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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 25.09.2001
Aktenzeichen: 4 StR 353/01
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 349 Abs. 4 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom
25. September 2001
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Totschlags u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 25. September 2001 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Tenor:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Stralsund vom 10. Mai 2001 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist.
Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
Der Generalbundesanwalt hat ausgeführt:
"Die Annahme eines direkten Tötungsvorsatzes durch die Strafkammer hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Kammer hat die Schlussfolgerung, der Angeklagte habe mit direktem Tötungsvorsatz gehandelt, auf die objektive Gefährlichkeit der Tathandlung, die Äußerung des Angeklagten 'Ich stech Dich ab!' oder 'Ich mach Dich platt!' sowie auf das Nachtatverhalten des Angeklagten - er weigerte sich, einen Rettungswagen zu benachrichtigen und versteckte das Messer in einem Holzstapel - gestützt. Nach ständiger Rechtsprechung liegt zwar bei äußerst gefährlichen Gewalthandlungen der Schluss nahe, dass der Täter mit Tötungsvorsatz gehandelt hat. Die Feststellungen belegen aber eine solche gefährliche Gewalthandlung seitens des Angeklagten nicht. Der Aussage des Geschädigten, der Angeklagte sei mit dem Messer auf seinen Hals zugegangen und habe versucht, das Messer an seinen Hals zu drücken, ist die Kammer nicht gefolgt. Bezüglich des Einsatzes des Messers durch den Angeklagten sah es das Gericht unter Berufung auf die Angaben der Zeugen B. und G. lediglich als erwiesen an, dass der Angeklagte mit dem Messer auf den Geschädigten 'losgegangen' ist. Da der Zeuge G. das Geschehen nicht beobachten konnte, weil er mit dem Rücken dazu stand und die Hunde festhielt und der Zeuge B. lediglich bekundet hat, er habe gesehen, wie der Angeklagte und der Geschädigte das Messer mit den Händen ergriffen hätten und darum rangen, vermochte die Kammer bis auf den oben genannten Ausruf des Angeklagten weitere Einzelheiten zum objektiven Tatgeschehen nicht darzulegen. Ob der Angeklagte tatsächlich ausholte, um auf das Tatopfer einzustechen - die beim Ausholen vermittelte Energie zieht die Kammer für die Begründung des Tötungsvorsatzes heran (UA 11) -, in welcher Höhe der Angeklagte das Messer hielt, in welcher Entfernung er zum Geschädigten stand und auf welche Körperteile er einstechen wollte, wird nicht mitgeteilt. Damit fehlen aber wesentliche Anknüpfungspunkte für die Tätervorstellung von der Lebensgefährlichkeit seiner Handlungsweise. Die dem Geschädigten zugefügten geringfügigen Verletzungen, die zudem nicht von einem Stich herrührten, sprechen eher gegen einen mit Tötungsvorsatz durchgeführten Angriff. Angesichts dieser unsicheren Tatsachengrundlage lässt sich gerade unter Berücksichtigung der hohen Hemmschwelle gegenüber einer Tötung aus dem bisher festgestellten Vorgehen des Angeklagten eine Indizwirkung für einen Tötungsvorsatz noch nicht hinreichend herleiten. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Ausrufs des wütenden Angeklagten 'Ich stech Dich ab!' oder 'Ich mach Dich platt!', der unter den gegebenen Umständen ebenso gut mit einem bloß direkten Körperverletzungsvorsatz vereinbar ist. Auch das von der Kammer mitgeteilte Motiv der Tat - Verärgerung über die Lebensweise des ihm nur flüchtig bekannten C. und dessen Verhalten als Gast ihm gegenüber - spricht eher dagegen, dass es dem Angeklagten, dem die Anwendung körperlicher Gewalt eher persönlichkeitsfremd ist (UA 13), auf den Tod des Opfers angekommen ist. Dies kann auch nicht, worauf die Kammer abstellt, daraus hergeleitet werden, dass der Angeklagte nach der Tat sich weigerte, einen Rettungswagen zu rufen. Zum einen war der Geschädigte offensichtlich nicht lebensgefährlich verletzt, zum anderen liegt es angesichts der gegenüber dem Zeugen G. für die Weigerung gegebenen Begründung des Angeklagten (UA 5) eher nahe, dass die fortbestehende Verärgerung über den Geschädigten für die Reaktion des Angeklagten ursächlich war. Schließlich durfte die Kammer in dem Verstecken des Messers nach der Tat nicht ohne weiteres ein Indiz für die Tötungsabsicht des Angeklagten sehen, weil - aus der Sicht des Angeklagten - diese Handlung genau so gut geeignet war, die von ihm begangene gefährliche Körperverletzung zu verdecken."
Dem tritt der Senat bei.
Ende der Entscheidung
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