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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 03.05.2001
Aktenzeichen: 4 StR 103/01
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 265
StPO § 349 Abs. 4
StPO § 349 Abs. 2
StPO § 344 Abs. 2 Satz 2
StGB § 252
StGB § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a
StGB § 250 Abs. 2 Nr. 1
StGB § 22
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

4 StR 103/01

vom

3. Mai 2001

in der Strafsache

gegen

1.

2.

3.

wegen versuchten schweren Raubes u.a.

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 3. Mai 2001 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Neubrandenburg vom 28. September 2000

a) im Schuldspruch dahin geändert, daß schuldig sind,

aa) der Angeklagte R. des Diebstahls mit Waffen in Tateinheit mit versuchtem schweren Raub,

bb) die Angeklagten Sch. und G. des versuchten schweren Raubes,

b) im gesamten Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat die Angeklagten des "gemeinschaftlichen schweren räuberischen Diebstahls" schuldig gesprochen, die Angeklagten R. und Sch. zu einer Freiheitsstrafe von jeweils fünf Jahren und den Angeklagten G. unter Einbeziehung einer weiteren Freiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt.

Mit ihren Revisionen gegen dieses Urteil beanstanden die Angeklagten die Verletzung sachlichen Rechts; der Angeklagte R. erhebt darüber hinaus die Verfahrensrüge. Das Rechtsmittel hat teilweise Erfolg; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Die Rüge der Verletzung formellen Rechts ist nicht ausgeführt und daher gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO unzulässig.

2. Die Verurteilung der Angeklagten wegen "gemeinschaftlichen schweren räuberischen Diebstahls" hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

a) Nach den Feststellungen des Landgerichts hatten die Angeklagten verabredet, "einen Einbruch in das Anwesen der Geschädigten (der Eheleute F. ) zu unternehmen, um die dort (in einem Panzerschrank) vermuteten Bargeldbeträge und sonstige Wertsachen an sich zu bringen ...(und) die Geschädigten erforderlichenfalls zu knebeln oder sonst Gewalt anzuwenden" (UA 10). Während der Angeklagte Sch. draußen im Fahrzeug wartete, drangen die Angeklagten R. und G. - von den Geschädigten zunächst unbemerkt - in das Haus ein. Sie durchsuchten die Wohnräume, konnten dort aber den Schlüssel für den Panzerschrank nicht finden. "Der Angeklagte R. begab sich sodann zurück zu (einer) Schrankwand, wo er weiter nach möglichen Beutegegenständen suchte. Hierbei stieß er auf die ungeladene Schreckschußwaffe des Geschädigten ... ,die er einsteckte" (UA 12). Er nahm weiterhin eine Handgelenktasche an sich.

Nachdem die Geschädigten erwacht waren und Hubertus F. versuchte, die Tür zum Wohnzimmer, wo sich die Angeklagten R. und G. befanden, zu öffnen, hielt R. dem Hubertus F. eine mitgeführte geladene Gasdruckschreckschußpistole "in einem Abstand von etwa 30 cm ... vor das Gesicht", wobei die Angeklagten die Absicht verfolgten, "dem Geschädigten ... Angst einzuflößen, um sich die ungestörte weitere Durchsuchung der Schrankwand nach dem Schlüssel zum Panzerschrank, eine anschließende Durchsuchung des Panzerschrankes und ihre ungestörte Entfernung mit der bereits erlangten und weiterhin erhofften Beute zu ermöglichen" (UA 13). Nachdem der Geschädigte lautstark um Hilfe rief, flüchteten die Angeklagten R. und G. aus dem Haus, wo sie der wartende Angeklagte Sch. mit dem Pkw aufnahm.

b) Diese Feststellungen tragen die Verurteilung wegen (vollendeten) räuberischen Diebstahls nicht, denn die Strafbarkeit nach § 252 StGB setzt einen vollendeten Diebstahl (oder vollendeten Raub, vgl. BGHSt 21, 377, 379) voraus.

aa) Der Angeklagte R. hat zwar einen vollendeten Diebstahl begangen, indem er die Schreckschußwaffe des Geschädigten aus der Schrankwand entnahm und einsteckte. Hingegen lag - entgegen der Annahme des Landgerichts - hinsichtlich der vom Angeklagten ebenfalls weggenommenen Handgelenktasche kein vollendeter, sondern nur ein versuchter Diebstahl vor, weil der Angeklagte hinsichtlich der Tasche selbst keine Zueignungsabsicht hatte, sondern nur bezüglich der darin vermuteten Wertsachen. Das ergibt sich daraus, daß R. die Tasche später wegwarf, nachdem er festgestellt hatte, daß keine Wertsachen darin enthalten waren; damit scheidet eine Zueignungsabsicht hinsichtlich der Tasche aus (vgl. BGH bei Dallinger MDR 1976, 16; Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 242 Rdn. 36).

Aber auch die Wegnahme der Schreckschußpistole kann nicht als Vortat zu § 252 StPO angesehen werden. Als Hubertus F. die Tür zum Wohnzimmer zu öffnen versuchte, war ihm unbekannt, daß R. die Waffe entwendet hatte. Es ging weder F. darum, R. die entwendete Waffe wieder abzunehmen noch ist belegt, daß R. , als er F. mit der mitgeführten Schreckschußwaffe bedrohte, dabei in der Absicht (vgl. Tröndle/Fischer aaO § 252 Rdn. 9 m.N.) handelte, sich gegen die Abnahme der Diebesbeute zu wehren. Vielmehr verfolgte er - zusammen mit G. - weiterhin das Ziel, den Schlüssel zum Panzerschrank zu erhalten. Die Erwägung des Landgerichts, "die Angeklagten" hätten auch gehandelt, um den Besitz "der bereits erlangten Beute" zu ermöglichen, findet in den Feststellungen keine hinreichende Stütze.

bb) Den Angeklagten G. und Sch. war nach den Feststellungen nicht bekannt, daß der Angeklagte R. die Schreckschußwaffe (und die Tasche) an sich genommen hatte. Bei ihnen scheidet daher die Verurteilung wegen räuberischen Diebstahls von vornherein aus.

c) Der Angeklagte R. ist deshalb des Diebstahls mit Waffen in Tateinheit mit versuchtem schweren Raub gemäß §§ 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, 250 Abs. 2 Nr. 1, 22, 52 StGB, die Angeklagten G. und Sch. sind des versuchten schweren Raubes nach §§ 250 Abs. 2 Nr. 1, 22 StGB schuldig. Der Senat ändert die Schuldsprüche entsprechend ab. § 265 StPO steht nicht entgegen, weil sich die Angeklagten nicht anders als geschehen hätten verteidigen können.

Die Schuldspruchänderung führt bei allen Angeklagten zur Aufhebung der Strafen, bei dem Angeklagten G. somit auch zur Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafe.



Ende der Entscheidung

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