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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 26.05.2009
Aktenzeichen: 4 StR 134/09
Rechtsgebiete: JGG, StGB
Vorschriften:
JGG § 5 Abs. 3 | |
JGG § 7 Abs. 1 | |
JGG § 93a Abs. 1 | |
StGB § 61 | |
StGB § 67 Abs. 2 | |
StGB § 67 Abs. 5 |
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat
nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers
am 26. Mai 2009
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO
beschlossen:
Tenor:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 24. November 2008 im gesamten Rechtsfolgenausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Jugendkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Die Jugendkammer des Landgerichts hat den Angeklagten als Jugendlichen wegen Totschlags und wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Die auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
I.
Die sachverständig beratene Jugendkammer hat die Anordnung, den zur Tatzeit 16 Jahre alten Angeklagten, dessen Steuerungsfähigkeit bei Begehung der Tat wegen Alkoholisierung in Verbindung mit einer kombinierten Störung des Sozialverhaltens und der Emotionen (ICD 10: F 92.9) erheblich vermindert war, gemäß § 64 StGB in einer Entziehungsanstalt unterzubringen, für sich genommen rechtsfehlerfrei begründet. Das Urteil lässt jedoch nicht erkennen, dass das Landgericht geprüft hat, ob gemäß § 5 Abs. 3 JGG von Jugendstrafe abzusehen ist, weil deren Verhängung im Hinblick auf die gleichzeitig erfolgte Unterbringungsanordnung entbehrlich ist. Bei schuldhaft begangenen Straftaten eröffnet § 5 Abs. 3 JGG die Möglichkeit, von der an sich erforderlichen Verhängung von Jugendstrafe abzusehen, wenn sie als zusätzliche erzieherische Maßnahme wegen der Maßregelanordnung nicht erforderlich ist, und trägt damit dem Gedanken der Einspurigkeit freiheitsentziehender Maßnahmen im Jugendstrafrecht Rechnung (BGHSt 39, 92, 95) . Eine entsprechende Prüfung und Entscheidung ist dem angefochtenen Urteil nicht zu entnehmen. Zwar betrifft der Rechtsfehler unmittelbar nur die Verhängung der Jugendstrafe. Wegen des durch § 5 Abs. 3 JGG vorgegebenen sachlichen Zusammenhangs zwischen Strafe und Unterbringung (vgl. BGHR JGG § 5 Abs. 3 Absehen 1 für die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus) hebt der Senat den Rechtsfolgenausspruch insgesamt auf.
II.
Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf Folgendes hin:
Gemäß § 7 JGG in Verb. mit § 61 Nr. 2 StGB richtet sich die Anordnung der Unterbringung eines Jugendlichen oder Heranwachsenden in einer Entziehungsanstalt nach den Vorschriften über die Anordnung von Maßregeln der Besserung und Sicherung in den §§ 63 ff. StGB (vgl. Senatsurteil StraFo 2003, 210). Die Maßregel nach § 61 Nr. 2 StGB wird gemäß § 93 a Abs. 1 JGG bei suchtkranken Jugendlichen - und bei Heranwachsenden, soweit materielles Jugendstrafrecht angewandt wurde (§§ 110 Abs. 1, 105 Abs. 1 JGG; vgl. Eisenberg, JGG 13. Aufl. § 93 a Rn. 2) - in einer Einrichtung vollzogen, in der die für eine Behandlung erforderlichen besonderen therapeutischen Mittel und sozialen Hilfen zur Verfügung stehen. Sollte die Jugendkammer, was im vorliegenden Fall nahe liegt, unter Berücksichtigung des in den Gründen des angefochtenen Urteils erwogenen besonderen erzieherischen Bedarfs die Unterbringungsanordnung erneut mit der Verhängung von Jugendstrafe verbinden, gilt für die Reihenfolge der Vollstreckung § 67 StGB (BGHR StGB § 67 Abs. 2 Zweckerreichung, leichtere 7; MünchKommStGB/Altenhain § 7 JGG Rdn. 23; Diemer in Diemer/Schoreit/Sonnen, JGG 5. Aufl. § 7 Rdn. 11). Diese Rechtslage ist durch das am 20. Juli 2007 in Kraft getretene Gesetz zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 (BGBl I 1327) nicht geändert worden. Der Gesetzgeber hat die Verweisungsnorm des § 7 JGG vielmehr unverändert gelassen. Daher gilt auch im vorliegenden Fall § 67 Abs. 2 Satz 2 StGB i.d.F. dieses Gesetzes, wonach das Gericht bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren bestimmen soll, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Nach § 67 Abs. 2 Satz 3 StGB ist dieser Teil der Strafe so zu bemessen, dass nach seiner Verbüßung und einer anschließenden Unterbringung gemäß § 67 Abs. 5 Satz 1 StGB eine Aussetzung der Vollstreckung des Strafrestes zur Bewährung bereits nach Erledigung der Hälfte der Strafe möglich ist (vgl. nur Senatsbeschluss StV 2007, 634). Für den Fall der Verhängung einer Jugendstrafe von über drei Jahren wird das Landgericht dies bedenken und über die Dauer des Vorwegvollzugs unter Berücksichtigung der zur Therapie erforderlichen Dauer der Unterbringung mit sachverständiger Hilfe befinden müssen.
Ende der Entscheidung
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