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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 10.02.1999
Aktenzeichen: 3 StR 460/98
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 2
StPO § 349 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 StR 460/98

vom

10. Februar 1999

in der Strafsache

gegen

1.

2.

3.

wegen Mordes

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. Februar 1999, an der teilgenommen haben:

Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Kutzer,

Richterin am Bundesgerichtshof

Dr. Rissing-van Saan,

die Richter am Bundesgerichtshof

Dr. Blauth, Winkler, Pfister

als beisitzende Richter,

Richter am Amtsgericht

als Vertreter der Bundesanwaltschaft,

1. a) Rechtsanwalt Prof. Dr.,

b) Rechtsanwalt

als Verteidiger der Angeklagten K.,

2. Rechtsanwalt

als Verteidiger des Angeklagten T.,

3. Rechtsanwalt

als Verteidiger des Angeklagten M.,

Justizamtsinspektor

als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Verden vom 16. Dezember 1997 aufgehoben, soweit das Landgericht eine besondere Schuldschwere i.S.d. § 57 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB für die Angeklagten K. und T. verneint hat.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision der Staatsanwaltschaft wird verworfen.

Die Staatskasse hat insoweit die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten M. dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat die Angeklagten K., T. und M. wegen gemeinschaftlichen Mordes jeweils zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Tatopfer ist der Ehemann der Angeklagten K., der ihrem Verhältnis zu dem Mitangeklagten T. und deren Heiratsplänen im Wege stand. Der Angeklagte M. hat gegen Zahlung von 20.000 DM an der Tötung des unter einem Vorwand an einen einsamen Ort gelockten Opfers mitgewirkt. Eine besonders schwere Schuld i.S.d. § 57 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB hat das Landgericht trotz der neben den angenommenen Mordmerkmalen der niedrigen Beweggründe (für die Angeklagten K. und T.) und der Habgier (für den Angeklagten M.) - zumindest objektiv - vorliegenden heimtückischen Tötung für alle drei Angeklagten nicht festgestellt.

Hiergegen wendet sich die in zulässiger Weise auf die Verneinung der besonderen Schuldschwere beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft. Das Rechtsmittel, mit dem die Verletzung sachlichen Rechts geltend gemacht wird, hat hinsichtlich der Angeklagten K. und T. Erfolg. Soweit es den Angeklagten M. betrifft, ist es unbegründet.

1. Die Urteilsausführungen des Landgerichts zur Frage, ob für die Angeklagten K. und T. eine besondere Schuldschwere gemäß § 57 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB anzunehmen ist oder nicht, genügen nicht den in diesem Zusammenhang zu stellenden Anforderungen. Der Tatrichter hat seine Entscheidung ohne Bindung an begriffliche Vorgaben im Wege einer zusammenfassenden Würdigung von Tat und Täterpersönlichkeit zu treffen, wobei die besondere Schwere der Schuld nur dann festgestellt werden kann, wenn Umstände vorliegen, die Gewicht haben (vgl. BGHSt 40, 360, 370). Das setzt weiter voraus, daß der Tatrichter in einer Gesamtwürdigung alle maßgeblichen, das heißt schuldrelevanten Umstände erkennbar bedacht und für das Revisionsgericht nachprüfbar abgewogen hat. Daran fehlt es.

Zwar hat das Landgericht zutreffend die zumindest objektiv heimtückische Art und Weise der Tatausführung als einen schulderhöhenden Umstand benannt. Mögliche schulderhöhende Umstände, die sich aus der Tatplanung und Tatvorbereitung ergeben können, hat es hingegen unerwähnt gelassen. So hat die Strafkammer nicht erkennbar bedacht, daß die Angeklagten K. und T. außer der späteren eigentlichen Mordausführung bereits in der zweiten Aprilhälfte 1996 eine fehlgeschlagene Anstiftung des Zeugen D. gemäß § 30 Abs. 1 StGB begangen haben, als sie diesem 30.000 DM zukommen ließen, mit denen er einen zur Tötung des Olaf K. bereiten Dritten gewinnen und bezahlen sollte. Tatsächlich hatte D. von Anfang an vor, die von der Angeklagten K. zur Verfügung gestellten und ihm von dem Angeklagten T. überbrachten 30.000 DM für sich zu verwenden. Erst auf mehrfache Mahnung gab er 20.000 DM an den Angeklagten T. zurück, 10.000 DM behielt der Zeuge jedoch wegen angeblicher Unkosten für sich. Ein solcher fehlgeschlagener Versuch der Anstiftung zum Mord kann nicht nur ein u.U. selbständig strafbares Delikt im Verhältnis zu dem später versuchten oder vollendeten Tötungsdelikt sein (vgl. BGH NStZ 1999, 25 m. Anm. Beulke), sondern kann auch einen für die Bewertung der Schuldschwere im Sinne des § 57 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB maßgeblichen Faktor darstellen. Die fehlgeschlagene Anstiftung zum Auftragsmord wäre zumindest nachprüfbar in die Gesamtwürdigung einzubeziehen gewesen, weil sie geeignet ist, das Gesamtunrecht der von den gescheiterten Anstiftern letztlich selbst als Täter ausgeübten Mordtat zu steigern. Auch hat das Landgericht bei seiner Gesamtwürdigung zur Frage der besonderen Schuldschwere unerwähnt gelassen, daß die Angeklagten - dies gilt auch für den Angeklagten M. - die Tatausführung schon für den Abend des 29. April 1996 geplant hatten, diese jedoch abbrechen mußten, weil der Versuch der Angeklagten K. mißlang, sich ein Alibi zu verschaffen. Das läßt besorgen, daß das Landgericht die sich aus der Hartnäckigkeit der Zielverfolgung ergebende kriminelle Energie der Angeklagten nicht berücksichtigt hat.

Dies gilt um so mehr, als das Landgericht den Angeklagten K. und T. statt dessen eine erhebliche Dynamik zugute gehalten hat, die vor dem Hintergrund ihres intimen Verhältnisses zu gegenseitiger Verstrickung und entsprechenden Verhaltensweisen geführt habe, wobei beide sich dem jeweils anderen nicht zu entziehen vermocht und sich gegenseitig zur Tat getrieben hätten (vgl. UA S. 260). Diese Charakterisierung von Tatentstehung und -ausführung als fast schicksalhaft ist weder mit den sonstigen Feststellungen zur Tatplanung und -begehung noch mit der von der Strafkammer an anderer Urteilsstelle als wesentliches Motiv festgestellten Sorge der Angeklagten K. zu vereinbaren, daß sie im Falle einer von ihr ausgehenden Trennung von ihrem Vater enterbt würde und den Hof würde verlassen müssen, wozu sie nicht bereit war, während ihr Ehemann Olaf und die Kinder auf dem väterlichen Gut bleiben dürften (vgl. UA S. 22). Auch die Feststellung, daß für den Angeklagten T. bei der von ihm angestrebten Vertiefung oder Legalisierung seines Verhältnisses mit der wohlhabenden Angeklagten K. die materiellen Aspekte im Vordergrund standen (vgl. UA S. 23), ist nicht ohne weiteres und nicht völlig widerspruchsfrei mit der im Rahmen der Schuldschwereprüfung vorgenommenen Wertung der Strafkammer in Einklang zu bringen. Deshalb ist das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben und zurückzuverweisen. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es dabei schon deshalb nicht, weil das Landgericht lediglich die für die Frage der besonderen Schuldschwere maßgeblichen Beurteilungskriterien fehlerhaft auf den festgestellten Sachverhalt angewandt hat (vgl. BGHSt 39, 208, 210).

2. Die Verneinung der besonderen Schuldschwere für den Angeklagten M. hält im Ergebnis rechtlicher Überprüfung stand. Der Angeklagte M. war an der fehlgeschlagenen Anstiftung zum Mord im Vorfeld des Tatgeschehens nicht beteiligt, so daß das ihm anzulastende objektiv und subjektiv begangene Unrecht geringer ist als das der Angeklagten K. und T. Das Landgericht hat bei diesem Angeklagten auch zu Recht darauf abgestellt, daß er zum Zeitpunkt der Tat noch recht jung war, er seinen Berufs- und Lebensweg noch nicht gefunden hatte und seine Persönlichkeit noch nicht ausgereift war. Diese besonderen Umstände in der Person des Angeklagten M. lassen es als noch gerechtfertigt erscheinen, trotz des erheblichen schulderhöhenden Umstands der zumindest objektiv heimtückischen Tatausführung, keine besonders schwere Schuld i.S.d. § 57 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB anzunehmen. Dieser Ausspruch kann daher bestehen bleiben.



Ende der Entscheidung

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