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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 13.09.2001
Aktenzeichen: 4 StR 309/01
Rechtsgebiete: StPO, StGB
Vorschriften:
StPO § 349 Abs. 2 | |
StPO § 349 Abs. 4 | |
StGB § 177 Abs. 1 Nr. 1 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom
13. September 2001
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 13. September 2001 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Tenor:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 20. März 2001
a) im Fall II. 1. der Urteilsgründe
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Insoweit wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Essen zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt, hat teilweise Erfolg.
1. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben, soweit er sich mit seinem - insoweit beschränkten - Rechtsmittel gegen die Strafzumessung im Fall II. 2. der Urteilsgründe wendet.
2. Dagegen hält die Verurteilung des Angeklagten im Fall II. 1. der Urteilsgründe der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Die Strafkammer legt ihrer rechtlichen Würdigung dieses Falles die Annahme zugrunde, der Angeklagte habe die Geschädigte, seine Ehefrau, in den frühen Morgenstunden des 1.1.1999 "durch den Einsatz seiner überlegenen Körperkräfte - also mit Gewalt - genötigt, den Vaginal- und Oralverkehr mit ihm zu dulden". Diese Annahme stützt sie in erster Linie auf die Einlassung des Angeklagten. Sie "wertet die Einlassung des Angeklagten als Geständnis". Soweit die Geschädigte, die Mitte Februar 1999 einen Rechtsanwalt mit der Erhebung der Scheidungsklage beauftragte und Anfang Mai 1999 auf dessen Rat hin Strafanzeige erstattete, über die Einlassung des Angeklagten hinausgehend bekundet hat, er habe sie in der Neujahrsnacht zwischen 22.00 Uhr und 1.00 oder 2.00 Uhr "zweimal zum Vaginalverkehr mit anschließendem Oralverkehr" gezwungen, schenkt das Landgericht ihrer Aussage keinen Glauben.
Die Einlassung des Angeklagten gibt das Urteil wie folgt wieder: "Gegen 1.00 Uhr seien die Zeugin E. und er zu Bett gegangen. Er habe mit der Zeugin Geschlechtsverkehr haben wollen. Die Zeugin 'wollte - wollte nicht'. Es habe 'nicht ganz auf Gegenseitigkeit' beruht. Sie habe 'nicht so richtig' gewollt, sich aber auch 'nicht massiv gesträubt'. Er habe ihr den Slip ausgezogen und die Binde weggenommen. Die Ausübung des vaginalen Geschlechtsverkehrs habe nicht so richtig geklappt. Er habe sich daraufhin auf die Zeugin gesetzt und den Oralverkehr - der nicht zu den Sexualpraktiken des Ehepaares gehört habe - durchgeführt. Danach sei er eingeschlafen. Am nächsten Morgen habe die Zeugin ihm die blauen Flecken an ihren Armen gezeigt. Er habe sich deshalb bei ihr entschuldigt."
Die dieser Einlassung entsprechenden Feststellungen vermögen entgegen der Auffassung der Strafkammer die Verurteilung des Angeklagten wegen Vergewaltigung nicht zu tragen. Es begegnet zwar keinen Bedenken, wenn die Strafkammer ihr - auch unter Berücksichtigung der Einlassung des Angeklagten zum Fall II. 2. der Urteilsgründe und der zu jenem Fall getroffenen Feststellungen - entnimmt, daß er "gegen den Willen der Zeugin E. handelte und er dies auch wußte". Die Vornahme sexueller Handlungen gegen den Willen der betroffenen Person reicht für die Annahme tatbestandsmäßigen Verhaltens nach § 177 Abs. 1 Nr. 1 StGB aber nicht aus. Mit Gewalt - wie von dieser Vorschrift vorausgesetzt - erzwingt der Täter die tatbestandsmäßigen sexuellen Handlungen nur dann, wenn er seine auf das Tatopfer wirkende körperliche Kraft zur Überwindung eines geleisteten oder erwarteten Widerstands einsetzt. Ein solches Verhalten wird durch die Einlassung des Angeklagten nicht belegt. Von einem tatsächlich geleisteten Widerstand ist darin nicht die Rede. Daß der Angeklagte sich nach seiner Darstellung auf die Geschädigte gesetzt hat, muß nicht notwendigerweise dadurch motiviert sein, daß er sie - wie die Strafkammer an anderer Stelle ausführt - "fixiert" hat, um einen erwarteten Widerstand zu überwinden. Eine andere Würdigung ist auch nicht deswegen veranlaßt, weil der Angeklagte, wie er mittelbar einräumt, der Geschädigten blaue Flecken an den Armen zugefügt hat. Diese lassen sich auch dadurch erklären, daß sich der Angeklagte, ohne daß er einen Widerstand erwartete und diesen überwinden wollte, auf den Oberkörper der Zeugin gekniet hat, wie es das Landgericht annimmt.
3. Danach kann die Verurteilung des Angeklagten im Fall II. 1. der Urteilsgründe keinen Bestand haben. Da nicht ausgeschlossen werden kann, daß sich die erforderlichen Feststellungen noch treffen lassen, bedarf die Sache der neuen Verhandlung durch einen anderen Tatrichter.
Ende der Entscheidung
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