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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 30.10.2007
Aktenzeichen: 3 StR 410/07
Rechtsgebiete: StPO, GVG, StGB
Vorschriften:
StPO § 338 Nr. 6 | |
StPO § 349 Abs. 4 | |
GVG § 171 b | |
GVG § 174 Abs. 1 Satz 2 | |
StGB § 177 Abs. 4 Nr. 1 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 30. Oktober 2007
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schwerer Vergewaltigung
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 30. Oktober 2007 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Tenor:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Verden vom 24. Mai 2007 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin dadurch entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt, das Tatmesser eingezogen sowie über Zahlungs- und Feststellungsanträge im Adhäsionsverfahren entschieden. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit einer Verfahrensrüge nach § 338 Nr. 6 StPO - Verletzung der Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens - vorläufigen Erfolg.
I.
1. Der Verfahrensrüge liegen folgende Verfahrensvorgänge zugrunde:
Durch Gerichtsbeschluss vom 5. März 2007 wurde gemäß § 171 b GVG die Öffentlichkeit für die Dauer der Vernehmung der Nebenklägerin ausgeschlossen. Nach der Vernehmung blieb die Zeugin auf Anordnung des Vorsitzenden unvereidigt und wurde im Einverständnis sämtlicher Verfahrensbeteiligter entlassen. Im Anschluss daran wurde die Öffentlichkeit wieder hergestellt. Nach sechs weiteren Hauptverhandlungstagen verlas der Verteidiger am 9. März 2007 eine Erklärung für den Angeklagten. Daraufhin sollte die anwesende Nebenklägerin erneut vernommen werden. Es erging die Anordnung des Vorsitzenden: "Der Beschluss über den Ausschluss der Öffentlichkeit vom 5. März 2007 dauert fort." Sodann wurde die Öffentlichkeit ausgeschlossen und die Zeugin vernommen.
2. Zu Recht rügt der Angeklagte, dass vor der zweiten Vernehmung der Nebenklägerin für den Ausschluss der Öffentlichkeit ein neuer Gerichtsbeschluss erforderlich gewesen wäre. Denn die Vernehmung, für deren Dauer die Öffentlichkeit durch Gerichtsbeschluss vom 5. März 2007 ausgeschlossen worden war, war abgeschlossen und die Zeugin entlassen worden. Auch wenn derselbe Zeuge in der laufenden Hauptverhandlung nochmals unter Ausschluss der Öffentlichkeit vernommen werden soll, ist nach § 174 Abs. 1 Satz 2 GVG grundsätzlich ein neuer Gerichtsbeschluss erforderlich (BGH NStZ 1992, 447 m. w. N.). Eine entsprechende Anordnung des Vorsitzenden kann auch dann einen förmlichen Beschluss nicht ersetzen, wenn in ihr auf den vorangegangenen Ausschließungsbeschluss Bezug genommen wird. Die Notwendigkeit eines erneuten Gerichtsbeschlusses kann zwar ausnahmsweise entfallen, wenn dem Protokoll zu entnehmen ist, dass die Entlassung des Zeugen sofort zurückgenommen wurde und die für den Ausschließungsbeschluss maßgebende Interessenlage fortbestand, so dass sich die zusätzliche Anhörung zusammen mit der vorausgegangenen als eine einheitliche Vernehmung darstellt (BGH NStZ 1992, 447). Ein solcher Ausnahmefall ist hier aber schon deswegen nicht gegeben, weil sich der Anlass zu der erneuten Vernehmung der Zeugin erst am sechsten Hauptverhandlungstag nach ihrer Entlassung herausstellte.
II.
Für die neue Hauptverhandlung sieht der Senat Anlass zu folgenden Hinweisen:
1. Die Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils hätte den Angriffen der Revision standgehalten. Insbesondere wäre es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden gewesen, dass das Landgericht der schriftlichen Einlassung des Angeklagten, der sich nur durch einen vom Verteidiger verlesenen Schriftsatz erklärt und Nachfragen nicht zugelassen hat, einen nur erheblich geminderten Beweiswert zugemessen hat. Die Strafkammer hat darauf hingewiesen, dass in einem solchen Fall die Einlassung des Angeklagten nur bedingt einer Glaubhaftigkeitsprüfung zugänglich sei, da mangels Möglichkeit von Nachfragen nur eingeschränkt nachgeprüft werden könne, ob die verlesenen Angaben auf einem tatsächlichen Geschehen basieren. Sie hat ferner darauf abgestellt, dass sie einen unmittelbaren Eindruck des Aussageverhaltens, insbesondere vom Sprachfluss und der begleitenden Körpersprache, nicht habe gewinnen können. Diese Erwägungen und die auf sie gestützte Annahme eines nur beschränkten Beweiswerts der Einlassung des Angeklagten sind rechtlich nicht zu beanstanden.
2. Die Verwirklichung der Qualifikation gemäß § 177 Abs. 4 Nr. 1 StGB ist in der Urteilsformel gegebenenfalls durch Verurteilung "wegen besonders schwerer Vergewaltigung" kenntlich zu machen (BGH bei Pfister NStZ-RR 2007, 365 Nr. 22 m. w. N.).
Ende der Entscheidung
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