Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 01.07.2004
Aktenzeichen: 4 StR 226/04
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 4
StPO § 349 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

4 StR 226/04

vom

1. Juli 2004

in der Strafsache

gegen

wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 1. Juli 2004 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kaiserslautern vom 2. März 2004 im Strafausspruch und im Ausspruch über den Verfall mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt, den "Verfall" eines Geldbetrages in Höhe von 3.500 Euro angeordnet und die Einziehung der sichergestellten Betäubungsmittelmengen sowie weiterer tatbezogener Gegenstände erklärt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuldspruch keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Die Überzeugung des Landgerichts, der Angeklagte sei nicht nur Kurier in Bezug auf die großen Betäubungsmittelmengen gewesen, die in dem von ihm übernommenen Pkw in einem doppelten Boden versteckt waren, beruht auf einer ausreichenden Tatsachengrundlage und stellt sich nicht lediglich als eine bloße Vermutung dar.

2. Dagegen hält der Strafausspruch der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat zu Lasten des Angeklagten gewertet, er habe "zur Beschaffung der Betäubungsmittel wenigstens eine weitere Person miteinbezogen, welche das mit Drogen beladene Tatfahrzeug auf dem Wal-Mart-Parkplatz bei Wiesbaden abstellte" (UA 16). Daß der Angeklagte andere, nicht bereits tatbereite Personen in die Tatbegehung verstrickt hat, ist jedoch nicht belegt. Vielmehr liegt es nahe, daß der Pkw mit den darin versteckten Betäubungsmitteln entweder von dem Verkäufer selbst oder durch einen von diesem bestimmten Kurier zum Übergabeort gebracht wurde. Darin könnte ein straferhöhender Gesichtspunkt zum Nachteil des Angeklagten nicht gesehen werden. Schon angesichts der Höhe der vom Landgericht verhängten Freiheitsstrafe kann der Senat nicht ausschließen, daß der Strafausspruch auf dieser Erwägung beruht.

3. Auch die Anordnung des "Verfalls" (richtig: erweiterter Ersatzverfall § 33 Abs. 1 Nr. 2 BtMG i.V.m. §§ 73 a, 73 d StGB) hat keinen Bestand, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht dargetan sind. Die Anordnung des erweiterten Verfalls setzt die uneingeschränkte tatrichterliche Überzeugung von der deliktischen Herkunft der Gegenstände voraus, hinsichtlich deren der erweiterte Verfall angeordnet wird (BGHSt 40, 371; bestätigt durch BVerfG, Beschluß vom 14. Januar 2004 - 2 BvR 564/95). Diese Überzeugung hat das Landgericht hinsichtlich des bei dem Angeklagten nach seiner Festnahme sichergestellten Geldes (2.070,04 Euro sowie 1.000 US-Dollar im Umtauschwert von 822,37 Euro) gerade nicht gewonnen. Vielmehr ist es insoweit aufgrund einer Wahrunterstellung davon ausgegangen, daß der Angeklagte das Bargeld, "soweit es sich um EUR handelte, von seinem Bruder und einem Bekannten zum Ankauf einer Kasse und eines Flachbildschirms erhalten" hatte (UA 11); ferner hat das Landgericht - wie der Senat einer zulässig erhobenen Verfahrensbeschwerde entnimmt - als wahr unterstellt, daß der Angeklagte von einem Bekannten 800 € für einen gemeinsamen Urlaub erhalten hatte. Die Strafkammer hat demgemäß die Anordnung des erweiterten Verfalls von 3.500 Euro auch nicht auf die sichergestellten Gelder gestützt, sondern hat die Maßnahme damit begründet, daß der Angeklagte nach der glaubhaften Aussage des Zeugen E. aus früheren, nicht verfahrensgegenständlichen Amphetamingeschäften mit diesem mindestens einen Betrag in jener Höhe erlangt hat (UA 16). Dies könnte die Anordnung des erweiterten (Ersatz)Verfalls jedoch nur rechtfertigen, wenn ein entsprechender Vermögenswert bei Begehung der Anknüpfungstat (hier: 24. Juni 2003) beim Angeklagten noch vorhanden war (BGH NStZ 2003, 422, 423; BGHR StGB § 73 d Gegenstände 4; Tröndle/Fischer StGB 52. Aufl. § 73 d Rdn. 11, 17). Daß dies hier der Fall war, ist nicht festgestellt. Die dem Angeklagten zweckgebunden zur Verfügung gestellten Gelder, die ihm - wovon nach den Feststellungen auszugehen ist - nicht gehörten (vgl. Lackner/Kühl StGB 24. Aufl. § 73 d Rdn. 7), müssen dabei außer Betracht bleiben.

Über die Strafe und die Anordnung eines Verfalls ist daher neu zu entscheiden.

Ende der Entscheidung

Zurück