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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 17.11.1999
Aktenzeichen: 3 StR 472/99
Rechtsgebiete: StPO, StGB
Vorschriften:
StPO § 349 Abs. 2 und 4 | |
StGB § 224 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom
17. November 1999
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Totschlags
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 17. November 1999 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Tenor:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 28. April 1999 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Gegen diese Entscheidung richtet sich die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts stach der Angeklagte mit einem Butterflymesser fünf cm tief in den rechten unteren Rücken des Zeugen B. . Dabei hielt er es für möglich, daß er lebenswichtige Organe des Opfers treffen und dieses dadurch sterben könnte, und nahm dies auch in Kauf. Der Geschädigte sackte kurz zusammen, lief dann in ein Lokal und rief von dort die Polizei. Nach der Auseinandersetzung begab sich der Angeklagte in den nahen "Beat-Club". Für den Geschädigten bestand konkrete Lebensgefahr.
2. Die Verurteilung wegen versuchten Totschlags hat keinen Bestand. Das Schwurgericht hat nicht erkennbar geprüft, ob der Angeklagte vom Versuch des Totschlags mit strafbefreiender Wirkung zurückgetreten ist, obwohl nach den getroffenen Feststellungen dazu Anlaß bestand (vgl. BGHR StGB § 24 Abs. 1 Satz 1 Versuch, unbeendeter 17, 24 und 31).
Der Angeklagte hat nach den Feststellungen des Landgerichts nur einmal auf den Zeugen B. eingestochen. Dem angefochtenen Urteil kann nicht entnommen werden, ob der Tötungsversuch mit dem einen Messerstich unbeendet oder beendet war. Wegen der unterschiedlichen Rücktrittsvoraussetzungen muß dies eindeutig geklärt werden (vgl. BGHR StGB § 24 Abs. 1 Satz 1 Versuch, unbeendeter 31). Ein unbeendeter Versuch des Totschlags ist nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil der Stich dem Opfer mit "erheblicher Wucht" beigebracht wurde (UA S. 19). Für die Abgrenzung des unbeendeten Versuchs vom beendeten Versuch sind vielmehr die Vorstellungen des Angeklagten unmittelbar nach dem Messerstich ("Rücktrittshorizont") entscheidend (BGHSt 31, 170, 175 und 33, 295, 298; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 44. Aufl. § 24 Rdn. 4 a), zu denen sich das Urteil nicht verhält.
Die Feststellung des Landgerichts, daß das Opfer nach der letzten Ausführungshandlung noch in der Lage war, vom Tatort wegzulaufen, spricht eher gegen den Eindruck eines möglicherweise tödlich Getroffenen und damit gegen einen beendeten Versuch (BGHR StGB § 24 Abs. 1 Satz 1 Versuch, unbeendeter 17 und 31; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 44. Aufl. § 24 Rdn. 4 a). Den Urteilsfeststellungen kann vor allem nicht entnommen werden, daß es für den Angeklagten unmöglich war, weiter auf das Tatopfer einzustechen. Subjektive oder objektive Umstände, die ihn daran gehindert haben könnten (vgl. BGHR StGB § 24 Abs. 1 Satz 1 Freiwilligkeit 8), sind auch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht zu entnehmen. Falls ein strafbefreiender Rücktritt vorliegen sollte, käme lediglich eine Bestrafung wegen gefährlicher Körperverletzung in Betracht (§ 224 StGB).
Ende der Entscheidung
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