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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 21.09.2006
Aktenzeichen: 4 StR 245/06
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 2
StPO § 349 Abs. 4
StGB § 173
StGB § 174
StGB § 78b Abs. 1 Nr. 1
StGB § 176 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

4 StR 245/06

vom 21. September 2006

in der Strafsache

gegen

wegen Vergewaltigung u. a.

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 21. September 2006 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 30. November 2005

a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des sexuellen Missbrauchs eines Kindes in 141 Fällen, hiervon in einem Fall in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch einer widerstandsunfähigen Person, sowie der Vergewaltigung in zwei Fällen schuldig ist,

b) im gesamten Strafausspruch mit den Feststellungen - mit Ausnahme derjenigen zur Schuldfähigkeit des Angeklagten - aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendschutzkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen "sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in 141 tatmehrheitlichen Fällen, hiervon in einem Fall in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch widerstandsunfähiger Personen, sowie in Tatmehrheit mit Vergewaltigung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit Beischlaf zwischen Verwandten in zwei tatmehrheitlichen Fällen" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge nur in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Soweit das Landgericht den Angeklagten - tateinheitlich - wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen und wegen Beischlafs zwischen Verwandten verurteilt hat, ist Strafverfolgungsverjährung eingetreten. Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt:

"Zu Recht rügt die Revision die Einbeziehung verjährter Taten in den Schuldspruch, soweit es die tateinheitlich erfolgten Verurteilungen nach §§ 173 und 174 StGB betrifft. Der Beischlaf in den Fällen 142 und 143, der den Tatbestand des § 173 StGB erfüllt, fand im Sommer 1998 bzw. Anfang Januar 1999 statt (UA S. 6, 7). Diese Taten waren schon zum Zeitpunkt der Anzeigenerstattung am 25. November 2004 (Bl. 1 I) verjährt (Verjährungsfrist fünf Jahre - § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB). Die tateinheitlich ausgeurteilten Verstöße gegen § 174 StGB waren in allen 143 Fällen verjährt, da die § 174 StGB in die Ruhensregelung des § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB einbeziehende Gesetzesänderung erst am 1. April 2004 in Kraft getreten ist, also zu einem Zeitpunkt, zu dem nach altem Recht schon Verjährung eingetreten war (Zeitpunkt der letzten Tat: 06. Januar 1999 - UA S. 7).

Da es sich um tateinheitlich angeklagte und ausgeurteilte Delikte handelt, ist ... der Schuldspruch zu berichtigen."

2. Der Strafausspruch hat insgesamt keinen Bestand.

Das Landgericht hat das Vorliegen minder schwerer Fälle des § 176 Abs. 1 StGB mit der Begründung verneint, dass insbesondere der Umstand, dass der Angeklagte als Vater der Nebenklägerin tateinheitlich den Straftatbestand des § 174 StGB durch diese Taten erfüllt hat, es als abwegig erscheinen lasse, in seinem Vorgehen einen minder schweren Fall zu sehen (UA 16). Diese Erwägung lässt besorgen, dass die Strafkammer der - nunmehr wegfallenden - tateinheitlichen Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen besonderes Gewicht beigemessen hat und sich der Fehler im Schuldspruch bei der Strafzumessung in besonderem Maße ausgewirkt hat. Dies gilt auch im Hinblick auf die Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs einer widerstandsunfähigen Person (Fall 99 der Urteilsgründe) und wegen Vergewaltigung in zwei Fällen (Fälle 142 und 143 der Urteilsgründe) - nach dem Urteil: jeweils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch einer Schutzbefohlenen -, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass bei der Strafzumessung zu diesen Fällen die Erwägung zu § 176 Abs. 1 StGB ebenfalls eingeflossen ist (vgl. UA 16, 17).

Die an sich nicht überhöhten Einzelstrafen und die Gesamtstrafe müssen daher neu festgesetzt werden. Die Feststellungen zur Schuldfähigkeit des Angeklagten (UA 8) sind rechtsfehlerfrei getroffen; sie können daher bestehen bleiben.

Ende der Entscheidung

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