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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 11.05.1999
Aktenzeichen: 4 StR 10/99
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 4
StPO § 344 Abs. 2
StPO § 229 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

4 StR 10/99

vom

11. Mai 1999

in der Strafsache

gegen

wegen Urkundenfälschung u.a.

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 11. Mai 1999 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankenthal vom 12. Oktober 1998, soweit der Angeklagte verurteilt worden ist, mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im übrigen "wegen unerlaubter Einreise und Aufenthalt, wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in fünf Fällen und wegen Urkundenfälschung in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt".

Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen und formellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Rüge der Verletzung des § 229 Abs. 1 StPO Erfolg.

1. Die Revision beanstandet zu Recht, daß die Hauptverhandlung, die in der Zeit vom 18. September 1998 bis zum 12. Oktober 1998 an vier Verhandlungstagen durchgeführt wurde, nach der Unterbrechung am zweiten Verhandlungstag, dem 28. September 1998, in dem "Kurztermin" am 8. Oktober 1998 "lediglich in einem formalen Sinne und gleichsam zum Schein fortgesetzt" worden sei, da in diesem Termin - "völlig deckungsgleich" mit den insoweit bereits am 28. September 1998 durchgeführten Beweiserhebungen - lediglich erneut über den Inhalt einer der beiden zu den vom Angeklagten verwendeten Aliasnamen "N. " und "P. " eingeholten Auskünfte aus dem Bundeszentralregister vom 3. Juni 1998 Beweis erhoben worden sei.

Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts genügt das Revisionsvorbringen hierzu den Begründungserfordernissen, die nach § 344 Abs. 2 StPO an die Rüge einer mißbräuchlichen Umgehung der Vorschrift des § 229 Abs. 1 StPO zu stellen sind (vgl. dazu BGH NStZ-RR 1998, 335).

Als Termin, der zur fristwahrenden Fortsetzung der Hauptverhandlung geeignet ist, gilt nach ständiger Rechtsprechung nur ein solcher, in dem zur Sache verhandelt, d.h. das Verfahren sachlich gefördert worden ist (vgl. BGH NJW 1996, 3019, 3020; Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 44. Aufl. § 229 Rdn. 11; Tolksdorf in KK-StPO 4. Aufl. § 229 Rdn. 6 jew. m.w.N.). Das war nach dem durch das Protokoll bewiesenen Vorbringen der Revision in dem Termin am 8. Oktober 1998 jedoch nicht der Fall:

In dieser Sitzung, die nach dem Protokoll lediglich fünf Minuten dauerte, wurde zunächst - wie bereits in der Sitzung am 28. September 1998 vom Vorsitzenden der Strafkammer mit den Verfahrensbeteiligten erörtert - dem Angeklagten wegen der Verhinderung seines Pflichtverteidigers, und zwar nur für diese Sitzung, ein anderer Verteidiger als Pflichtverteidiger beigeordnet. Ausweislich des Protokolls wurde anschließend "festgestellt, daß die Auskunft aus dem Zentralregister vom 3.06.1998 keine Eintragungen enthält". Danach wurde folgender Beschluß verkündet:

"Die Hauptverhandlung wird unterbrochen und - wie bereits bestimmt - fortgesetzt am Montag, den 12. Oktober 1998, 14.00 Uhr. Alle bereits Beteiligten sind bereits geladen".

Die Bestellung eines anderen Pflichtverteidigers nur für die Sitzung am 8. Oktober 1998 ist ebenso wie die Unterbrechung der Verhandlung zur Fortsetzung an dem bereits bestimmten weiteren Sitzungstag nicht als Verhandeln zur Sache im Sinne einer fristwahrenden Fortsetzungsverhandlung anzusehen (vgl. BGH aaO m.N.). Auch die Einführung des Inhalts " der Auskunft aus dem Bundeszentralregister vom 3. Juni 1998" in die Hauptverhandlung war unter den hier gegebenen Umständen nicht geeignet, das Verfahren sachlich zu fördern:

Die beiden zu den vom Angeklagten verwendeten Aliasnamen eingeholten und vom Bundeszentralregister jeweils unter dem 3. Juni 1998 erteilten Auskünfte waren bereits im Termin am 28. September 1998 durch Bekanntgabe ihres wesentlichen Inhalts ("Keine Eintragung") durch den Vorsitzenden zum Gegenstand der Beweisaufnahme gemacht worden. Die Revision beanstandet zu Recht, daß mit der im Termin am 8. Oktober 1998 getroffenen Feststellung, "daß die Auskunft aus dem Zentralregister vom 3.06.1998 keine Eintragung enthält", lediglich eine der beiden jeweils Aliasnamen des Angeklagten betreffenden Auskünfte erneut, und zwar in gleicher Weise wie in dem vorangegangenen Termin, zum Gegenstand der Beweisaufnahme gemacht worden ist, ohne daß hierzu nach dem Gang des Verfahrens ein sachlicher Anlaß bestand. Damit ist der behauptete Verfahrensverstoß hinreichend belegt, denn bei den Akten befinden sich, wie von der Revision vorgetragen, nur zwei Bundeszentralregisterauskünfte, die unter dem 3. Juni 1998 erteilt wurden, nämlich die beiden auf die Aliasnamen des Angeklagten lautenden Auskünfte, die aber bereits am 28. September, und zwar, da ausweislich des Protokolls kein Verfahrensbeteiligter widersprochen hatte, auch in zulässiger Weise (vgl. BGHSt 30, 10; Diemer in KK-StPO 4. Aufl. § 249 Rdn. 28; Kleinknecht/Meyer-Goßner aaO § 249 Rdn. 26, jew. m.N.), durch Bekanntgabe ihres wesentlichen Inhalts zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht worden waren. Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts bedurfte es daher hier zur Begründung der Rüge nicht auch der Mitteilung des genauen Wortlautes der Auskünfte oder jedenfalls des Namens, auf den die Auskunft vom 3. Juni 1998 lautete, die im Termin am 8. Oktober 1998 - erneut - zum Gegenstand der Beweisaufnahme gemacht worden ist.

Der Termin vom 8. Oktober 1998, an dem das Gericht und die Verfahrensbeteiligten aus den vorgenannten Gründen nur "formal" zusammentraten, ist deshalb dem Zeitraum der tatsächlichen Unterbrechung des Verfahrens hinzuzuzählen (Tolksdorf aaO § 229 Rdn. 6), so daß die Hauptverhandlung entgegen § 229 Abs. 1 StPO vom 28. September bis zum 12. Oktober 1998 unterbrochen war.

Das Beruhen des Urteils auf dem aufgezeigten Verfahrensverstoß kann nur in Ausnahmefällen ausgeschlossen werden (BGH NJW 1996, 3019, 3020; Kleinknecht/Meyer-Goßner aaO § 229 Rdn. 15). Da hier keine Umstände ersichtlich sind, die einen solchen Ausnahmefall begründen könnten, muß das angefochtene Urteil daher aufgehoben werden.

2. Zu den (scheinbar) widersprüchlichen Ausführungen zu den in den Fällen II 2 bis 11 verhängten Einzelstrafen (UA 15/16) verweist der Senat ergänzend auf S. 5 der Stellungnahme des Generalbundesanwalts vom 26. Februar 1999.

Ende der Entscheidung

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