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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 05.12.2001
Aktenzeichen: 3 StR 422/01
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 4
StGB § 306 a Abs. 1 Nr. 1
StGB § 306 b Abs. 2 Nr. 2
StGB § 306 a Abs. 1 Nr. 1
StGB § 306 a Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

3 StR 422/01

vom

5. Dezember 2001

in der Strafsache

gegen

wegen Anstiftung zur besonders schweren Brandstiftung

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 5. Dezember 2001 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:

Tenor:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 17. Juli 2001 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Anstiftung zu besonders schwerer Brandstiftung nach § 306 a Abs. 1 Nr. 1, § 306 b Abs. 2 Nr. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten führt mit der Sachrüge zur Aufhebung des Urteils.

Nach den Feststellungen stiftete der Angeklagte, ein Gastwirt, den gesondert verfolgten S. an, in einer von ihm betriebenen Gaststätte Feuer zu legen, um in den Genuß der Versicherungssumme zu gelangen. Die Gaststätte befindet sich in einem Anbau an einen Gebäudekomplex mit mehreren Wohnungen. S. verschüttete Benzin im Thekenraum und entzündete es. Das Feuer erfaßte eine "große Spanplatte, die fest mit der Wand verdübelt und mit Spiegelfliesen beklebt war". Die Platte verbrannte fast vollständig, ferner wurde ein Schrank durch das Feuer zerstört und die Deckenverkleidung "in Mitleidenschaft gezogen". Der mit "erheblicher Rußbildung" verbundene Schwelbrand wurde etwa drei Stunden später entdeckt und gelöscht.

1. Die Strafkammer hat die Voraussetzungen des § 306 a Abs. 1 Nr. 1 StGB in der Alternative des Inbrandsetzens eines zur Wohnung von Menschen dienenden Gebäudes bejaht. Dies wird durch die bisherigen Feststellungen nicht ausreichend belegt.

Das Inbrandsetzen eines Gebäudes ist nur dann vollendet, wenn Teile des Gebäudes, die für dessen Gebrauch bestimmend sind, so vom Feuer erfaßt sind, daß ein Fortbrennen aus eigener Kraft möglich ist (st.Rspr., vgl. Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 306 Rdn. 13 m.w.N.). Den Feststellungen ist nicht zu entnehmen, daß es sich bei der durch den Schwelbrand zerstörten Spanplatte um einen Gebäudebestandteil in diesem Sinne und nicht nur um einen Einrichtungsgegenstand gehandelt hatte. Für die Unterscheidung ist von Bedeutung, ob die fragliche Sache jederzeit entfernt werden konnte, ohne daß das Bauwerk selbst beeinträchtigt wurde (vgl. zu einer Deckenverkleidung BGHR StGB § 306 Nr. 2 Inbrandsetzen 4 und zu einem an die Wand genagelten Regal BGHSt 16, 109, 111). Da nicht festgestellt ist, daß die Spanplatte die Funktion etwa einer Trennwand hatte, erscheint es möglich, daß es sich um eine Trägerplatte für die Aufnahme von Spiegelfliesen handelte, die somit lediglich wie sonstige Einrichtungsgegenstände der Ausschmückung des Gastraumes gedient hatte. Dem würde auch nicht entgegenstehen, daß die Platte an die Wand gedübelt war, da eine solche Befestigungstechnik auch sonst bei schwereren Ausstattungsgegenständen nicht unüblich ist und eine spätere Entfernung ohne Beeinträchtigung des Bauwerks nicht hindert. Im übrigen erscheint auch fraglich, ob der Schwelbrand der Platte überhaupt das Fortbrennen und Niederbrennen des ganzen Gebäudes ermöglicht hätte (vgl. zur Inbrandsetzung einer Kellertüre BGHSt 18, 363, 365). Dies war hier bereits deswegen zweifelhaft, weil das Feuer nach drei Uhr gelegt worden war und bis gegen sechs Uhr weiter schwelte, ohne daß es von der Platte auf weitere Gebäudeteile übergegriffen hatte. Die Frage des Inbrandsetzens bedarf daher neuer tatrichterlicher Prüfung.

2. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf folgendes hin:

a) Das Landgericht ist zwar zu Recht davon ausgegangen, daß der Tatbestand des § 306 a Abs. 1 Nr. 1 StGB bei einem gemischt genutzten Gebäude auch dadurch erfüllt werden kann, daß nur der nicht zu Wohnzwecken dienende Teil in Brand gesetzt wird, wenn dieser zu einem einheitlichen Gebäude gehört, das auch bewohnte Räume enthält (vgl. BGHSt 35, 283, 285 m.w.N.). Die Frage, ob der Gaststättenanbau, in dem das Feuer gelegt worden ist, Teil des anschließenden Gesamtgebäudekomplexes mit Wohnungen war, bedarf jedoch einer eingehenderen Prüfung. Zwar ist den Feststellungen zu entnehmen, daß die Räumlichkeiten des Anbaus nicht an der Vorderfront dieses Gebäudekomplexes enden, sondern in diesen hineinragen. Aus den in Bezug genommenen Lichtbildern Nr. 1 und 2 ergibt sich zudem, daß das Flachdach des Anbaus als Terrasse für das benachbarte Gebäude genutzt wird. Zur näheren baulichen Beschaffenheit, insbesondere der Verbindung der beiden Baukörper und einer etwaigen Brandmauer, die unter Umständen das Übergreifen eines Feuers vom Anbau auf das bewohnte benachbarte Gebäude unmöglich gemacht hätte, ist den Urteilsgründen jedoch nichts zu entnehmen. Die Rechtsprechung hat angenommen, daß bei Anbauten ein einheitliches Gebäude etwa bei einem gemeinsamen Treppenhaus, einem gemeinsamen Flur oder ineinander übergehenden Räumen (mit Verbindungstüren und Maueröffnungen) angenommen werden könne (vgl. BGHSt 34, 115, 120; BGHR StGB § 306 Nr. 2 Wohnung 2, 7; § 306 a Abs. 1 Nr. 1 Wohnung 2; BGH GA 1969, 118 f.).

b) Bei der Anwendung des § 306 a Abs. 1 StGB wird neben dem Inbrandsetzen auch zu prüfen sein, ob das Gebäude nicht etwa durch Rußeinwirkung u.ä. ganz oder teilweise zerstört worden ist (vgl. BGHR StGB § 306 Zerstörung 1). Dem Senat war es nicht möglich, im Revisionsverfahren zu prüfen, ob die Verurteilung auf diese Alternative gestützt werden kann, da hierzu - die nicht unter diesem Gesichtspunkt getroffenen - Feststellungen in den Urteilsgründen nicht ausreichen und von der Lichtbildmappe nur auf die Bilder Nr. 1 und 2 mit den Außenaufnahmen von dem Gebäude Bezug genommen worden war.

c) Es wird weiter zu prüfen sein, ob die Beteiligung des Angeklagten nicht als Mittäterschaft zu bewerten ist. Dafür könnte sprechen, daß er ein hohes Tatinteresse hatte, da er die von ihm betriebene Gaststätte zur Erlangung der Versicherungssumme in Brand setzen lassen wollte. Er hat durch die Einweisung in den Tatort und die - letztlich nicht eingehaltene - Zusage, die Türe offen zu lassen, bei der Vorbereitung eigene Tatbeiträge erbracht und hatte auch Tatherrschaft, da die Tatzeit nach den Feststellungen ersichtlich abgesprochen worden war, was dem Angeklagten die Möglichkeit eröffnet hatte, die Durchführung der geplanten Tat zu verhindern.

d) Die Ausführungen des Verteidigers in der Revisionsbegründung geben keine Veranlassung, von der Entscheidung BGHSt 45, 211 ff. = NJW 2000, 226 ff., der sich der Senat in seiner Entscheidung BGHR StGB § 306 b Ermöglichen 2 angeschlossen hat, abzurücken.

Ende der Entscheidung

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