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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 26.01.2006
Aktenzeichen: 3 StR 415/02
(2)
Rechtsgebiete:
Vorschriften:
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
vom 26. Januar 2006
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 26. Januar 2006, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Tolksdorf, die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Miebach, Pfister, Becker, Hubert als beisitzende Richter,
Staatsanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Verteidiger,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 29. April 2002 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten am 29. April 2002 wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen hat der Angeklagte, nachdem er unmittelbar nach der Verkündung auf Rechtsmittel verzichtet hatte, am 27. September 2002 Revision eingelegt und diese begründet. Nach erfolgter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und erneuter Zustellung des Urteils hat der Beschwerdeführer die Revision jeweils weiter begründet. Er erhebt verfahrens- und sachlichrechtliche Beanstandungen. Die Revision hat Erfolg.
1. Das Rechtsmittel ist zulässig. Der Rechtsmittelverzicht ist unwirksam, weil dem Urteil eine Urteilsabsprache vorausgegangen war und das Landgericht eine qualifizierte Rechtsmittelbelehrung nicht erteilt hatte (vgl. hierzu den in dieser Sache ergangenen Beschluss des Großen Senats für Strafsachen vom 3. März 2005 [NJW 2005, 1440 - zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen]).
2. Nach dem Vortrag der Revision, der durch die Urteilsgründe und das Hauptverhandlungsprotokoll bestätigt wird, hat der Angeklagte, nachdem die Strafkammer eine Freiheitsstrafe von höchstens 4 Jahren und 9 Monaten "bei Rechtsmittelverzicht" zugesagt hatte, durch seinen Verteidiger die Anklagevorwürfe als richtig zugestanden, weitere Angaben zur Sache aber nicht gemacht. Damit liegt ein bloßes "Formalgeständnis" vor, das als Grundlage für eine Verurteilung nicht ausreichend ist (BGH, Großer Senat für Strafsachen, NJW 2005, 1440, 1442 - zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen).
3. Für das erneute Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
a) Die bislang vom Landgericht gegebene Begründung, warum auf den zur Tatzeit 19 Jahre alten Angeklagten das allgemeine Strafrecht anzuwenden sei, hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Das Landgericht stützt seine Überzeugung, der Angeklagte habe zur Tatzeit nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung nicht mehr einem Jugendlichen gleichgestanden, darauf, dass er "schon seit vier Jahren selbständig" hier gelebt habe. Abgesehen davon, dass das Landgericht damit auch die zehn Monate der Untersuchungshaft in diese Zeitspanne einrechnet, ist diese Bewertung nicht durch Tatsachen unterlegt. Gleiches gilt für die Erwägung, der Angeklagte habe die Taten als "Organisator" begangen.
Die unzureichende Begründung dürfte vor allem dadurch zu erklären sein, dass sich die Kammer vor Vernehmung des Angeklagten zur Person über die Anwendung von Erwachsenenrecht "verständigt" hat. Dies war nicht zulässig (vgl. BGH NStZ 2001, 555).
b) Bei der erneuten Strafzumessung wird auch berücksichtigt werden müssen, dass das Revisionsverfahren aus Gründen, die vom Angeklagten nicht zu vertreten waren, erhebliche Zeit in Anspruch genommen hat. Nachdem der Angeklagte unmittelbar nach der Urteilsverkündung auf Rechtsmittel verzichtet hatte, war eine Entscheidung über die Wirksamkeit dieses Verzichts Voraussetzung dafür, dass die Revision überhaupt zu einer sachlichen Überprüfung des Urteils führen konnte. Aus Anlass dieses und eines anderen, zeitnah eingegangenen Verfahrens hat der Senat die zwischen den Strafsenaten des Bundesgerichtshofs umstrittene bzw. bislang nicht entschiedene Rechtsfrage nach der Wirksamkeit eines Rechtsmittelverzichts im Zusammenhang mit verfahrensbeendenden Absprachen dem Großen Senat für Strafsachen vorgelegt. Damit hat sich das Verfahren um etwa zweieinhalb Jahre verlängert. Dieser Umstand muss dem Angeklagten erheblich strafmildernd zugute kommen.
Ende der Entscheidung
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