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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 07.06.2000
Aktenzeichen: 3 StR 83/00
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 2 und 4
StPO § 265
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

3 StR 83/00

vom

7. Juni 2000

in der Strafsache

gegen

wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu Ziff. 2. auf dessen Antrag - am 7. Juni 2000 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 4. Juni 1999

a) im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in drei Fällen, davon in zwei Fällen in nicht geringer Menge verurteilt ist, und

b) mit den zugehörigen Feststellungen im Ausspruch über die Einzelstrafen in den ersten beiden Fällen (Verkauf von 23 kg Heroin und 2 kg Kokain sowie Verkauf von 12 kg "vermischter Ware" - Ziff. II, Seite 4 bis 14 Mitte der Urteilsgründe) und im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in vier Fällen, davon in drei Fällen in nicht geringer Menge, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Der Angeklagte rügt die Verletzung formellen und sachlichen Rechts. Die Verfahrensrüge ist gemäß § 349 Abs. 2 StPO unbegründet; insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts. Mit der Sachrüge hat der Beschwerdeführer in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg.

I. Das Landgericht hat in den Fällen Ziff. II, (Seite 4 bis 14 Mitte der Urteilsgründe) folgendes festgestellt:

Nach zahlreichen Vorgesprächen, beginnend im Dezember 1997, und mehreren Probelieferungen wollte der Angeklagte zusammen mit anderen Tatbeteiligten an die nicht näher identifizierte Vertrauensperson der Polizei "B. " Heroin und Kokain im Kilobereich in einer Größenordnung von zunächst ca. 500.000 DM verkaufen. Später wurde das Geschäft dahin konkretisiert, daß "B. " 23 kg Heroin und 2 kg Kokain für 600.000 DM angeboten wurden. Auf der Verkäuferseite waren neben dem Angeklagten mit unterschiedlichen Tatbeiträgen die anderweitig verfolgten Ba. , Ha. , K. , M. , S. , I. und H. beteiligt. Am 6. Februar 1998 wurde "B. " bedeutet, 10 kg der Ware seien schon beschafft, der Rest werde innerhalb der nächsten zehn Tage besorgt. Bei einem weiteren Treffen am 25. Februar erwähnte K. , daß er sich an dem Geschäft mit dem Verkauf von 10 bis 12 kg beteiligen wolle und der Preis für die gute und nicht vermischte Ware 20.000 DM pro kg betrage. Nachdem Lieferschwierigkeiten aufgetreten waren, wurde "B. " am 27. Februar mitgeteilt, die Probleme seien durch eine Beteiligung des K. mit 8 kg gelöst. M. erklärte, das Geschäft solle nun über 30 kg Heroin und 1 kg Kokain zu einem Gesamtpreis von 670.000 DM abgeschlossen werden. Später erwogen K. und S. , das Geschäft über den Verkauf von 25 kg Heroin ohne M. abzuschließen, worauf sich die Vertrauensperson nicht einließ. Schließlich vereinbarten alle, das Geschäft am 6. März 1998 abzuwickeln. Zu der geplanten Übergabe kam es nicht, weil festgestellt wurde, daß der Übergabeort schon seit Stunden von der Polizei observiert wurde. Deshalb erklärte S. , der zusammen mit dem Angeklagten erschienen war, daß die Übergabe an einem anderen Ort stattfinden solle, was die Vertrauensperson aber ablehnen mußte, so daß - da jede Seite auf ihrer Forderung beharrte - die Sache beendet wurde. Die Vertrauensperson rief S. auf seinem Handy an und bot ihr an, am Übergabeort zu warten. S. entgegnete darauf: "Vergiß das Thema! Das ist alles Mist. Vergiß das! Das sind nur Worte." und beendete sodann das Gespräch.

Fünf Tage später, am 11. März 1998 traf die Vertrauensperson erneut mit S. zusammen, der erklärte, daß von der ursprünglich für die Vertrauensperson bestimmten Rauschgiftmenge in der Zwischenzeit weniger als die Hälfte verkauft sei. Am Folgetag, an dem die Vertrauensperson S. und den Angeklagten sowie den früheren Mitangeklagten H. traf, sagten diese der Vertrauensperson, daß der frühere Mitangeklagte K. und M. am Geschäft nicht mehr beteiligt seien.

Die Vertrauensperson meldete sich dann einige Zeit bei der Verkäufer- gruppe nicht, was sie S. auch angekündigt hatte, erschien am 28. März wieder und traf den Angeklagten, den früheren Mitangeklagten H. und S. . Diese wollten mit der Vertrauensperson erneut ins Geschäft kommen, und zwar nunmehr auch ohne die früher beteiligten Ba. und I. . Statt dessen gehörten aber Ham. und ein weiterer Marokkaner zu den Verkäufern, die alle zusammen 12 kg vermischte Ware, und zwar 3 kg Heroin und 9 kg Pulver für 216.000 DM an die Vertrauensperson liefern wollten. Das Geschäft sollte dann auch möglichst zeitnah abgewickelt werden. Zu der für den 3. April 1998 geplanten Übergabe auf einem Parkplatz ist es nicht gekommen, weil sich die Vertrauensperson vom Parkplatz entfernte, als sie bemerkt hatte, daß das Vorzeigegeld ihr von der Polizei nicht zur Verfügung gestellt wurde.

II. Aufgrund des festgestellten Sachverhalts hat das Landgericht den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen verurteilt und Einzelstrafen von vier Jahren sechs Monaten und drei Jahren sechs Monaten verhängt. Diese Verurteilung hat keinen Bestand, weil die Strafkammer das Konkurrenzverhältnis nicht rechtsfehlerfrei beurteilt hat.

1. Rechtlich zutreffend geht das Landgericht davon aus, daß der Angeklagte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist, weil er zusammen mit anderen der Vertrauensperson "B. " Rauschgift in der dargestellten Größenordnung zum Kauf angeboten hat. Handeltreiben mit Betäubungsmitteln umfaßt alle eigennützigen Bemühungen, die darauf gerichtet sind, den Umsatz mit Betäubungsmitteln zu ermöglichen oder zu fördern (BGHSt 29, 239 f.; 30, 359, 361; BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 28, 29, 31, 41, 50). Ein vollendetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln liegt deshalb bereits dann vor, wenn der Verkäufer dem Kaufinteressenten ein verbindliches und ernsthaftes Verkaufsangebot unterbreitet (BGH NJW 1954, 1537; Körner, BtMG 4. Aufl. § 29 Rdn. 165). Dabei ist es rechtlich unerheblich, ob es zu Umsatzgeschäften tatsächlich gekommen ist (BGHSt 29, 239, 240; 30, 359, 361), ob der Täter über das angebotene Rauschgift verfügen konnte (BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 29) oder ob er eine gesicherte Lieferantenzusage hatte (BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 31). Auch wenn - wie hier - eine Vertrauensperson der Polizei sich nur zum Schein als Käufer an den Kaufverhandlungen über Rauschgift beteiligt und der erstrebte Betäubungsmittelumsatz nicht erreicht werden kann, ist beim mitbeteiligten Verkäufer ein Handeltreiben gegeben (BGHSt 30, 277 f.; BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 19).

2. Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen rechtfertigen aber nicht die Annahme von zwei selbständigen Einzeltaten.

Zwar setzte sich - im Gegensatz zur Käuferseite - die Verkäuferseite bis zum 6. März 1998 personell anders zusammen als bei den folgenden Verkaufsverhandlungen, der Angeklagte war aber durchgängig - ebenso wie die anderweitig verfolgten S. und H. - an ihnen beteiligt. Ein endgültiger Abbruch der Geschäftsbeziehungen erfolgte am 6. März 1998 nicht, vielmehr ergibt sich aus den Urteilsgründen mit hinreichender Deutlichkeit, daß lediglich die Übergabe aufgrund der verdächtigen äußeren Umstände als gescheitert angesehen wurde, ohne daß zugleich der Verkaufswille der auch an den weiteren Verhandlungen beteiligten Verkäufer aufgegeben wurde. Von der ursprünglich zum Verkauf vorgesehenen Rauschgiftmenge waren nach dem 6. März "weniger als die Hälfte verkauft". Auch wurden nun "12 kg vermischte Ware, und zwar 3 kg Heroin und 9 kg Pulver für 216.000 DM" angeboten. Aufgrund der Feststellungen, daß der Angeklagte und die früheren Mitangeklagten S. und H. weiter beteiligt waren, kann nicht ausgeschlossen werden, daß die von ihnen zum ersten Geschäft beizusteuernden Mengen, jedenfalls soweit noch vorhanden, in das neuerliche mit der Vertrauensperson geplante Geschäft eingebracht werden sollten. Dafür spricht, daß der an den zweiten Verkaufsverhandlungen neu beteiligte Marokkaner Ham. schon am 4. März 1998 gegenüber der Vertrauensperson zusammen mit einem weiteren Marokkaner geäußert hatte, daß ihnen 5 kg aus der von S. - zum ersten geplanten Geschäft - beizusteuernden Menge gehören würden (vgl. UA S. 13). Danach liegen hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür vor, daß jedenfalls eine Teilmenge, zumindest soweit sie von S. und Ham. beigesteuert wurde, der nach dem 6. März angebotenen Ware aus demselben Vorrat stammte wie das zunächst angebotene Rauschgift. Zugunsten des Angeklagten ist deshalb wegen nicht ausschließbarer Teilidentität der zum Verkauf bestimmten Mengen von einer Tat auszugehen (vgl. BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 18; vgl. auch BGH bei Winkler NStZ 2000, 248).

Es erscheint ausgeschlossen, daß in einer neuen Hauptverhandlung der Annahme einer einheitlichen Tat entgegenstehende Feststellungen getroffen werden könnten. Der Senat ändert den Schuldspruch in den ersten beiden Fällen (Ziff. II der Urteilsgründe, Seite 4 bis 14 Mitte) deshalb dahin, daß der Angeklagte insoweit (nur in einem Fall) des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist. § 265 StPO steht dieser Änderung des Schuldspruchs nicht entgegen.

3. Wegen der Zusammenfassung der genannten Fälle zu einem Fall des unerlaubten Handeltreibens waren die dafür von der Strafkammer verhängten zwei Einzelstrafen aufzuheben. Es ist Aufgabe des Tatrichters, die verwirkte Einzelstrafe festzusetzen. Mit der Aufhebung der beiden Einzelstrafen entfällt auch die Gesamtstrafe.

III. Die Revision des Angeklagten ist, soweit die Verurteilung des Angeklagten in den Fällen II der Urteilsgründe Seite 14 und 15 angegriffen wird, aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Der Senat schließt aus, daß sich die in den Fällen II Seite 4 bis 14 Mitte der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen oder die fehlerhafte Bewertung des Konkurrenzverhältnisses in diesen Fällen auf die Höhe der beiden maßvollen Einzelstrafen von einem Jahr und neun Monaten ausgewirkt hat.



Ende der Entscheidung

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