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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 07.08.2001
Aktenzeichen: 4 StR 300/01
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

4 StR 300/01

vom

7. August 2001

in der Strafsache

gegen

wegen versuchter Vergewaltigung u.a.

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 7. August 2001 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 4. April 2001 mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "versuchter sexueller Nötigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung" unter Einbeziehung der Geldstrafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Essen vom 9. August 2000 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Dagegen wendet sich die Revision des Angeklagten mit der Sachrüge.

Das Rechtsmittel hat Erfolg.

Das Landgericht hat nicht geprüft, ob der Angeklagte vom Versuch der sexuellen Nötigung (richtig: der Vergewaltigung) mit strafbefreiender Wirkung zurückgetreten ist (§ 24 StGB). Hierzu bestand nach den getroffenen Feststellungen Anlaß:

Danach wollte sich der Angeklagte nicht damit abfinden, daß seine ehemalige Freundin A. E. ihn am 8. Juli 2000 zwar in ihrer Wohnung übernachten ließ, seine Annäherungsversuche jedoch zurückwies. Er war "bereits so sexuell erregt, daß er die Absicht faßte, die sexuellen Handlungen und den Geschlechtsverkehr notfalls auch unter Gewaltanwendung zu erzwingen" (UA 12). Ihren Fluchtversuch verhinderte er zunächst dadurch, daß er sie kräftig am Haarschopf packte. Es kam zu einem heftigen Gerangel zwischen ihm und A. E. , in dessen Verlauf er ihre Halskette abriß, ihr ins Gesicht schlug und ein ganzes Haarbüschel ausriß. Sie wehrte sich, indem sie ihm in die Nase biß und ihm dabei einen Ring aus dem Nasenflügel riß. Schließlich gelang es ihr, sich zu befreien und aus der Wohnung auf die Straße zu laufen. Der nur mit einem Slip bekleidete Angeklagte folgte ihr bis zur Haustür, "blieb aber dort stehen, als die Zeugin ihm zurief: 'L. , das hast Du nicht umsonst gemacht!' " (UA 14). Während sie zu einer in unmittelbarer Nachbarschaft gelegenen Gaststätte lief und dort um Hilfe bat, kehrte der Angeklagte in ihre Wohnung zurück, wo er später vorläufig festgenommen wurde.

Bei dieser Sachlage hätte das Landgericht die Frage des freiwilligen Rücktritts vom Versuch erörtern müssen. Es hat sich nicht damit auseinandergesetzt, ob es dem Angeklagten möglich gewesen wäre, sein Opfer noch zu erreichen und seinen Tatplan durchzuführen, er aber von sich aus darauf verzichtet hat, oder ob der Versuch wegen der Flucht der Frau fehlgeschlagen war. In diesem Zusammenhang kann auch von Bedeutung sein, wie weit sich A. E. bereits vom Angeklagten entfernt hatte, als dieser an der Haustür innehielt; die alkoholische Beeinträchtigung des Angeklagten wird dabei ebenfalls zu bedenken sein.

Der aufgezeigte Mangel zwingt auch zur Aufhebung der für sich gesehen rechtlich nicht zu beanstandenden Verurteilung wegen tateinheitlich begangener vorsätzlicher Körperverletzung (vgl. BGHR StPO § 353 Aufhebung 1; Kuckein in KK 4. Aufl. § 353 Rdn. 12 m.w.N.).

Sollte der neue Tatrichter zur Verneinung eines strafbefreienden Rücktritts kommen, so wird er zu beachten haben, daß die Tat, wenn der Täter nach Einsatz des Nötigungsmittels, aber vor Vornahme einer sexuellen Handlung an der weiteren Ausführung der geplanten Vergewaltigung gehindert wird, im Schuldspruch als versuchte Vergewaltigung zu bezeichnen ist (vgl. BGH NStZ 1998, 510, 511).

Hinsichtlich der Gesamtstrafenbildung wird zu prüfen sein, inwieweit auch die Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Essen vom 5. Juni 2000 einzubeziehen ist (vgl. Tröndle/Fischer StGB 50. Aufl. § 55 Rdn. 7).



Ende der Entscheidung

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