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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 06.04.2006
Aktenzeichen: 3 StR 93/06
Rechtsgebiete: StPO, BtMG, StGB


Vorschriften:

StPO § 265
StPO § 349 Abs. 2
StPO § 349 Abs. 4
BtMG § 29 a Abs. 1 Nr. 2
StGB § 51 Abs. 4 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

3 StR 93/06

vom 6. April 2006

in der Strafsache

gegen

wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a.

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. und 3. auf dessen Antrag - am 6. April 2006 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 7. Dezember 2005 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis schuldig ist.

2. Die Urteilsformel wird dahin ergänzt, dass die in Österreich erlittene Freiheitsentziehung im Verhältnis 1:1 angerechnet wird.

3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

4. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis" zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat teilweise Erfolg.

1. Soweit das Landgericht angenommen hat, der Angeklagte habe sich durch den festgestellten Transport der Betäubungsmittel des täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gemacht, hält dies sachlichrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Nach den Feststellungen hat der Angeklagte das sichergestellte Amphetamin im Reserverad eines von ihm geführten Fahrzeugs von Frankfurt am Main nach Puttgarden befördert. Er wusste, dass das Fahrzeug mit Rauschgift präpariert war, und nahm es zumindest billigend in Kauf, Rauschgift jeder Art und in erheblicher Menge zu transportieren. Für den Transport sollte er eine erhebliche Belohnung erhalten.

Gemessen an den auch bei Betäubungsmittelstraftaten geltenden allgemeinen Grundsätzen über die Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme (vgl. BGH - Großer Senat für Strafsachen - NJW 2005, 3790, 3793) tragen die Feststellungen nicht die Verurteilung wegen täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Die festgestellte Transportfahrt des Angeklagten geht in Hinblick auf ein Handeltreiben nicht über eine bloße Unterstützungshandlung hinaus. Auch der dem Angeklagten versprochene erhebliche Kurierlohn reicht zur Begründung von Täterschaft nicht aus, da eine solche Belohnung regelmäßig auch einem Gehilfen gewährt oder in Aussicht gestellt wird. Eigennützigkeit des Rauschgiftkuriers ist zwar notwendige, nicht aber hinreichende Bedingung für die Annahme (mit)täterschaftlichen Handeltreibens (st. Rspr.; BGH NStZ 1999, 451 m. w. N.).

2. Auf der Grundlage der - rechtsfehlerfrei getroffenen - Feststellungen des Landgerichts ist der Angeklagte indessen jedenfalls des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit (vgl. BGH NStZ-RR 1996, 116) mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (vgl. zur neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Winkler, NStZ 2005, 315 f.) und mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis schuldig. Da in einer neuen Hauptverhandlung weitergehende als die aus dem Urteil ersichtlichen Feststellungen nicht zu erwarten sind, hat der Senat den Schuldspruch entsprechend geändert. § 265 StPO steht dem hier nicht entgegen, weil der Angeklagte sich nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.

Der Strafausspruch hat trotz der vorgenommenen Änderung des Schuldspruchs Bestand. Da § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG für das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und für den Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge eine einheitliche Strafandrohung vorsieht, kann der Senat - zumal angesichts der großen Menge der Betäubungsmittel (mehr als 800fache Überschreitung des Grenzwertes der nicht geringen Menge) - ausschließen, dass das Landgericht bei dem geänderten Schuldspruch auf eine niedrigere Freiheitsstrafe erkannt hätte.

3. Auf Antrag des Generalbundesanwaltes hat der Senat die Urteilsformel um die gemäß § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB erforderliche Bestimmung des Anrechnungsmaßstabs für die vom Angeklagten in Österreich erlittene Freiheitsentziehung ergänzt. Im Verhältnis zu Österreich kam nur eine Anrechnung im Verhältnis 1:1 in Betracht (vgl. BGH NJW 2004, 3789; BGH NStZ-RR 2003, 364).

4. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).

5. Angesichts des nur geringfügigen Teilerfolgs des Rechtsmittels ist die Belastung des Angeklagten mit den gesamten Kosten nicht unbillig (§ 473 Abs. 4 StPO).

Ende der Entscheidung

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