Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 15.01.2001
Aktenzeichen: 3 StR 550/00
Rechtsgebiete: StPO, BtMG, StGB


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 2 und 4
BtMG § 29 a Abs. 1 Nr. 2
StGB § 64
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

3 StR 550/00

vom 15. Januar 2001

in der Strafsache

gegen

wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 15. Januar 2001 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 8. September 2000 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 74 (21 + 53) Fällen, davon in 21 Fällen in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von diesen, sowie wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 20 Fällen verurteilt worden ist, sowie im gesamten Rechtsfolgenausspruch.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuldspruch wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln keinen Rechtsfehler ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Dagegen hält der Schuldspruch im übrigen, sowie der gesamte Rechtsfolgenausspruch einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. Soweit die Strafkammer auf UA S. 5 in "21" Fällen Handeltreiben in Tateinheit mit Erwerb angenommen hat, wird dies durch die Feststellungen, denen lediglich 19 Fälle zu entnehmen sind, nicht getragen.

2. Abgesehen von den im Schuldspruch aufrechterhaltenen 29 Fällen des bloßen Erwerbs von jeweils 5 g Heroin zum Eigenkonsum, fehlt es bei allen übrigen Fällen, in denen dem Angeklagten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zur Last gelegt wird, an einer hinreichenden Bestimmung des Sachverhalts und damit auch des Schuldumfangs.

Hinsichtlich der abgeurteilten "21" Fälle geht die Strafkammer davon aus, daß der Angeklagte jeweils 10 g Heroin von D. erworben, davon je 5 g zum Eigenverbrauch verwendet und die restlichen 5 g "an weitere Drogenabhängige vermittelt" habe. Diese Feststellung ist unklar und widersprüchlich, da eine Vermittlung die Förderung eines fremden Umsatzgeschäftes - etwa durch Benennung eines Abnehmers gegen Provision - betrifft, während der vorhergehende Erwerb der jeweiligen Gesamtmenge für einen Weiterverkauf der Restmenge durch den Angeklagten selbst spricht. Für die Bewertung des Schuldumfangs stellt es jedoch einen Unterschied dar, ob ein Täter lediglich ein fremdes Umsatzgeschäft gegen Provision fördert oder ob er selbst über die zum Handel bestimmten Drogen verfügt und diese mit Gewinn weiter veräußert.

Hinsichtlich der auf UA S. 5 anschließend geschilderten 53 Fälle des Handeltreibens stellt die Strafkammer fest, daß sich der Angeklagte hierbei "durch die Vermittlung weiterer Konsumenten sein von ihm benötigtes Rauschgift kostenlos beschafft habe, ... indem er folgende Mengen bezog:" Dabei bleibt unklar, ob es sich bei den dann genannten 53 Einzelmengen von 10 bis 15 g Heroin um als Provision für vorgenommene Vermittlungen erhaltene Drogen handelt, die dann der Angeklagte letztlich selbst konsumiert hat, oder ob es sich um Mengen handelt, die der Angeklagte selbst erworben und sodann mit Gewinn weiter veräußert hat. Im erstgenannten Fall läge das Handeltreiben nicht in der Entgegennahme der Provisionsmenge zum Eigenverbrauch, sondern in der vorhergehenden Förderung des fremden Umsatzgeschäftes, das hier allerdings nicht einmal in Umrissen näher dargelegt worden wäre und sich auf eine vermutlich vielfach höhere Handelsmenge bezogen hätte.

Unklar sind weiter die Feststellungen der Strafkammer zu den auf UA S. 6 oben genannten 20 Fällen des Handels mit "größeren Mengen Heroin", von denen nur mitgeteilt wird, daß sie der Angeklage "bezogen" hat. Hätte er sie tatsächlich nur bezogen, läge nur Erwerb vor; sollte sich jedoch der Vorspruch von UA S. 5 Mitte zu den zuvor genannten 53 Fällen auch auf diese Mengen beziehen, würden die dazu geäußerten rechtlichen Bedenken auch hier gelten.

3. Wie von dem Revisionsführer und dem Generalbundesanwalt zu Recht ausgeführt wird, fehlt es darüber hinaus in sämtlichen abgeurteilten Fällen auch an der erforderlichen Bestimmung des Wirkstoffgehalts des Heroins. Ohne diese Feststellung ist insbesondere in den Fällen eine Verurteilung des Angeklagten wegen eines Verbrechens nach § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG nicht möglich, bei denen sich das Handeltreiben auf Mengen bis zu 30 g Heroin bezieht, weil nicht ausgeschlossen werden kann, daß der Wirkstoffgehalt unter 4 % HHC gelegen hat und somit der Grenzwert der nicht geringen Menge von 1,5 g nicht erreicht wird. Im übrigen führt dieser Mangel zur Fehlerhaftigkeit des Strafausspruchs in sämtlichen Fällen, weil für eine schuldangemessene Festsetzung der Strafen in Betäubungsmittelverfahren auf die Feststellung des Wirkstoffgehalts regelmäßig nicht verzichtet werden kann (st. Rspr.; vgl. BGHR BtMG § 29 a I Nr. 2 Menge 3).

4. Die aufgezeigten Mängel führen zur Aufhebung des Schuldspruchs in allen Fällen, in denen der Angeklagte wegen Handeltreibens verurteilt worden ist, und des gesamten Rechtsfolgenausspruchs. Der Schuldspruch im ersten Tatkomplex (unerlaubter Erwerb in 29 Fällen) kann dagegen bestehen bleiben, da ergänzende Feststellungen zum Wirkstoffgehalt möglich sind. Der neue Tatrichter wird zudem Gelegenheit haben, die hier nicht fernliegenden Voraussetzungen einer Unterbringung nach § 64 StGB zu prüfen.



Ende der Entscheidung

Zurück