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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 27.04.1999
Aktenzeichen: 4 StR 146/99
Rechtsgebiete: StPO, WaffG


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 2 U. 4
WaffG § 53 Abs. 3 Nr. 1 a
WaffG § 28 Abs. 1 Satz 1
WaffG § 1 Abs. 1
WaffG § 22
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

4 StR 146/99

vom

27. April 1999

in der Strafsache

gegen

wegen Anstiftung zur schweren räuberischen Erpressung u.a.

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 27. April 1999 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dessau vom 4. November 1998 mit den Feststellungen aufgehoben,

a) soweit der Angeklagte wegen "Ausübens der tatsächlichen Gewalt über eine Schußwaffe ohne die erforderliche Erlaubnis" verurteilt worden ist,

b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten "wegen Anstiftung zur schweren räuberischen Erpressung in 2 Fällen, versuchter Anstiftung zum schweren Raub und Ausübens der tatsächlichen Gewalt über eine Schußwaffe ohne die erforderliche Erlaubnis" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

1. Soweit der Angeklagte sich gegen die Verurteilung wegen Anstiftung zur schweren räuberischen Erpressung (Fälle II 1 und 2) sowie wegen versuchter Anstiftung zum schweren Raub (Fall II 3) wendet, ist sein Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts in der Antragsschrift vom 22. März 1999 bemerkt der Senat:

Entgegen der Auffassung der Revision ist auch die Würdigung der Bekundungen des Zeugen R. zu dem Überfall auf die Poststelle (Fall II 2) in Ro. frei von Widersprüchen. Nach den Feststellungen war der Zeuge in diesem Fall - anders als im Fall II 1 (Überfall auf die Tankstelle Rö. ), in dem er den Angeklagten und Martin V. zunächst zum Tatort begleitet hatte - nicht in den Tatplan eingeweiht worden (UA 8). Hiermit steht im Einklang, daß der Zeuge R. dazu, ob der Angeklagte an dem Überfall auf die Poststelle beteiligt gewesen ist, "aus eigener Beobachtung" keine Angaben machen konnte, sondern nur dazu, was ihm Martin V. darüber berichtet hatte (UA 12), und zu dem Geschehen in der Wohnung des Martin V., in der sich der Zeuge am Tattage aufgehalten hatte. Zwar werden die Bekundungen des Zeugen hierzu, insbesondere zur Teilung der Beute, aus der er von dem Angeklagten 3.000 DM erhielt, nicht im einzelnen mitgeteilt. Daß die Feststellungen auch insoweit nicht in Widerspruch zu den Angaben des Zeugen R. stehen, ergibt sich aber insbesondere aus der Erwägung des Landgerichts, es spreche für die Glaubwürdigkeit des Zeugen, daß er "den Umstand, daß er sich durch das Annehmen des Geldes aus den Taten strafbar gemacht" habe und unter anderem deswegen rechtskräftig verurteilt worden sei, nicht abgemildert habe (UA 13).

2. Die Verurteilung des Angeklagten im Fall II 4 wegen unerlaubter Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine Schußwaffe hält dagegen rechtlicher Nachprüfung nicht stand:

§ 53 Abs. 3 Nr. 1 a WaffG setzt u.a. voraus, daß die tatsächliche Gewalt über eine Schußwaffe ohne die hierfür nach § 28 Abs. 1 Satz 1 WaffG erforderliche Erlaubnis ausgeübt worden ist. Nach dieser Vorschrift unterliegen Schußwaffen im Sinne des Waffengesetzes (vgl. § 1 Abs. 1 WaffG) zwar grundsätzlich der Waffenbesitzkartenpflicht; hiervon sind aber bestimmte ihrer Bauart nach harmlosere Schußwaffen wie bauartzugelassene (vgl. § 22 WaffG) Schreckschuß - oder Reizstoffwaffen (§ 2 Abs. 4 Nr. 2 1. WaffV) ausgenommen (vgl. dazu Steindorf Waffenrecht 7. Aufl. § 28 Waffe Rn. 22, § 2 1. WaffV Rn. 8). Daß es sich bei der Pistole, die der Angeklagte in Besitz hatte, nicht um eine solche, sondern um eine erlaubnispflichtige Waffe handelte, ist durch die bisherigen Feststellungen nicht rechtsfehlerfrei belegt.

Danach fand die damalige Freundin des Angeklagten, Diana B. , Anfang März 1998 während einer Autofahrt im Auto des Angeklagten unter dem Beifahrersitz eine "Pistole Caliber 9 mm", die ihr der Angeklagte sofort mit der Bemerkung wegnahm, sie solle aufpassen, die Waffe sei geladen (UA 10). Zwar hat das Landgericht angenommen, diese Pistole sei "echt" (UA 18) gewesen, womit - wie sich aus dem Gesamtzusammenhang ergibt - eine zum Verschießen scharfer Munition geeignete Waffe gemeint ist. Für diese Annahme, die das Landgericht allein auf die von Diana B. geschilderten Umstände gestützt hat, bietet die Beweiswürdigung aber keine ausreichende Grundlage.

Das Verhalten des Angeklagten gegenüber Diana B. , insbesondere sein Hinweis, daß die Pistole "geladen" sei, und seine Verärgerung über den Verlust der Pistole Mitte März 1998 (UA 18) lassen zwar den Schluß zu, daß es sich nicht lediglich um eine Attrappe, sondern um eine (funktionstüchtige) Schußwaffe im Sinne des Waffengesetzes gehandelt hat, nicht aber ohne weiteres auch den vom Landgericht gezogenen Schluß, daß die Pistole "echt" gewesen ist. Daß der Angeklagte sich nicht ebenso verhalten hätte, wenn es sich bei der Pistole lediglich um eine Schreckschuß- oder Reizstoffwaffe gehandelt hätte, ist nicht dargetan. Nach den bisherigen Feststellungen zu den beiden Überfällen und der versuchten Anstiftung zu einem weiteren Überfall auf eine Poststelle liegt es nicht fern, daß der Angeklagte auch über den Verlust einer solchen, ebenfalls zur Durchführung von Überfällen geeigneten Waffe verärgert gewesen wäre. Auch der Hinweis des Angeklagten, die Waffe sei geladen, ist kein tragfähiges Indiz für Bauart und Zustand der Pistole, da den mitgeteilten Äußerungen des Angeklagten nicht zu entnehmen ist, daß die Pistole mit scharfer Munition und nicht lediglich mit Schreckschuß- oder Reizstoffmunition geladen war. Dem festgestellten Kaliber der Pistole kommt schließlich schon deshalb kein Beweiswert zu, weil den Urteilsgründen nicht zu entnehmen ist, was die Zeugin dazu ausgesagt hat, so daß der Senat nicht überprüfen kann, ob das Landgericht diese Bekundungen der Zeugin B. rechtsfehlerfrei gewürdigt hat. Insbesondere hätte das Landgericht in diesem Zusammenhang bedenken müssen, daß der Angeklagte den Überfall auf die Poststelle (Fall II 2) "mit einer funktionstüchtigen Schreckschußpistole (UA 7) durchführen lassen wollte.

Die danach gebotene Aufhebung der Verurteilung des Angeklagten in diesem Fall nötigt zur Aufhebung auch des Ausspruchs über die Gesamtfreiheitsstrafe.

Ende der Entscheidung

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