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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 14.10.2008
Aktenzeichen: 4 StR 172/08 (1)
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 4
StGB § 177 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

4 StR 172/08

vom 14. Oktober 2008

in der Strafsache

gegen

wegen Nötigung

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 14. Oktober 2008 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten [S. ] wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 21. November 2007, soweit es ihn betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

Der Angeklagte war durch Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 14. Dezember 2005 wegen Vergewaltigung in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt worden. Auf die Revision des Angeklagten hat der Senat das vorbezeichnete Urteil, soweit es diesen Angeklagten betraf, mit den Feststellungen aufgehoben, da keine der Tatbestandsvarianten des § 177 Abs. 1 StGB belegt war. Mit dem nunmehr angefochtenen Urteil hat das Landgericht den Angeklagten wegen Nötigung (§ 240 Abs. 1, Abs. 4 S. 1 und 2 Nr. 1 StGB) in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg, so dass es auf die Verfahrensrüge nicht ankommt.

Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen belegen nicht, dass der Angeklagte die Zeugin B. in den ihm zur Last gelegten Fällen (Taten 5 a, 20 b und 20 c der Urteilsgründe) durch ausdrückliche oder konkludente Drohung mit einem empfindlichen Übel zur Vornahme der sexuellen Handlungen genötigt hat. Das Landgericht stützt seine Annahme, der Angeklagte habe die Zeugin in den drei Fällen jeweils zur Durchführung des Oral- und Vaginalverkehrs genötigt, auf folgende Feststellungen, die auf den "umfassenden Geständnissen" des Angeklagten und seiner Mitangeklagten beruhen:

"Den Angeklagten war jeweils bewusst, dass die Geschädigte nicht freiwillig die sexuellen Handlungen vornahm bzw. an sich vornehmen ließ. Den Angeklagten war insbesondere bei Begehung der jeweiligen Taten bewusst, dass sie die auslandsspezifische Hilflosigkeit der Nebenklägerin in den jeweiligen Fällen und die Tatsache ausnutzten, dass sich die Zeugin aus Angst vor ausländer- und strafrechtlichen Konsequenzen ihres illegalen Aufenthalts nicht gegen die sexuellen Übergriffe der Angeklagten zu wehren wagte" (UA 50).

Diese pauschal gehaltenen Feststellungen belegen nicht, dass der Angeklagte der Zeugin die von ihr nicht gewollten Handlungen durch Drohung mit einem empfindlichen Übel aufgezwungen hat. Auch bei der Darstellung der einzelnen Fälle, die diesem Angeklagten zur Last gelegt werden, befinden sich keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine nötigende Einwirkung.

Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass das Einrücken umfangreicher Feststellungen eines aufgehobenen Urteils durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet, wenn offensichtlich ist, dass diese nicht allein auf Grund des vom Angeklagten in der Hauptverhandlung abgelegten Geständnisses getroffen sein können, und weitere Beweise nicht erhoben wurden. Bei einer Aufhebung des Urteils im Ganzen ist für die Übernahme bisheriger Feststellungen kein Raum. Eine Bezugnahme auf Feststellungen, die mit dem früheren Urteil aufgehoben worden sind, wird auch nicht dadurch zulässig, dass sie mit dem Hinweis verbunden wird, die neue Hauptverhandlung habe zu denselben Feststellungen geführt (vgl. BGHSt 24, 274, 275; BGH NStZ 2000, 441; vgl. auch Kuckein in KK 6. Aufl. § 354 Rdn. 42 m. w. N.). Der Tatrichter muss insoweit vielmehr umfassend eigene Feststellungen treffen und in den Urteilsgründen mitteilen. Nur wenn die neue Hauptverhandlung die Richtigkeit der Feststellungen des aufgehobenen Urteils ergeben hat, dürfen sich die neuen Feststellungen an diese anlehnen; dann ist es sogar zulässig, in dem Umfang den Text des aufgehobenen Urteils wörtlich zu übernehmen (vgl. Hanack in Löwe/Rosenberg StPO 25. Aufl. § 354 Rdn. 71; Meyer-Goßner StPO 51. Aufl. § 354 Rdn. 46, beide m. w. N.).



Ende der Entscheidung

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