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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 13.02.2008
Aktenzeichen: 3 StR 481/07
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 244 Abs. 2 | |
StPO § 349 Abs. 4 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 13. Februar 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 13. Februar 2008 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Tenor:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 14. Juni 2007 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts machte sich der Angeklagte die Reisepläne einer Bekannten, der gesondert Verfolgten W. , für einen Betäubungsmitteltransport zu Nutze. Er flog mit ihr gemeinsam auf eine Insel der Niederländischen Antillen und versteckte unmittelbar vor dem Rückflug nach Düsseldorf im Koffer der ahnungslosen Frau ein Päckchen mit knapp 2 Kilogramm Kokain. Diese wurde bei der Einreise routinemäßig kontrolliert und nach Entdeckung des Rauschgifts festgenommen, während der Angeklagte unbehelligt den Flughafen verlassen konnte und nach Holland weiterreiste. Trotz der Beteuerung ihrer Unschuld wurde Frau W. vom Landgericht Düsseldorf am 13. Dezember 2005 als Betäubungsmittelkurierin zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt.
Der Angeklagte hat den Tatvorwurf bestritten und sich u. a. dahin eingelassen, Frau W. habe das Paket, in dem später das Rauschgift gefunden worden sei, von einem anderen Mann übergeben bekommen und ihm, dem Angeklagten, mitgeteilt, es handele sich um ein Geschenk. Das Landgericht ist demgegenüber der Darstellung der als Zeugin gehörten W. gefolgt. Seine Überzeugung, dass der Angeklagte das Kokain durch eine ahnungslose Frau transportieren ließ, hat es zuletzt auch dadurch bestätigt gefunden, dass der Angeklagte wegen Betäubungsmitteldelikten bereits mehrfach vorbestraft war und nach der abgeurteilten Tat bei der Einfuhr von Kokain aus Südamerika nach Belgien betroffen und deshalb zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt worden war; hingegen wäre der zu Depressionen neigenden Zeugin W. nicht die für eine Kurierin erforderliche Nervenkraft zuzutrauen.
2. Vor diesem Hintergrund rügt die Revision zu Recht, dass sich das Landgericht nicht mit dem Inhalt des gegen die Zeugin ergangenen Urteils auseinandergesetzt hat.
a) Die Rüge ist zulässig erhoben. Zwar wird mit ihr einleitend die "Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht gemäß § 244 Abs. 2 StPO" geltend gemacht, im Anschluss jedoch ausschließlich beanstandet, dass das Landgericht das in der Hauptverhandlung verlesene Urteil gegen die Zeugin W. bei seiner Beweiswürdigung nicht berücksichtigt, also seiner Überzeugungsbildung etwas nicht zugrunde gelegt zu haben, was Inbegriff der Hauptverhandlung war (§ 261 StPO). Dabei teilt die Revision alle insoweit relevanten Passagen des verlesenen Urteils wörtlich mit. Der vom Generalbundesanwalt vermissten Wiedergabe der gesamten Urteilsgründe bedurfte es nicht.
b) Die Rüge ist begründet. In dem in der Hauptverhandlung verlesenen Urteil vom 13. Dezember 2005 hatte das Landgericht Düsseldorf festgestellt, dass die Zeugin W. im Oktober 2002 von einem niederländischen Gericht wegen mittäterschaftlicher Betäubungsmitteleinfuhr (Einfuhr von knapp 1,5 Kilogramm Kokain im Fluggepäck aus Curacao zusammen mit einem Mann im Juli 2002) zu zehn Monaten Gefängnis verurteilt worden war. Seine Überzeugung von der Schuld der Zeugin W. hatte es u. a. darauf gestützt, dass diese, wie ihre Vorverurteilung zeige, Erfahrung mit dem Schmuggel von Betäubungsmitteln und den damit verbundenen Verdienstmöglichkeiten gehabt hatte.
Die Bedeutung dieser einschlägigen Vorstrafe der Zeugin für die Überzeugungsbildung des Gerichts liegt auf der Hand. Der Umstand, dass die Zeugin bereits einmal - erkennbar unter derselben Tarnung (als Touristin mit einem Partner aus dem Urlaub kommend) - beim Schmuggel von Betäubungsmitteln betroffen und dafür bestraft worden war, konnte für die Beurteilung der Glaubhaftigkeit ihrer Aussage nicht ausgeblendet werden. Mit ihm hätte sich das Landgericht im Rahmen der Beweiswürdigung auseinandersetzen müssen.
3. Der neue Tatrichter wird zu bedenken haben, dass es von Rechts wegen nicht geboten ist, entweder der Version des Angeklagten oder der der Zeugin zu folgen. An Stelle der Alleintäterschaft einer der Personen wird er auch die Möglichkeit zu erwägen haben, ob nicht beide in strafbarer Weise am Verbringen des Kokains beteiligt waren.
Ende der Entscheidung
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