 Nr. 1 Aufgeben 1). Denn die Angeklagten hatten sich nicht nur im Zusammenhang mit einem Flug exakt am 17. Februar 2001, sondern ganz allgemein im Zeitraum Februar oder März 2001 zur Einfuhr von zwei Koffern mit jeweils fünf Kilogramm Heroin aus der Türkei in die Bundesrepublik Deutschland gegen Zahlung eines Kurierlohnes von 24.000 DM bereit erklärt. Gegenüber diesen die zugesagte Tat konkretisierenden Umständen kommt der Vereinbarung und der Buchung des Hinfluges am 17. Februar 2001 für die Frage, ob dieser Kurierflug mit der Absage gescheitert war, keine entscheidende Bedeutung zu. Die Angeklagten gingen nach den Feststellungen davon aus, daß nach der Stornierung des Fluges vom 17. Februar 2001 ein neuer Termin für den Kurierflug vereinbart und damit der abgesagte Kurierflug unter den vereinbarten Bedingungen nachgeholt werde. Es handelte sich somit um die fortbestehende Zusage eines lediglich verschobenen Kurierfluges, auch wenn seine Durchführung die Vereinbarung eines neuen Termins erfordert hätte. Im übrigen hätte das Landgericht, wenn der Versuch der Beteiligung tatsächlich, wie es meint, entscheidend durch das Datum geprägt werden würde, wegen der Absage der zunächst für die Zeit um den 10. Februar 2001 verabredeten Einfuhr konsequenter Weise einen weiteren selbständigen fehlgeschlagenen Versuch annehmen und die Angeklagten des Versuchs der Beteiligung am Verbrechen der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen schuldig sprechen müssen.

Soweit der Generalbundesanwalt unter Hinweis auf die Rechtsprechung zum fehlgeschlagenen Versuch gemäß § 24 StGB (vgl. BGHSt 34, 53, 57 und 39, 221; BGHR StGB § 24 Abs. 1 Satz 1 Versuch, fehlgeschlagener 8; BGH NStZ-RR 1997, 259) von einem fehlgeschlagenen Versuch der Beteiligung an einem Verbrechen (§ 31 StGB) ausgeht, kann dem nicht gefolgt werden. Diese Rechtsprechung kann nicht ohne weiteres übertragen werden, da der Täter beim Versuch der Beteiligung an einem Verbrechen nach seiner Vorstellung noch nicht unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung ansetzt.

3. Wegen des aufgezeigten Rechtsfehlers war das Urteil betreffend die Angeklagte Petra S. im Fall B. 4. der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe und betreffend den Angeklagten Dietmar S. insgesamt aufzuheben. Aus diesem Grunde kommt es für die Entscheidung über die Revision nicht darauf an, ob nach den getroffenen Feststellungen die erklärte Bereitschaft eine (mit)täterschaftliche Einfuhr zum Gegenstand hat, was Tatbestandsvoraussetzung des § 30 Abs. 2 StGB ist (BGHR StGB § 30 Abs. 2 Verabredung 2; Tröndle/Fischer, StGB 51. Aufl. § 30 Rdn. 12); auch insoweit bestehen allerdings insbesondere beim Angeklagten Dietmar S. Bedenken.

Im Umfang der Aufhebung hat der Senat die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Ein Freispruch der Angeklagten vom Vorwurf des Versuchs der Beteiligung an dem Verbrechen der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln kommt nicht in Betracht, da sich aus dem festgestellten Sachverhalt nicht zweifelsfrei ergibt, ob sie freiwillig von ihrer Zusage eines Kurierfluges Abstand genommen haben.

Die Feststellungen zum Fall B. 4. der Urteilsgründe können bestehen bleiben, da sie rechtsfehlerfrei getroffenen worden sind; ergänzende Feststellungen, die zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehen, sind zulässig und hinsichtlich des Motivs für den Anfang März 2001 erfolgten Rücktritt erforderlich.



Ende der Entscheidung

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