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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 03.08.2000
Aktenzeichen: 4 StR 287/00
Rechtsgebiete: StPO, BtMG, StGB


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 4
StPO § 349 Abs. 2
BtMG § 30 Abs. 2
StGB § 21
StGB § 53 Abs. 2 Satz 2
StGB § 55
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

4 StR 287/00

vom

3. August 2000

in der Strafsache

gegen

wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 3. August 2000 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

Tenor:

I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankenthal vom 12. April 2000, soweit es ihn betrifft, im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.

II. Insoweit wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

III. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren (Einzelstrafen: dreimal je ein Jahr und einmal zwei Jahre Freiheitsstrafe) verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat zum Strafausspruch Erfolg; im übrigen erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Die Verneinung minder schwerer Fälle der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30 Abs. 2 BtMG hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

a) Nach den Feststellungen erwarb der stark heroinabhängige Angeklagte bei vier Gelegenheiten in den Niederlanden Einzelmengen von 12 g (Fall 1), zweimal 10 g (Fälle 2 und 3) sowie 30 g (Fall 4) Heroin mit einem Wirkstoffgehalt von jeweils 25 % zum Eigenverbrauch und führte diese anschließend nach Deutschland ein. Von der eingeführten Menge von 30 g konnten bei dem Angeklagten bei seiner Festnahme noch 23 g Heroin sichergestellt werden. Die Strafkammer ist sachverständig beraten davon ausgegangen, daß die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten in allen vier Fällen aufgrund seiner Betäubungsmittelabhängigkeit erheblich vermindert war.

b) Zur Strafrahmenwahl hat das Landgericht ausgeführt, daß mit dem Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 StGB zwar ein gesetzlich vertypter Strafmilderungsgrund gegeben sei. Dieser führe jedoch auch bei Berücksichtigung des Geständnisses des Angeklagten nicht zur Bejahung minder schwerer Fälle, "da die Taten mit Heroin eine der gefährlichsten Drogen betrafen und die nicht geringe Menge in allen Fällen deutlich überschritten war" (UA 9).

c) Diese Erwägungen lassen bereits besorgen, daß das Landgericht bei der Prüfung des § 30 Abs. 2 BtMG einen wesentlichen Gesichtspunkt, der die Annahme minder schwerer Fälle nahe legt, unberücksichtigt gelassen hat. Es hat nämlich - wie die Revision zu Recht rügt - insoweit nicht bedacht, daß der Angeklagte die Betäubungsmittel nach den getroffenen Feststellungen ausschließlich zum Eigenverbrauch eingeführt hat. Dieser Umstand ist schon für sich gesehen geeignet, die Bewertung als minder schweren Fall der Einfuhr zu rechtfertigen (st. Rspr., vgl. BGHSt 31, 163, 168/169; BGHR BtMG § 30 Abs. 2 Eigenverbrauch 1 und Strafrahmenwahl 3 jeweils m.w.N.). Auch ist der vom Landgericht zur Ablehnung minder schwerer Fälle herangezogene Gesichtspunkt der Gefährlichkeit des Betäubungsmittels im Hinblick auf die bei der Einfuhr zum Eigenverbrauch in erster Linie gegebenen Eigengefährdung des Täters geringer zu gewichten. Schließlich erscheint die vorgenommene Bewertung der eingeführten Betäubungsmittelmengen nicht unbedenklich: Die Mengen in den Fällen 1 bis 3 (2,5 g bzw. 3 g Heroinhydrochlorid) stehen für sich genommen einer Einordnung als minder schwere Fälle nicht entgegen (vgl. hierzu BGHR BtMG § 30 Abs. 2 Eigenverbrauch 1). Im Fall 4 (7,5 g Heroinhydrochlorid) hätte bedacht werden müssen, daß bereits wenige Tage nach der Einfuhr der weitaus größte Teil des Rauschgifts beim Angeklagten sichergestellt wurde, so daß die mit der eingeführten Rauschgiftmenge verbundene Gefährdung der Gesundheit der Bevölkerung sich nicht in vollem Umfang realisiert hat.

2. Der Senat kann nicht ausschließen, daß das Landgericht ohne die aufgezeigten Mängel das Vorliegen minder schwerer Fälle bejaht und mildere Einzelstrafen sowie eine niedrigere Gesamtstrafe verhängt hätte. Er hebt daher den Strafausspruch insgesamt auf.

Die neu erkennende Strafkammer wird bei der zu bildenden Gesamtstrafe die "im August 1999" durch das Amtsgericht Würzburg verhängte Geldstrafe - vorbehaltlich § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB - gemäß § 55 StGB einzubeziehen haben, falls diese - was der Senat mangels entsprechender Angaben in den Urteilsgründen nicht nachprüfen kann - nicht bereits zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Urteils erledigt war; eine zwischenzeitlich eingetretene Erledigung würde ihrer Einbeziehung nicht entgegenstehen (st. Rspr., vgl. BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Erledigung 1 m.w.N.).



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