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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 26.05.1999
Aktenzeichen: 3 StR 97/99
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 46 a Nr. 2
Der Tatbestand der Untreue setzt nicht voraus, daß der Täter bereits bei Empfang der ihm anvertrauten Gelder damit rechnet, diese nicht zurückzahlen zu können.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 StR 97/99

vom

26. Mai 1999

in der Strafsache

gegen

wegen Untreue

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 26. Mai 1999, an der teilgenommen haben:

Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Kutzer,

Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Rissing-van Saan, die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Blauth, Winkler, Pfister als beisitzende Richter,

Bundesanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft,

Rechtsanwältin als Verteidigerin,

Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 30. Oktober 1998 wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue in dreißig Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt. Seine auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision bleibt ohne Erfolg.

Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte Gesellschafter und Geschäftsführer der "A. GmbH", die Versicherungen und Fertighäuser vertrieb. Der Angeklagte vermittelte zudem die Anlage von Kundengeldern. Ab dem Jahreswechsel 1990/1991 sammelte er die ihm von Kunden für Anlagezwecke zur Verfügung gestellten Geldbeträge zunächst in einem Pool, um für die so angesammelten, größeren Beträge bei Geldinstituten günstigere Zinskonditionen zu erhalten, als sie bei der jeweils getrennten Anlage der Einzelbeträge zu erzielen gewesen wären. Nach Ablauf der jeweils vereinbarten Anlagezeiträume zahlte der Angeklagte die ihm überlassenen Geldbeträge vereinbarungsgemäß wieder an die Kunden aus. Als die A. Anfang bis Mitte 1993 in eine finanzielle Krise geriet, ging der Angeklagte dazu über, den Mangel an Liquidität bei der A. dadurch zu überbrücken, daß er nach Ablauf der Anlagezeiträume die Rückzahlung angelegter Kundengelder abredewidrig je nach Liquiditätsbedarf hinauszögerte und damit zuerst Verbindlichkeiten der A. erfüllte. Im Verlauf der Zeit wuchsen die Zeiträume und der Umfang der verzögert zurückgezahlten Beträge. Im Frühjahr 1994 hatte der Angeklagte den Überblick verloren und zahlte nur noch teilweise oder überhaupt nicht mehr zurück bzw. nur in den Fällen, in denen die Kunden mit Strafanzeigen drohten. Im einzelnen hat das Landgericht 27 Fälle festgestellt, in denen der Angeklagte bei Fälligkeitszeitpunkten zwischen Ende Juli 1994 und September 1998 keine Rückzahlungen geleistet hatte; in zwei Fällen (Fälle 6 und 29) hatte der Angeklagte Teilleistungen erbracht; in einem Fall (Fall 25) hatte der Angeklagte die ihm zur Anlage übergebene Summe abredewidrig gar nicht erst angelegt, wobei den Feststellungen nicht entnommen werden kann, daß der Angeklagte dies bereits bei der Entgegennahme des Geldes vorgehabt hatte.

Danach hat das Landgericht zutreffend Untreue in 30 Fällen angenommen. Der Angeklagte hatte aus dem Anlagegeschäft heraus die Treupflicht, die Vermögensinteressen der Anleger wahrzunehmen, insbesondere die Gelder nach Ablauf der Festlegungszeiträume einschließlich der Zinserträge und unter Abzug seiner Provision an die Anleger zurückzuzahlen, sobald sie von den Kreditinstituten an ihn überwiesen worden waren. Diese Vermögensbetreuungspflicht hat der Angeklagte verletzt, indem er die Geldbeträge stattdessen abredewidrig nicht an die Anleger zurückleitete bzw. im Fall 25 von vorneherein nicht anlegte, sondern jeweils für andere Zwecke verwendete.

Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts kommt es für den Tatbestand der Untreue nicht darauf an, daß der Angeklagte bereits bei Abschluß der jeweiligen Geschäftsbesorgungsverträge und der Anlage der Gelder damit rechnete, die Anlagebeträge nicht zurückzahlen zu können. In einem solchen Fall hätte der Angeklagte jeweils einen Betrug begangen, hinter den die Untreue als mitbestrafte Nachtat zurückgetreten wäre, falls sie sich ohne Zufügung eines neuen Nachteils lediglich als die Weiterführung des Betrugs dargestellt hätte (Lenckner in Schönke/Schröder, StGB 25. Aufl. § 266 Rdn. 54.).

Auch im übrigen enthält das Urteil keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler. Zu einer Erörterung des § 46 a Nr. 2 StGB bestand kein Anlaß, da der Angeklagte den Schaden nicht zum überwiegenden Teil wiedergutgemacht hat.

Ende der Entscheidung

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